Vom 3. März bis 25. Juni 2017 im Winterpalais des Belvedere
Wien (belvedere) - Die Ausstellung Vulgär? Fashion Redefined beschäftigt sich mit dem umstrittenen
und zugleich fesselnden Thema des Geschmacks in der Mode. Vom 3. März bis 25. Juni 2017 regen Kreationen namhafter
Designer in Prinz Eugens Winterpalais zum Diskurs über die Definition des „Vulgären“ an. Die historische
Bandbreite der Ausstellungsobjekte reicht dabei von der Renaissance bis heute. Die unterschwellige These der Ausstellungsmacher,
gestützt durch Aussagen Coco Chanels oder Jonathan Swifts: Vulgarität und der so genannte „gute Geschmack“
sind letztendlich Einstellungssache.
Das Wort "vulgär" wurde im englischen Sprachraum ursprünglich verwendet, um sowohl eine Gesellschaftsklasse
als auch alles andere zu bezeichnen, das gemeinhin verbreitet war. Was als objektive Beschreibung begann, wurde
im Lauf der Zeit ausschließlich zum Ausdruck der Beleidigung. Man verband Vulgarität mit Anmaßung
und Ehrgeiz und erkannte darin das Streben nach dem Genuss spezieller Privilegien. So schwingen bis heute negative
Konnotationen wie "anmaßend", "provokativ", "over the top" und "gewöhnlich"
automatisch mit.
"Das Wort "vulgär" wird eingesetzt, um die Grenzen des guten Geschmacks zu überwachen.
Die Mode ist jener Ort, an dem guter und schlechter Geschmack aufeinandertreffen und sich vermischen", so
Psychoanalytiker Adam Phillips über die Verbindung des Begriffes zur Mode.
Für die Ausstellungskonzeption wurden die neuesten Forschungserkenntnisse der Psychologie zu verschiedenen
Auslegungen und Ursprüngen des "Vulgären" mit einbezogen. Es wird hinterfragt, ob sich die
Bedeutung von "vulgär" auf einer oberflächlichen Ebene erschöpft.
Als interdisziplinärer Ausgangspunkt der von Kuratorin Judith Clark und Psychoanalytiker Adam Phillips konzipierten
Schau dienen die vielfältigen Definitionen des "Vulgären". Ausgehend von zehn Themenkomplexen
(z. B. "Selbstdarstellung", "Puritanismus", "Extreme Körper" oder "Das
neue Barock") treten Phillips und Clark in einen Dialog, der die Besucher durch die Ausstellung begleitet.
Die Modetheoretikerin reagiert mit ihrer Auswahl außergewöhnlicher Exponate auf Phillips’ Analysen und
zeigt so die verschiedenen Facetten des Vulgären in der Mode. Es werden Kreationen von Walter Van Beirendonck,
Manolo Blahnik, Christian Dior, Karl Lagerfeld für Chloé, Prada und Vivienne Westwood u.a.m. präsentiert.
Die Bandbreite reicht dabei von Mantua-Kleidern mit ausladenden Röcken, die Mitte des 18. Jahrhunderts mit
dramatischer Silhouette am englischen Hof getragen wurden, bis zu zeitgenössischen Positionen der Designerin
Pam Hogg. In ihren Kreationen spielt sie oft mit den Extremen von Enthüllen und Verhüllen und verweist
auf die sinnlichen Begierden des Clublebens.
Für Kuratorin Judith Clark waren "das Vulgäre und das Barocke immer schon untrennbar miteinander
verbunden". Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere, bekräftigt: "Das barocke Winterpalais
ist der ideale Ort für die Präsentation opulenter Modeschöpfungen durch die Jahrhunderte. In einem
interdisziplinären Diskurs zwischen Psychoanalyse und Mode laden die Ausstellungsmacher zum Hinterfragen des
Begriffs ‚vulgär‘ ein. Diese spannungsreiche Kombination macht das Projekt zu einem einzigartigen Erlebnis."
"Der Versuch, das Thema für die kulturellen Prägungen der österreichischen Gesellschaft zu
adaptieren, hat uns durchaus vor Herausforderungen gestellt. Hier ist das Klassendenken und damit die Klassifizierung
von Personen oder Handlungen als ‚vulgär‘ nicht so ausgeprägt wie beispielsweise in Großbritannien.
Schließlich haben wir uns für eine offen angelegte Ausstellungsarchitektur entschieden. Durch die Monumentalität
des barocken Palais kann die Präsentation auf eine neue begriffliche Ebene gehoben werden", so Kurator
Alfred Weidinger.
In der Ausstellung werden historische Bekleidung, Couture und Konfektionsmode gegenübergestellt. Allen Ausstellungsobjekten
haften Facetten des Vulgären an. Gleichzeitig gelten alle Objekte als gesellschaftlich anerkannt. Damit soll
die Sprunghaftigkeit von Geschmack vermittelt werden: Was einst mit Vulgarität gleichgesetzt wurde, wird von
Modeschöpfern neu inszeniert und so in die Sphäre guten Geschmacks gehoben.
Die Ausstellung, die zuvor mit großem Erfolg im Londoner Barbican Center zu sehen war, zeigt Leihgaben aus
wichtigen öffentlichen und privaten Sammlungen aus aller Welt. Dazu zählen Beiträge von führenden
modernen und zeitgenössischen Designern und Modehäusern wie Christian Dior, Jeanne Lanvin, Christian
Lacroix, Louis Vuitton und Vivienne Westwood. Die Besucher werden in der Ausstellung aufgefordert, sich den Modebetrieb
von einer anderen Seite anzusehen.
Die Allgegenwärtigkeit der Macht der Mode zeigt sich heute in vielschichtiger Weise. Sie beurteilt und verurteilt
ihre Träger und Trägerinnen, kann Selbstinszenierung sein, Manipulation oder Schutzschild. Anlässlich
des Weltfrauentags am 8. März findet im Winterpalais eine Themenführung rund um das Verhältnis zwischen
Kleidung, dem weiblichen Körper und gesellschaftlichen Konventionen von der Renaissance bis heute statt.
Die begleitende Publikation zur Ausstellung (Verlag Buchhandlung Walther König) enthält Illustrationen
und Essays der Ausstellungsmacher, sowie Interviews mit in der Ausstellung gezeigten Designern wie Walter van Beirendonck,
Christian Lacroix und Zandra Rhodes.
Folgende Designerinnen und Designer sind in der Ausstellung zu sehen:
Walter van Beirendonck, Manolo Blahnik, Chloé, André Courrèges, Christian Dior, Erdem, John
Galliano, Jean Paul Gaultier, Rudi Gernreich, Nicolas Ghesquiére, Madame Grès, Pam Hogg, Marc Jacobs,
Charles James, Stephen Jones, Christian Lacroix, Jeanne Lanvin, Malcolm McLaren, Maison Margiela, Miu Miu, Moschino,
Paul Poiret, Miuccia Prada, Gareth Pugh, Zandra Rhodes, Jeremy Scott, Elsa Schiaparelli, Raf Simons, Jun Takahashi,
Philip Treacy, UNDERCOVER, Viktor & Rolf, Louis Vuitton, Vivienne Westwood, Bertrand Guyon, uvm.
In Zusammenarbeit mit dem Barbican Center hat Belvedere-Kurator Alfred Weidinger die Ausstellung für das Winterpalais
des Prinzen Eugen in Wien adaptiert.
Exhibition curated by Judith Clark. Organised by Barbican, London
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