Weißbuch der EU-Kommission zeigt Zukunftsszenarien auf – aus Sicht der Wirtschaft müssen
Rückfall in neue Nationalismen und Abschottung unbedingt verhindert werden
Brüssel/Wien (pwk) - „EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stellt in dem heute veröffentlichten
Weißbuch fünf Szenarien zur Zukunft Europas auf. Nun liegt es an den Mitgliedstaaten zu sagen, welches
Europa sie wollen. Die neuen globalen Unsicherheiten, Krieg und Terror in unserer Nachbarschaft, die Flüchtlings-
und Migrationsfrage, der Brexit und zuletzt die Ansagen des neuen US-Präsidenten Donald Trump – all das muss
ein Weckruf für die Europäische Union sein. Ein simples ‚weiter so‘ wäre nicht nur unbefriedigend.
Damit könnte die EU auch nicht den Anforderungen gerecht werden, die an sie gestellt werden“, betont der Präsident
der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Christoph Leitl, am 01.03. in einer ersten Reaktion.
Mit dem vorliegenden Weißbuch liegen mögliche Szenarien – von einem Rückbau bestehender EU-Zuständigkeiten,
einem Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten bis hin zu einer in puncto Zuständigkeiten und Kompetenzen
deutlich aufgewerteten Union – auf dem Tisch. Aus Sicht der österreichischen Wirtschaft ist klar, dass alles
getan werden muss, um einen Rückfall in neue Nationalismen und eine Politik der wirtschaftlichen Abschottung
zu verhindern. Es geht vor allem darum, die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union zu erhöhen
und sie in die Lage zu versetzen, Antworten auf die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen
zu geben.
Klar sei auch, dass sich jene Länder, die mit dem Euro eine gemeinsame Währung haben, in einer Schicksalsgemeinschaft
befinden. „Eine Währungsunion erfordert eine sehr viel tiefere Integration, z.B. durch eine gemeinsame Wirtschafts-
und Finanzpolitik, die auch durchsetzbar ist und nicht nur auf dem Papier existiert“, so der WKÖ-Präsident.
Dem gegenüber wäre ein großer Europäischer Wirtschaftsraum für jene Länder denkbar
und sinnvoll, die nur eine wirtschaftliche Integration anstreben. Auch im Bereich der Außen-, Sicherheits-
und Verteidigungspolitik müsse Europa „viel mehr als bisher mit einer Stimme sprechen“. Auf der anderen Seite
sei zur Kenntnis zu nehmen, dass die Notwendigkeit einer stärkeren EU-Integration in der EU längst kein
Selbstläufer mehr ist. Das auch von der EU-Kommission nun ins Spiel gebrachte Szenario eines Europa der mehreren
Geschwindigkeiten könnte hier einen Ausweg bieten. Leitl: „Es muss möglich sein, dass eine Koalition
der EU-Willigen schneller voranschreitet.“
Leitl abschließend: „Das Weißbuch zur Zukunft der EU zeigt einmal mehr deutlich auf, dass Europa ein
Hort des Friedens, des Wohlstands und der Rechtsstaatlichkeit ist. Wahr ist aber auch, dass Europas Platz in der
Welt immer kleiner wird – ob gemessen an der Bevölkerung oder an der Wirtschaftsleistung. Umso wichtiger ist
es, dass wir Europäer auf der globalen Bühne vereint und mit einer starken Stimme auftreten. Wenn die
EU demnächst den 60. Geburtstag als Wirtschaftsgemeinschaft feiert, so müssen wir dies auch für
einen Aufbruch zu einer reformierten Europäischen Union nützen, die fähig und willens ist, Antworten
auf die Herausforderungen der Zeit zu geben.“
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