Gemeindebund: Anteil von Frauen in der Kommunalpolitik immer noch zu gering
Wien (gemeindebund) - Im Vorfeld des Weltfrauentags legt der Gemeindebund aktuelle Zahlen zum Anteil von
Frauen in der Kommunalpolitik vor. Die gute Nachricht zuerst: Der Anteil an Frauen im Bürgermeisteramt hat
sich in den letzten 18 Jahren mehr als verdreifacht. Die schlechte Nachricht: Das geschah von einem sehr niedrigen
Ausgangsniveau aus. Derzeit werden 157 der insgesamt 2.100 Städte und Gemeinden von Frauen im Bürgermeisteramt
geführt. 1999 waren es nur 45. Der Ist-Stand entspricht einem Anteil von 7,5 % der Gesamtzahl. „Das ist selbstverständlich
immer noch viel zu wenig“, sagt Gemeindebund-Chef Helmut Mödlhammer. „Es wurden in den letzten Jahren zwar
spürbare Fortschritte gemacht, in Summe ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der kommunalen
Ebene aber immer noch zu gering.“
Selbst zwischen den einzelnen Bundesländern gibt es noch sehr große Unterschiede. Den höchsten
Frauenanteil weist Niederösterreich auf, dort gibt es 63 Ortschefinnen in insgesamt 573 Gemeinden, das entspricht
einem Anteil von elf Prozent. Schlusslichter sind nach wie vor die Salzburger Gemeinden. Nur vier von 119 Kommunen
werden von Frauen geführt (3,4 %).
In Gemeinderäten ist der Frauenanteil höher
Ein wenig besser ist die Bilanz bei den Vizebürgermeisterinnen und Gemeinderätinnen. 331 Frauen sind
die Nummer zwei in ihrer Gemeinde. Welchem Prozentanteil das entspricht, lässt sich nicht genau sagen, denn
in vielen Gemeinden gibt es zwei Vizes. Von den rund 39.700 Gemeinderät/innen sind 9.100 Frauen, ein Anteil
von rund 25 %. „Es ist leichter, dass man Frauen für eine Gemeinderatstätigkeit als für eine Spitzenfunktion
gewinnt“, weiß Mödlhammer. „Vor dem letzten kommunalpolitischen Karriereschritt scheuen sich viele Frauen.“
In der Verwaltung ist die Frauenquote am höchsten. Mehr als 440 Amtsleiterinnen gibt es in Österreichs
Gemeinden. „Das ist keine politische, sondern eine operative Aufgabe, dafür interessieren sich Frauen oft
mehr, weil sie vielleicht auch pragmatischer denken und ihnen der parteipolitische Aspekt weniger gefällt“,
vermutet Mödlhammer.
Hohe Hürden für Amtsträgerinnen
Die Frauen im Bürgermeisteramt bewerten die Hürden, ins Amt zu gelangen, sehr unterschiedlich. „Die größte
Hürde, um an die Spitze einer Gemeinde zu kommen, ist es, sich gegen männliche Konkurrenz zu behaupten“,
sagt etwa Monika Schwaiger, Bürgermeisterin von Seekirchen am Wallersee. Maria Pachner aus Grieskirchen sieht
mehrere Gründe: „Fehlendes Selbstvertrauen der Frauen, männerdominierte Rankings oder fehlende Mentoren
sind Problemfelder.“ Dass sich Frauen selbst in diesen politischen Umfeldern zu wenig zutrauen, sehen viele weitere
Kolleginnen ebenfalls als einen der wichtigsten Gründe an. „Man muss den Mut haben, sich auch selbst in Position
zu bringen“, sagt Kerstin Suchan, Bürgermeisterin von St. Valentin. „Viele Kolleginnen haben das Amt nicht
selbst angestrebt.“ Die einflussreichen Positionen in einer Gemeinde seien meist von Männern besetzt, ergänzt
Irene Gölles aus Gloggnitz. Es sei daher schwieriger, als Frau überhaupt in die engere Wahl für
Führungsfunktionen genommen zu werden.
Auf die Frage „Was ist am schwierigsten, wenn man als Frau einmal im Amt ist?“, bekommt man eine Fülle unterschiedlicher
Antworten. Eine dicke Haut müsse man entwickeln, sagen viele Frauen. „Man ist plötzlich Allgemeingut“,
weiß Michaela Höfelsauer, Bürgermeisterin von Lend (Sbg). „Mit vielen Problemen, mit denen Menschen
zu mir kommen, wären sie zu einem Mann vielleicht gar nicht gegangen.“ Es werde – anders als bei Männern
– viel genauer hingeschaut bei einer Bürgermeisterin, meint Maria Skazel, Ortschefin von St. Peter im Sulmtal.
Auch die Vereinbarkeit des Bürgermeisteramts mit der Familie wird häufig als Problem genannt. Respekt
und Anerkennung müsse man sich als Frau viel härter erarbeiten als die Männer.
Mut machen und Netzwerke bilden
Eine Patentlösung, um mehr Frauen in kommunale Spitzenfunktionen zu bringen, sehen Österreichs Bürgermeisterinnen
kaum. „Mutmachprogramme, Vorbilder, Wertschätzung und ein achtsamer Umgang miteinander“, sieht Maria Pachner
aus Grieskirchen am ehesten als Maßnahmen. Erika Rogl aus Kals am Großglockner sieht die bessere Vereinbarkeit
von Amt und Familie als genauso wichtig an wie konkrete Schulungen und das Bilden von Netzwerken. Brigitte Lackner,
Bürgermeisterin von St. Ulrich am Pillersee (Tirol): „Es braucht noch ganz viel Arbeit, dass sich die Frauen
selbstbewusster geben, die Familienarbeitsaufteilung besser funktioniert und dass flexiblere Arbeitszeiten angeboten
werden. Auch braucht es natürlich gut funktionierende Kinderbetreuungseinrichtungen.“
Der Gemeindebund, so Präsident Mödlhammer, versuche die Frauen in der Kommunalpolitik miteinander zu
vernetzen. „Wir haben verstanden, dass vor allem der Austausch untereinander sehr wichtig ist, daher gibt es seit
einigen Jahren ein jährliches mehrtägiges Bürgermeisterinnentreffen. Das ist sehr wichtig, weil
viele sehen, dass sie mit den alltäglichen Problemen und Anforderungen nicht alleine sind.“ Insgesamt helfe
vor allem aber Bewusstseinsbildung. „Je mehr wir darüber reden und stetig darauf aufmerksam machen, desto
eher können wir Frauen ermuntern, sich für kommunalpolitische Führungsfunktionen zu interessieren
und zu bewerben.“
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