EU-Ausschuss des Bundesrats spricht sich für größere Differenzierung zwischen
großen und kleinen Bankinstituten aus
Wien (pk) - Mit gemischten Gefühlen bewertete der EU-Ausschuss des Bundesrats am 15.03. einen Verordnungsvorschlag
der Kommission, der darauf abzielt, noch bestehende Schwachstellen im europäischen Bankensystem zu beheben,
um Risiken besser zu erfassen und steuern zu können. Das Risiko dürfe nicht mehr von der Allgemeinheit
getragen werden, so das Ziel. Nach der Finanzkrise wurden zwar zahlreiche Reformen eingeleitet, um die Stabilität
und Widerstandsfähigkeit gegenüber zahlreichen Bedrohungen und Krisen zu stärken und zu gewährleisten,
es hätten aber noch nicht alle Schwachstellen beseitigt und alle notwendigen Reformen eingeleitet werden können,
argumentiert die Kommission ihren neuesten Verordnungsvorschlag. Sie stützt sich dabei vor allem auf internationale
Vorgaben und Standards, die kürzlich vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und vom Rat für Finanzstabilität
(FSB) festgelegt wurden.
Tenor im Ausschuss war, dass Regelungen notwendig seien, wie die Finanzkrise gezeigt hat, man müsse nur mit
Maß und Ziel vorgehen und zwischen großen, international vernetzten Banken einerseits und kleinen und
mittleren Banken andererseits stärker differenzieren. Banken hätten heute bereits so viel Vorschriften
zu erfüllen, dass sie ihrem eigentlichen Geschäft für die Realwirtschaft nur schwer nachkommen könnten,
so kritische Stimmen im Ausschuss. Seitens des Finanzministeriums wurde darauf hingewiesen, dass keine Bank mehr
sicher sein sollte, aufgefangen zu werden.
Kein "too big to fail" mehr für global systemrelevante Banken
Stoßrichtung des Entwurfs ist unter anderem eine verbindliche Verschuldungsquote (Leverage Ratio - LR), die
verhindern soll, dass die Institute eine übermäßige Verschuldung eingehen. Dazu kommen soll eine
verbindliche strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio - NSFR), die sich laut Kommission an
den verbesserten Finanzierungsprofilen der Institute orientieren wird. Ein harmonisierter Standard soll festlegen,
wie viel stabile, langfristige Refinanzierungsquellen ein Institut benötigt, um zeitweisen Markt- und Finanzierungsstress
zu überstehen.
Die Vorlage sieht ferner die Umsetzung des Überarbeitung der Handelsbuchvorschriften (Fundamental Review of
the Trading Book - FRTB) zur besseren Erfassung von Risiken vor, die aus der Verbindung von Handels- und Bankbuch
entstehen. Umfasst sind auch Vorgaben, die das Risiko bei Ausleihungen an zentrale Gegenparteien (CCP) besser erfassen
sollen. Das Finanzresort bewertet diese Maßnahmen grundsätzlich positiv, weil sie risikoreduzierend
wirken.
Unterstützt werden von heimischer Seite auch Regelungen zur Verbesserung der Abwicklungsfähigkeit von
Banken. Das betrifft einerseits die Umsetzung der Total Loss Absorbing Capacity – TLAC (Verlustabsorptionsfähigkeit)
für globale systemrelevante Institute. Diese bankenaufsichtsrechtliche Kennziffer setzt sich aus Eigenkapital
sowie anderen Elementen wie zum Beispiel Anleihen zusammen, die sich von der Bank in haftendes Eigenkapital wandeln
lassen. Die Empfehlung des Finanzstabilitätsrats ist Teil der Bestrebungen, die "too big to fail"-Problematik
zu lösen. Zukünftig sollen auch systemrelevante, d.h. international vernetzte Banken abgewickelt werden
können, ohne dabei die Finanzstabilität oder Realwirtschaft zu gefährden.
Andererseits zielt die Vorlage auf die Anpassung der für alle Banken geltenden Mindestanforderungen für
Eigenmittel und förderfähige Verbindlichkeiten (Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities
– MREL) ab. MREL soll sicherstellen, dass Banken ein ausreichendes Maß an Eigenmitteln und wandelbarem Fremdkapital
für den Abwicklungsfall vorhalten. Die Höhe des zu haltenden MREL ist vom jeweiligen Institut abhängig
und wird individuell von der Abwicklungsbehörde festgesetzt. Zur Festsetzung der Höhe der MREL-Quote
hat die Abwicklungsbehörde u.a. das Geschäftsmodell, Risikoprofil und die Abwickelbarkeit des Instituts
zu berücksichtigen. Österreich drängt in diesem Zusammenhang darauf, auf die Heterogenität
der Kreditwirtschaft besonderes Augenmerk zu legen.
