Dringliche Anfrage der Grünen an Verteidigungsminister Doskozil
Wien (pk) - Der Kauf der Eurofighter wird das Parlament in den nächsten Monaten intensiv beschäftigen.
Bereits im April könnte der von den Grünen und der FPÖ verlangte Untersuchungsausschuss starten.
Einen kleinen Vorgeschmack auf die kommenden Debatten gab es schon am 14.03., Grund dafür war eine Dringliche
Anfrage der Grünen an Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil in der eigens dafür einberufenen Sondersitzung.
Unter anderem wollten Peter Pilz und seine FraktionskollegInnen wissen, welche Reaktionen es von Airbus auf die
Strafanzeige des Verteidigungsministeriums gegeben hat, ob Unternehmen des Airbus Konzerns in aktuellen Beschaffungsvorhaben
des Bundesheers eine Rolle spielen und wie das Ressort grundsätzlich zu Gegengeschäften steht.
In der Begründung der Dringlichen Anfrage richtete Peter Pilz schwere Angriffe gegen die Eurofighter GmbH
und Airbus. Zehn Jahre nach Abdrehen des ersten Untersuchungsausschusses gebe es niemandem mehr, der zu sagen wage,
dass der Kauf der Eurofighter ein gutes Geschäft für Österreich gewesen sei, meinte er. "Wir
wissen, dass das Geschäft schmutzig und geschoben war." Österreich sei von Eurofighter und Airbus
"betrogen und belogen worden", möglicherweise handle es sich sogar um eine kriminelle Organisation.
Dadurch sei ein riesiger Schaden entstanden. Nun gelte es das Geld nach Österreich zurückzuholen.
Nach Meinung von Pilz hat der erste Eurofighter-Untersuchungsausschuss wichtige Vorarbeit geleistet. Der Ausschuss
sei zu spät abgedreht worden, um Vorgänge zu vertuschen, denn man habe bereits ein Spur zur Briefkastenfirma
Vector Aerospace gefunden. Dadurch seien auch Untersuchungen der Justiz in Gang gekommen.
Im zweiten Untersuchungsausschuss will Pilz ein besonderes Augenmerk auf die in den Kauf involvierten Politiker
und Beamte richten. Seien wirklich alle österreichischen Politiker getäuscht worden "oder waren
einige an der Täuschung beteiligt", ist für ihn die Frage. "Wir werden klären, wer war
mit von der Partie." Mit den damaligen Regierungsmitgliedern Wolfgang Schüssel, Martin Bartenstein, Karl
Heinz Grasser und Herbert Scheibner nannte Pilz auch gleich ein paar Namen.
Wichtiges Thema beim U-Ausschuss wird laut Pilz außerdem der vom ehemaligen Verteidigungsminister Darabos
im Jahr 2007 abgeschlossene Vergleich mit Eurofighter sein. "Das wird kein Darabos-Ausschuss", bekräftigte
Pilz frühere Aussagen, wer Darabos kenne, wisse, dieser sei nicht korrupt. Die Grünen wollten aber wissen,
warum man mit dem Vergleich "von einem nagelneuen Mercedes auf einen gebrauchten Lada" umgestiegen sei.
Unterstrichen wurde das Verlangen nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auch von Grün-Abgeordneter
Gabriela Moser. Man müsse im Sinne der SteuerzahlerInnen gemeinsam ans Werk gehen, appellierte sie an die
Einigkeit der Abgeordneten. Moser hat die Hoffnung, das für die SteuerzahlerInnen "miserable Geschäft"
rückabwickeln zu können.
Doskozil geht von Schaden bis zu 1,1 Mrd. € aus
Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil sagte volle Kooperation mit dem Untersuchungsausschuss zu. Das Verteidigungsressort
werde alle Unterlagen zur Verfügung stellen, betonte er. Als wichtig erachtet er es, bei den Untersuchungen
"die parteipolitische Brille abzunehmen" und gemeinsam zu agieren.
Die vom Verteidigungsministerium gegen Airbus eingebrachte Strafanzeige mit Privatbeteiligtenanschluss begründete
Doskozil damit, dass "derartiges betrügerisches Verhalten gegenüber der Republik" geahndet
werden müsse. Der Schaden, der den SteuerzahlerInnen entstanden sei – laut Doskozil bis zu 1,1 Mrd.€ – müsse
wiedergutgemacht werden. Durch die Anzeige sei zudem sichergestellt worden, dass die zivilrechtlichen Ansprüche
nicht verjähren.
Um in Zukunft "saubere Beschaffungen" zu gewährleisten, stellte Doskozil neue Verhaltensregeln für
die MitarbeiterInnen des Verteidigungsministeriums in Aussicht. Diese werden derzeit von einer Arbeitsgruppe und
der Generalprokuratur ausgearbeitet. Geht es nach Doskozil, sollen Rüstungsgeschäfte künftig ohne
Gegengeschäfte und unter Ausschluss von Rüstungslobbyisten erfolgen.
