Schlüsseltechnologie für Handy und Internet wird in Linz weiterentwickelt
Linz (jku) - Bei Handy- und Internet-Technologien findet eine Revolution statt: IT-Riesen setzen auf Künstliche
Intelligenz (KI), um Sprache zu erkennen, Bilder zu beschreiben, Texte zu analysieren und zu übersetzen. Die
Grundlage dieser neuen Methoden ist "Deep Learning" und im Speziellen LSTM-Netze (Long Short-Term Memory).
Erfunden hat diese neuronalen Netze zur Speicherung von Information bei der Sequenzanalyse Sepp Hochreiter: Professor
für Bioinformatik an der Johannes Kepler Universität und weltweit anerkannter KI-Experte.
Bekannte Systeme wie Amazon Alexa/Echo und Google Home beantworten Fragen führen Kommandos aus, nehmen Bestellungen
entgegen und berichten neueste Sportergebnisse. LSTM ermöglichte den Durchbruch der KI in der Sprachverarbeitung
und dem Verstehen von Texten. Erst vergangenen Herbst bezeichnete die Zeitschrift Fortune die Veröffentlichung
der LSTM-Methode als einen "Key-Moment" in der Geschichte der KI.
"In den vergangenen Jahren hat die Künstliche Intelligenz Riesensprünge gemacht", erklärt
Hochreiter. "Die LSTM-Architektur, die ich erfunden habe und gemeinsam mit meinem Team gerade weiterentwickle,
ist buchstäblich um die Welt gegangen." Die Entwicklung ist in Googles Android-Spracherkenner, seit 2015
im Anrufbeantworter des Internet-Konzerns, seit 2016 in seinem Übersetzer und ebenfalls seit dem Vorjahr in
Apples iOS 10 Quicktype. "Damit befindet sich praktisch in jedem Smartphone mein LSTM-Netz", so Hochreiter.
"Milliarden von Nutzern verwenden die Netze tagtäglich." Und: Sie werden in verschiedenen Forschungsprojekten
am JKU-Institut für Bioinformatik ständig weiterentwickelt.
Menschliches Gehirn als Vorbild
Kürzlich wurde ein Projekt vom Wissenschaftsfonds FWF genehmigt, bei dem LSTM in große Deep-Learning-Systeme
integriert werden soll. Ziel ist es, mit Computern, gewaltige Datenmengen auszuwerten und mit riesigen neuronalen
Netzwerken Analysen durchzuführen. Das Vorbild: das menschliche Gehirn.
Auch der Online-Versandhändler Zalando ist an der Expertise der Linzer interessiert und finanziert ein Projekt,
bei dem LSTM eingesetzt werden soll, um neueste Modetrends aufzuspüren und Fashion Blogs zu analysieren.
Begehrte JKU-AbsolventInnen
IT-Giganten wie Microsoft, Google, Facebook, Baidu oder Amazon setzen auf die einzigartige Expertise aus Oberösterreich
und investieren Milliardenbeträge in diesem Bereich. "Davon profitiert die JKU selbst, aber auch ihre
Studierenden", betont Hochreiter. "Konzerneigene Forschungseinrichtungen schießen wie die Schwammerln
aus dem Boden, ExpertInnen auf diesem Gebiet sind heißbegehrt und hochdotiert."
Hintergrund Deep Learning
Deep Learning ist eine KI-Methode basierend auf künstlichen neuronalen Netzen, die mit schnellen Computern
aus großen Datenmengen lernen. Es werden automatisch abstrakte Konzepte aus den Daten extrahiert, mit unglaublich
guten Ergebnissen bei KI-Problemen. Deep Learning wurde vom Innovationsmagazin "Technology Review" des
Massachusetts Institute of Technology als einer der zehn technologischen Durchbrüche bezeichnet. Deep Learning
ist die Technologie auf die alle Internetkonzerne im Moment setzen - sowohl für Sprach- oder Texterkennung
als auch bei der Bildverarbeitung.
Hintergrund LSTM
Die von Hochreiter entwickelten LSTM-Netze (Long Short-Term Memory) - quasi ein "langes Kurzzeitgedächtnis"
- können im Gegensatz zu traditionellen rekurrenten Netzen längere, zeitlich verzögerte Effekte,
beispielsweise für Klassifizierungsaufgaben, berücksichtigen. Diese Eigenschaft erlaubte LSTM zur führenden
Methode in Sprachverarbeitung und Textverstehen zu werden. Die grundlegenden Einsichten von Prof. Hochreiter wie
der "Vanishing Gradient" bilden immer noch die Grundlage von Deep Learning - der Wissenschafter gilt
als Pionier auf diesem Forschungsgebiet.
|