Im Bereich des Großkrediteregimes regt die Kommission an, dass die Qualität des Kapitals, das zur Unterlegung
von Konzentrationsrisiken verwendet werden kann, erhöht und Verflechtungen zwischen globalen systemrelevanten
Banken (G-SIIs) durch eine Senkung der Großkreditgrenze bei derartigen Instituten reduziert werden.
Mehr Anreize zur Kreditvergabe an KMU
Das Finanzministerium begrüßt insbesondere die ebenfalls im Verordnungsentwurf enthaltenen zusätzlichen
Anreize zur Vergabe von Krediten an Klein- und Mittelbetriebe sowie zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten,
die wichtige öffentliche Zwecke verfolgen.
Auch die Vorschläge zur Verbesserung der Proportionalität im Aufsichtsrecht und die vorgesehenen Erleichterungen
zur Reduktion des bürokratischen Aufwands in kleinen und mittelgroßen Banken werden befürwortet,
wiewohl man aus der Sicht des Finanzministeriums durchaus Potential für darüber hinausgehenden Reduktionen
des bürokratischen Aufwands ortet. Die Vorschläge der Kommission sehen z.B. Erleichterungen im Offenlegungsregime,
einfachere Ansätze bei neuen Ordnungsnormen und Erleichterungen zur Vermeidung überschießenden
Aufwands in kleinen und mittelgroßen Banken vor.
Die Maßnahmen sollen mit Beginn 2019 in Kraft treten, wobei in manchen Bereichen Übergangsbestimmungen
vorgesehen sind.
Mit Maß und Ziel vorgehen – Banken müssen ihre Aufgaben für die Realwirtschaft erfüllen
können
Wie die Vertreterin des Finanzministeriums gegenüber Edgar Mayer (V/V), Ana Blatnik (S/K) und Ingrid Winkler
(S/N) erläuterte, gibt es Spielräume für Banken, die international nicht so stark vernetzt sind.
Österreich gehe aber nicht über die Standards von Basel hinaus. Schon jetzt sehe das Regelwerk größere
Differenzierungen zwischen großen Banken einerseits und kleineren und mittleren Instituten andererseits bei
Eigenmittel und Hinterlegungspflichten vor. Es gehe vor allem darum, das Vernetzungs- und Konzentrationsrisiko
zu senken.
Kritisch äußerte sich Sonja Zwazl (V/N), die für kleinere Banken noch Luft nach oben sieht, was
die Erleichterungen betrifft. Derzeit funktioniere das in der Praxis nicht, die Auflagen seien zu groß, um
an KMU Kredite zu vergeben und damit ihrer Aufgabe für die Realwirtschaft nachkommen zu können. Viele
gut gemeinte Regelungen würden das Geschäft behindern, warf sie ein, worauf Ausschussvorsitzender Edgar
Mayer (V/V) bemerkte, die Finanzkrise habe gezeigt, dass Regulierungen notwendig sind. Wichtig sei es, Maß
und Ziel einzuhalten.
Das Hauptproblem der Banken entstehe nicht, wenn sie in die Realwirtschaft investieren, sondern wenn es um Derivate
geht, merkte Stefan Schennach (S/W) an. Der Derivathandel werde weniger streng behandelt, befand Heidelinde Reiter
(G/S) kritisch und meinte, man sollte große Banken wesentlich strenger behandeln.
Monika Mühlwerth (F/W) teilte die Kritik an zu strikten Regulierungen, vor allem an den Basel-Vorschriften,
gleichzeitig gab sie zu bedenken, dass große Banken oft bewusst Risiken eingingen, weil sie wüssten,
dass sie aufgefangen werden. Die Freiheitlichen sprechen sich daher für eine Trennung von Instituten aus,
die auf Risiko arbeiten und jenen, die ganz normalen Bankgeschäften nachgehen. Eine derartige Vorgangsweise
hält sie für zielführender, als zu versuchen, alles in einem Regelwerk abzudecken.
Ein wichtiger Punkt sei, dass keine Bank mehr davon ausgehen dürfe, dass sie aufgefangen wird, war seitens
des Finanzministeriums zu hören. Man versuche eine Balance zu finden, um rechtzeitig und entsprechend auf
Krisen vorbereitet zu sein. In diesem Sinn würden kleinere Banken anders behandelt als große, aber auch
diese brauchen eine gute Vorbereitung. Für die weniger systemrelevanten Banken gebe es seitens der Abwicklungsbehörde
wesentlich mehr Flexibilität, die großen internal vernetzten müsste wesentlich strenger Regelungen
erfüllen. Punkt sei, dass die massiven Wohlfahrtsverluste, die durch die Bankenrettungen entstanden sind,
sich nicht wiederholen dürfen. Es gehe darum, Risiken zu vermeiden und auf diese gut vorbereitet zu sein.
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