Vor dem Hintergrund der hohen Nebenkosten stellte Doskozil den Weiterbetrieb der Eurofighter auch generell in Frage.
Unabhängig vom Ausgang des Strafverfahrens, müsse man sich überlegen, wie es mit der Luftraumüberwachung
weitergehen solle, sagte er. Es brauche eine militärisch effektive, aber kostengünstigere Lösung.
Geklärt werden soll diese Frage bis zur Jahresmitte.
Eingehend auf die einzelnen Fragen der Dringlichen Anfrage, führte Doskozil aus, dass Eurofighter Interesse
an der Fortsetzung der Kooperation mit dem österreichischen Verteidigungsministerium bekundet habe. Aktuell
würden derzeit Ersatzteile geliefert und ein Triebwerk-Update vorgenommen. Zudem stehe der Wartungsvertrag
vor der Verlängerung.
Zur Strafanzeige gibt es laut Doskozil keine substantielle inhaltliche Stellungnahme von Airbus, auch die Aufklärungsarbeit
der Task Force sei nicht unterstützt worden. Ebenso wenig habe das Unternehmen bisher Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung
bekundet. Airbus selbst habe bislang keine MitarbeiterInnen zur Verantwortung gezogen. Was das Vector Aerospace
Netzwerk betrifft, besteht Doskozil zufolge der Verdacht, dass dieses von Eurofighter/Airbus gesteuert wurde.
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Breites Interesse an Aufklärung
Alle hätten das gemeinsame Interesse, dass der Sachverhalt lückenlos aufgeklärt und der Schaden
wiedergutgemacht wird, begründete Heinz-Christian Strache die Zustimmung der FPÖ zum Untersuchungsausschuss.
Er zollte in diesem Zusammenhang sowohl Verteidigungsminister Doskozil als auch Grün-Abgeordnetem Pilz Respekt.
Doskozil habe mit der Strafanzeige Mut bewiesen. Strache fragte sich allerdings, was die Task Force des Verteidigungsministeriums
getan habe, bevor Doskozil Minister wurde.
Dass der erste Eurofighter-Untersuchungsausschuss abgedreht wurde, wertete Strache als skandalös. Er vermutet,
dass der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos den Vergleich mit Eurofighter nicht auf eigene Faust abgeschlossen
hat, sondern auch Bundeskanzler Alfred Gusenbauer involviert war. Von in den Kauf der Flugzeuge eingebundenen FPÖ-Politikern
distanzierte sich Strache, er machte geltend, dass es damals schon Proteste von Seiten der Basis gegen die Parteispitze
gegeben habe, die schließlich in die Abspaltung des BZÖ von der FPÖ mündeten.
Mitwirkung an der Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss sicherte auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder
zu. Er sei dankbar, dass Doskozil die neuen Untersuchungen ermöglicht und vorangetrieben habe. Die Republik
sei von Airbus betrogen worden, ist er überzeugt. Er hofft, dass die Klage dazu führt, dass der wirtschaftliche
Schaden, den die Republik in den letzten 15 Jahren durch Täuschung erlitten habe, wieder gutgemacht wird.
Eine der zentralen Fragen des Untersuchungsausschusses wird nach Meinung von Schieder sein, warum sich die damalige
schwarz-blaue Regierung im Jahr 2002 im letzten Moment für den Eurofighter entschieden hat, obwohl alle Unterlagen
für ein anderes Produkt gesprochen hätten. "Ganz klar, was damals abgelaufen ist, weiß man
immer noch nicht." Die Entscheidung stinke nach Schmiergeld. Den Untersuchungsausschuss sieht er in diesem
Sinn auch als Warnung an aktive Waffenlobbyisten.
Seitens der ÖVP gab Klubobmann Reinhold Lopatka zu bedenken, dass es Aufgabe des Parlaments und damit des
Untersuchungsausschusses sei, die politische Verantwortung in der Causa Eurofighter zu klären. Für Kriminalfälle
sei die Justiz zuständig, widersprach er Aussagen von Verteidigungsminister Doskozil in einem Interview. Auch
zur Erlangung von Schadenersatz könne der Untersuchungsausschuss wenig beitragen, das sei eine zivilrechtliche
Auseinandersetzung.
Vor diesem Hintergrund hält es Lopatka für die vorrangige Aufgabe des Untersuchungsausschusses zu prüfen,
warum der Vertrag mit der Eurofighter GmbH im Jahr 2007 zuungunsten der Republik abgeändert wurde. Der Vergleich,
den Verteidigungsminister Darabos im Alleingang geschlossen habe, sei ein schlechter Vergleich gewesen, ist er
überzeugt. Den Kauf selbst sieht er durch den ersten Untersuchungsausschuss bereits zur Genüge geprüft.
Lopatka nutzte die Debatte auch, um die Stadt Wien zu attackieren, dort gebe es zahlreiche Skandale zu Lasten der
SteuerzahlerInnen.
