Unterschrift auf Beiblatt könnte derzeitige Nichtigkeitsquote bei Briefwahlstimmen von
5,25% erhöhen
Wien (pk) - Die vom Verfassungsgerichtshof angeordnete Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl
hätte ursprünglich am 2. Oktober 2016 stattfinden sollen. Etliche BriefwählerInnen hatten allerdings
schadhafte Wahlkuverts erhalten, was eine Verschiebung des Wahltags notwendig machte. Um eine ähnliche Panne
beim neuen Wahltermin am 4. Dezember auszuschließen, beschlossen die Abgeordneten, trotz datenschutzrechtlicher
Bedenken zu den alten Briefwahl-Kuverts ohne Lasche zurückzukehren. Von Vornherein war allerdings klar, dass
dies nur eine Übergangslösung sein kann. Im Auftrag des Nationalrats hat Innenminister Wolfgang Sobotka
Modelle in anderen europäischen Ländern geprüft, der Bericht liegt nun dem Hohen Haus vor ( III-364
d.B.).
In den meisten der untersuchten 12 Staaten müssen die WählerInnen ihre ordnungsgemäße Stimmabgabe
auf einem Beiblatt bestätigen, das zusammen mit dem Wahlkuvert in ein größeres Kuvert mit aufgedruckter
Anschrift der zuständigen Wahlbehörde gesteckt wird. Auf diesem Beiblatt sind im Regelfall auch die Daten
des Wählers bzw. der Wählerin vermerkt. Eine solche Lösung hält das Innenministerium für
Österreich jedoch nicht für zielführend.
Innenminister Sobotka fürchtet, dass die hierzulande derzeit sehr niedrige "Fehlerquote" von 5,25%
bei den Briefwahlstimmen in die Höhe schnellen könnte, da ein loses Beiblatt leicht vergessen oder falsch,
nämlich direkt in das Wahlkuvert, eingelegt werden könnte. Schon jetzt gebe es nicht selten Unsicherheiten
bei den Stimmberechtigten in welches der beiden mitgeschickten Kuverts – das Wahlkuvert oder das große Wahlkarten-Kuvert
– der Stimmzettel zu legen ist, wird im Bericht festgehalten.
Sobotka zufolge würde es außerdem zu administrativen Problemen kommen, wenn die Wählerdaten nicht
mehr auf dem äußeren Wahlkarten-Kuvert aufscheinen. In einem solchen Fall müssten die Kuverts aufgeschlitzt
werden, damit die Wahlbehörden die Stimmberechtigung des Briefwählers bzw. der Briefwählerin überprüfen
können. Während das in einigen der untersuchten Staaten schon vor dem Wahltag erfolgt und zum Teil von
Hilfsorganen durchgeführt wird, sind den österreichischen Behörden gemäß dem Erkenntnis
des Verfassungsgerichtshofs die Hände gebunden. Da eine Öffnung des äußeren Kuverts nur im
Beisein der Wahlbehörde und mit kommissioneller Überprüfung erfolgen darf, könnten die einlangenden
Briefwahl-Stimmen nicht mehr im Vorfeld erfasst werden, gibt der Minister zu bedenken.
Am ehesten kann sich das Innenministerium für ein zusätzliches Überkuvert nach dem Vorbild des Landes
Niederösterreich erwärmen. Dieses dritte, anonyme, Kuvert könnte ein wirksamer Ansatz sein, den
Schutz der persönlichen Daten mit einem möglichst geringen Nichtigkeitsrisiko zu verbinden, heißt
es im Bericht. Zudem würde das Modell den zuständigen Behörden die Möglichkeit geben, die Daten
der BriefwählerInnen durch Öffnung des Überkuverts weiter im Vorfeld der Stimmauszählung zu
erfassen.
Dass die Unterschrift der WählerInnen außen sichtbar ist, wie dies bei den derzeitigen österreichischen
Wahlkarten-Kuverts der Fall ist, gibt es sonst übrigens nur in einem einzigen der untersuchten Länder,
konkret im Schweizer Kanton Freiburg. In manchen – seltenen – Fällen wird auf die Leistung einer Unterschrift
gänzlich verzichtet bzw. bleibt ein Fehlen der Unterschrift sanktionslos.
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