Ausgabe # 18 – von 21. April - 18. Mai 2017
Wien gamuekl) - Das Wienerliedfestival wean hean geht in diesem Frühjahr mit zwölf spannenden
und bereichernden Veranstaltungen in die 18. Runde. Dabei treten geschichtsträchtige Inhalte mit erfrischenden
Neuinterpretationen in Kooperation. Erstmals bieten wir zur Festivaleröffnung auch ein Kinderprogramm für
unsere jüngsten wean hean Fans. Ein wahres Erlebnis wird ein gemeinsamer Sonntagsausflug ins Waldviertel.
Wir erinnern uns an den Thesenanschlag Martin Luthers vor genau 500 Jahren und besuchen hierfür die lutherische
Stadtkirche. Wir lassen Karl Kraus zu Wort kommen und bringen den Wiener Männergesang-Verein ins Spiel. Darüber
hinaus verbringen wir einen bezaubernden Vormittag mit Ramsch & Rosen und zeigen Ihnen, welche Hits aus Erich
Meders Feder stammen. Ohne das traditionelle Wienerlied und die Schrammelmusik zu vernachlässigen, lassen
wir die Liebe von unserem Publikum besingen, haben Bock auf Lepschi und tanzen echten Weana Swing.
Die Festivaleröffnung verbringen wir in den Gemäuern des ehemaligen Allgemeinen Krankenhauses. Nein,
nicht in Michelbeuern, sondern am heutigen Campus der Universität Wien, wo anno dazumal u.a. mittellose Zivilisten
und Kriegsversehrte ihre Herberge fanden. Obwohl wir als Wiener Volksliedwerk - getreu den universitären Gepflogenheiten
- auch wissenschaftliche Beiträge zum Thema Wiener Volksmusik vortragen, funktionieren wir einige Hörsäle
zu wean hean Bühnen um. Und was wird da gespielt? Martin Zrost gründet eigens für diesen Abend eine
wean hean Blaskapelle: Die Ohrreichen Üben mit Thomas Berghammer, Hannes Enzlberger, Clemens Hofer, Richard
Klammer, Paul Skrepek und Wolfgang Vinzenz Wizlsperger. Mit Sicherheit können wir uns darauf verlassen, dass
diese Bläsertraumformation wean hean gebührend einläutet. Nicht weniger mitreißend wird die
Darbietung des attensam quartetts. Die vier MusikerInnen - Ingrid Eder, Sophie Schafleitner, Annette Bik und Michael
Öttl - gehören zweifelsfrei zur Haute Musique des zeitgenössischen Schrammelklangs. "ummi zu
dir" heißt die neueste und heißeste Platte von Martin Spengler & die foischn Wiener. Besungen
wird darin das Herz, der Huat und das Zaunbiaschtl, und ohne den unverwechselbaren Hit Schokoladenwind lassen wir
den Spengler sowieso nicht wieder nach Hause gehen. Das fulminante Duo Catch-Pop String-Strong, bestehend aus Jelena
Popržan und Rina Kaçinari Mikula, verzaubert sein Publikum mit eindrucksvollen und zugleich verrückt
erfrischenden Eigenkompositionen. Wahre Meisterinnen sind hier am Werk! Beim Wienerliedfestival wean hean dürfen
freilich unsere Freunde Die Strottern nicht fehlen. Klemens Lendl und David Müller haben diesmal auch ihren
Lieblingsliteraten Peter Ahorner dabei, der für die Texte unzähliger Strottern "Hitte" (Lendl)
verantwortlich ist. Die drei Herren haben - übrigens sehr beispielhaft - neben dem vertrauten Repertoire ein
zweites Programm im Festivalkoffer. Mit ihrem Stück "Oh, du lieber Augustin" kommen auch unsere
jüngsten wean hean Freunde in den Genuss der Wiener Musik. Im großen Hörsaal des Instituts für
Musikwissenschaft lernen die Kinder durch gemeinsames Singen, Tanzen und Klatschen, woher die Musik kommt und was
sie alles mit uns macht. Zeitgleich gibt es für die Erwachsenen in einem anderen Hörsaal Vorträge.
Über das Wienerlied - seine Geschichte und seine Themen doziert Prof. Ing. Herbert Zotti und über das
Wienerlied und seine besungenen Orte referiert Dr. Susanne Schedtler. Sie sehen, wir sind äußerst bemüht
Ihren Bildungshunger zu stillen.
Ottakring ist mit klassischen Kaffeehäusern bekanntlich nicht überversorgt, dementsprechend groß
ist unsere Freude, dass die Pforten zum Café Ritter jüngst wieder geöffnet wurden. Das haben wir
einer ehemaligen Bankerin aus dem Waldviertel zu verdanken. Vielen Dank an Frau Dr. Martina Postl! Wir wollen die
neue Lokalität freilich genauer inspizieren und mit unserem Publikum singend einweihen. Gemeinsam mit Herbert
Zotti und dem Pianisten Michael Postweiler beschäftigen wir uns an diesem Abend mit Liedern über die
Liebe - und so. Die gibt es in nahezu allen Genres, sogar in Spurenelementen im Wienerlied. Über die Notwendigkeit
der Existenz dieser Lieder schreibt Zotti: "Liebe beginnt also, wenn ich mich recht erinnere, mit irgendeiner
Form des Begehrens. Dieses Stadium (falling in love) wird hervorgerufen durch eine besondere Form von Anziehung
- bei Männern funktioniert's eher äußerlich, bei Frauen - keine Ahnung. Jedenfalls anfangs ein
durchaus unsymmetrisches Treiben, das dem "Verfallenen" einiges abverlangt. Aber für den möglichen
Erfolg muss dem Gegenüber der Umstand erst in irgendeiner Form vermittelt oder beteuert werden."
Der Stammtisch bei Fritz Matauschek entwickelt sich langsam zur wean hean Tradition. Als wir im letzten Jahr erstmals
dort waren, wurden wir mit herzlicher Gastfreundschaft empfangen und einer köstlich traditionellen Wiener
Speisekarte verwöhnt. Der Wirt Matauschek bewies sich außerdem als äußerst routiniertes Fotomodell.
Seinen Lieblingsspruch "Wer nichts wird, wird Wirt" lassen wir aber so nicht gelten. Es gehört nämlich
einiges dazu, diesen seit 107 Jahren bestehenden Familienbetrieb mit so viel Leidenschaft zu pflegen und zu erhalten.
Vielleicht sollten wir den Spruch einfach erweitern: "Wer nichts wird, wird Wirt; wer das verpasst - bleibt
ewig Gast". Auch eine annehmbare Option. Unsere musikalischen Gäste sind diesmal keine geringeren als
die Sängerlegende Kurt Girk, die bezaubernde Harmonikaspielerin Marie-Theres Stickler und der unverwechselbare
Rudi Koschelu an seiner Kontragitarre.
Am 30. April laden wir zu einem gemeinsamen Sonntagsausflug ins Waldviertel. Die Reise beginnt bereits in den frühen
Morgenstunden am Wiener Praterstern. Dort bringen uns die österreichischen Bundesbahnen nach Retz. Hier gibt
es Frühstück im berühmten Reblaus Express. Sind dann alle Reisenden gestärkt, bringt uns die
flotte Reblaus ins Waldviertel nach Drosendorf. Dort erwartet uns eine Stadtführung zu den Kulturschätzen
und Sehenswürdigkeiten. Die Tour endet im Filmclub, in welchem uns das Gasthaus Failler mit einem Mittagessen
verwöhnt. Und dann bleiben wir einfach dort sitzen und warten entspannt auf die Filmvorführung. Es werden
mehrere kurze Wiener Stummfilme gezeigt, zu denen wir Live-Musik von Cordula Bösze , sowie Helmut und Maria
Stippich hören. Am frühen Abend bringt uns der Reblaus Express wieder nach Retz. Mit Wein- und Musikbegleitung
von den Stippichs und dem Volksmusikduo Michaela Lehner und Marco Buchler werden im Zug Wienerlieder und Waldviertler
Lieder gesungen. Und wenn sie jetzt glauben, das ist alles zu schön, um wahr zu sein: überzeugen Sie
sich doch selbst und melden Sie sich bald an. Auf zum Film ab!
Der traditionelle Schrammel-Montag ist mittlerweile ein bewährtes Heimspiel geworden. Seit Herbst 2014 gibt
es jeden ersten Montag im Monat diesen wunderbaren Abend. Im ersten Teil konzertieren die Neuen Wiener Concert
Schrammeln in gewohnter Manier und im Anschluss sind SchrammelmusikerInnen eingeladen mitzuwirken.
Nach fast sieben Jahren seines Bestehens präsentiert sich das Trio Lepschi mit einem neuen - ja, regelrecht
unverbrauchten! - Gesicht: Nach dem krankheitsbedingten Ausscheiden des Haudegens der ersten Stunde, Tomas Slupetzky,
tritt der junge Michael Kunz mit den zwei alten Lepschis Martin Zrost und Stefan Slupetzky in die Wienerliedarena.
Der Kunz hat nicht nur eine saubere Stimme, sondern auch zehn äußerst flinke Finger, die mit großer
Grazie über die Gitarrenbünde tanzen. Obacht! Frischer Wind bringt neue Besen, wie man sagt. Und deshalb
wird das Trio diesmal mit so manchem nie gehörten Gustostückerl auf Lepschi gehen.
Karl Kraus war ein wacher Beobachter von Wiens Kulturszene. Immer wieder hat er sich zu Wienerlied, aber auch zu
Operette und dem Wiener Männergesang-Verein geäußert. Dieser war ihm durch die ebenso überschwängliche
wie auch geistesarme Presseberichterstattung ein Dorn im Auge. Julia Stemberger und Peter Mati? werden Originaltexte
aus der Presse und ihre Glossierung von Karl Kraus vorstellen. Der ungarische Pianist Laszlo Kövi wird mit
dem SängerInnenduo Dagmar Bernhard und Robert Kolar einige Operettenstücke und Wienerlieder zum Besten
geben. Die Gesangskapelle Hermann wird die Problematik der Liedinterpretation der "singenden Geheimräte
und Bäckermeister" aufzeigen. Dies zusammen ist musikalisch wie literarisch interessant, aber auch (sehr!)
unterhaltsam. Zudem feiert der Donauwalzer 2017 sein 150-jähriges Jubiläum. Und Johann Strauss hat diesen
dem Wiener Männergesang-Verein gewidmet, der ihn auch mit einem etwas sonderbaren Text zur (Ur-) Aufführung
gebracht hat. Auch den werden wir erleben dürfen!
Das Schöne an einer Festivalprogrammierung ist, dass wir uns mit der Musik, die uns am Herzen liegt, jederzeit
selbst beschenken können. In dieser Hinsicht sind wir gern etwas eigennützig unterwegs, vor allem auch
weil wir wissen, dass wir im Sinne unseres wean hean Publikums handeln. So laden wir an einem Sonntagmorgen im
Mai Ramsch und Rosen in den Bockkeller ein. Ihre treuen Begleiter sind Geige, Trompete, Zither, Shruti Box, Fußglocken
und zarte Gesänge. Die musikalische Genialität von Julia Lacherstorfer und Simon Zöchbauer steht
für sich und bedarf keiner weiteren Worte, die letztendlich ohnehin nichts anderes als eine Liebeserklärung
sein könnten.
Natürlich war er lästig - wie alle, die bestehende Ordnungen in Frage stellen. Und trotzdem - oder vielleicht
deswegen - war Martin Luther eine der wichtigsten Personen der Kirche. Wir halten es für angebracht, gerade
in Wien, der Hauptstadt der Gegenreformation, dem Wirken dieses Mannes nachzuspüren. Dabei interessiert uns
natürlich vorrangig seine musikalische Komponente. Zu Luthers Verdiensten gehört neben seiner Bibelübersetzung
auch das Engagement für den deutschsprachigen Volksgesang als Mittel der Katechese und Verkündigung.
Zahlreiche Lieder hat er selbst komponiert und viele getextet. Einige davon und weitere Lieder der evangelischen
Tradition werden wir an diesem Abend von dem großartigen Ensemble Cinquecento, begleitet von David Bergmüller
(Laute), hören und ein wenig auch gemeinsam singen. Helmut Jasbar wird einen neu vertonten Psalm vorstellen.
Interessante Texte von Martin Luther wird Chris Pichler lesen und Matthias Loibner wird uns mit seiner sensibel
gespielten Drehleier Raum schaffen diese zu überdenken.
Lieder wie "Du bist die Rose vom Wörthersee", "Der alte Sünder", "Hallo Dienstmann"
und "Bei Hrdlitschka ist Hausmusik" sind allseits bekannt, aber die wenigsten wissen, von wem diese einzigartigen
Texte tatsächlich stammen. Erich Meder ist der Held dieses Abends. Seine Texte wurden u.a. von Hans Lang,
Nico Dostal und Hermann Leopoldi vertont. Er hat um die 1000 Lieder geschrieben, davon viele Wienerlieder und Filmschlager.
Traude Holzer, Tommy Hojsa, Maria und Helmut Stippich sorgen als InterpretInnen des Programms für einen vergnüglich
unterhaltsamen Abend.
Die Lieder von Helmut Bohatsch & Paul Skrepek atmen eine "Weltläufigkeit, die sich aus den großen
Traditionen nährt", so äußerte sich einmal Kollege Ossi Aichinger zu dem seit 2004 bestehenden
Duo. Paul Skrepek stolperte nach eigener Aussage Mitte der 1990er Jahre aus Zufall in das Genre Wienerlied und
zeichnet für Hits wie "Oid und blad" (im Verbund mit Kollegium Kalksburg) verantwortlich. Seine
Leidenschaft für Musik und Kontragitarre kreuzt sich hier mit der bemerkenswerten Dicht- und Gesangskunst
Helmut Bohatsch', welcher auch Todesfälle in der "Soko Donau" aufzuklären pflegt. Seine Texte
singt er im Dialekt mal mit einer Prise Humor, Melancholie oder wienerischer Direktheit. Bohatsch & Skrepek
tragen ihr Anliegen mit Verve vor, sie gehen unter die Haut.
Michael Bruckner gestaltet mit seinem Ensemble (Valentin Duit, Philipp Jagschitz, Andreas Schreiber und Andreas
Waelti) den ersten Teil des letzten wean hean - Abends als Revue: Jazz steht hier vor allem für die "Freiheit
des Selbstausdrucks" (Duke Ellington) und beinhaltet neue Wiener Musik, angelehnt an New Orleans Traditionals,
deutschsprachige Schlager und Chansons sowie experimentelle Musik. Die Revue bringt Performatives, Tanz und Verkörperung:
ein Minnesang ans komponierte und improvisierte Leben in allen Facetten; eine Hommage an Licht und Schatten. Die
Texte kreisen um alltägliche und besondere Themen des Menschseins mit Fokus auf die Natur als Spiegel der
Seele - nachdenklich bis ekstatisch; kontemplativ bis gedankenlos ...im Augenblick tanzend! Die IG Hop mit dem
Motto "Swing out with us - Fatalistisch tanzen bis zum Schluss" ist eine Gruppe von TanzaktivistInnen,
deren Fokus auf der Vermittlung und Gestaltung traditioneller Jazzkultur liegt, und bietet dem Publikum im zweiten
Teil des Abends eine kurze Einführung in Lindy Hop, den Swingstil der 30er Jahre. Also nicht nur zum Zuschauen,
sondern auch zum Mitmachen! Die Band spielt Swing im New Orleans-Surf-Schlagersound: es wird gemeinsam getanzt
...bis zum Schluss!
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