Auch die NEOS wollten das Steuergeld zurück, hielt Michael Bernhard fest. In diesem Sinn wird seiner Auffassung
nach auch die Frage der Kompetenz von Beratern und Beteiligten im Untersuchungsausschuss eine Rolle spielen müssen.
Es sei in vielen Bereichen Geld verschwendet worden. Als Beispiel nannte Bernhard die aufwendige Umlackierung der
Flugzeuge und deren Bestellung mit NATO-Ausrüstung bei gleichzeitigem nachträglichen Downgrading. Insgesamt
drängte er auf strenge Richtlinien für Politik und Verwaltung zur Bekämpfung von Korruption.
Team Stronach hält Untersuchungsausschuss für verfrüht
Als einzige Fraktion skeptisch in Bezug auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses äußerte
sich das Team Stronach. Nach Meinung von Robert Lugar wäre es sinnvoller gewesen, zunächst einmal die
Arbeit der Staatsanwaltschaft abzuwarten. Außerdem werden ihm zufolge durch den Eurofighter-Untersuchungsausschuss
andere wichtigere Untersuchungsausschüsse blockiert.
Die Flüchtlingslawine sei ein viel größerer Skandal als der Eurofighter, meinte Lugar. Auch würden
die Kosten für Flüchtlinge jene für den Eurofighter bei weitem überschreiten. Man müsse
prüfen, warum es über Monate hinweg nicht möglich gewesen sei, Grenzen zu kontrollieren. Dass beim
Eurofighter nun Bewegung in die Sache gekommen ist, führt Lugar auf das Interesse der SPÖ nach Aufklärung
zurück, während eine solche in der Vergangenheit von den Beteiligten behindert worden sei.
Nach Lugar ergriff Werner Kogler (G) das Wort, der lobte, der Eurofighter-U-Ausschuss sei der erste U-Ausschuss,
bei dem das ganze Parlament hinter der Aufklärung stehe. Kogler sprach von einer "Sternstunde für
den Parlamentarismus". Gleichfalls kritisierte Kogler aber, dass die Justiz in den großen Skandalfällen
der vergangenen Jahre kein Verbündeter der Aufklärer gewesen sei, sondern die Justiz immer erst die jahrlange
Aufklärungsarbeit von Außenstehenden aufgegriffen habe.
Parteipolitische Perspektiven ausblenden
Abgeordnete Otto Pendl, der Fraktionsführer der Sozialdemokraten im kommenden U-Ausschuss wird, sagte, die
neue, im Dezember 2014 beschlossene Verfahrensordnung habe einen Paradigmenwechsel für U-Ausschüsse gebracht.
Pendl bedankte sich auch bei Doskozil dafür, dass der Verteidigungsminister mit seiner Anzeige die Initiative
für den kommenden U-Ausschuss ergriffen habe. Und Pendl sprach sich dafür aus, bei der Aufklärung
im Ausschuss "parteipolitische Perspektiven" auszublenden.
Hannes Weninger (S) hoffte in Zukunft auf Transparenz bei Anschaffungen von militärischem Material: "Damit
wir sagen können, wir haben Lehren gezogen." Daniela Holzinger-Vogtenhuber (S) forderte ebenfalls mehr
Transparenz bei zukünftigen Anschaffungen seitens der Republik und sagte, die Kontrolle von Regierung und
Verwaltung sei eine der ureigensten Aufgaben des Parlaments und in diesem Sinn begrüße sie den U-Ausschuss.
Für zukünftige Anschaffungen seitens der Republik forderte sie mehr Transparenz: "Nur Transparenz
bringt beim Kauf ein gutes Ergebnis."
Gabriele Tamandl, Fraktionsführerin der Volkspartei im U-Ausschuss, zeigte sich überzeugt, dass der zweite
Eurofighter-U-Ausschuss eine bessere Qualität haben wird als der erste. "Wir haben neue Aspekte und eine
neue Verfahrensordnung", so Tamandl. Ihre Parteikollegin Michaela Steinacker drückte ihre Hoffnung aus,
dass das Ergebnis des U-Ausschusses für manche nicht schon feststehe, ehe die Untersuchungen begonnen hätten.
Und Steinacker versicherte, ihre Fraktion werde alles tun, um die politische Verantwortung in der Causa Eurofighter
aufzuklären und sie werde sich auch um gute Zusammenarbeit mit der Justiz bemühen.
Korruption strafen
Walter Rosenkranz, Fraktionsführer der FPÖ im U-Ausschuss, verglich den U-Ausschuss mit einem Skirennen
mit zwei Durchgängen: "So wie es bei Skirennen zwei Durchgänge gibt, so haben wir nun auch beim
Eurofighter-U-Ausschuss einen zweiten Durchgang." Jeder, der korrupt gewesen sei, müsse seiner gerechten
Strafe unterzogen werden, merkte Rosenkranz an. Besonderes Aufklärungsinteresse zeigte Rosenkranz für
die Frage, wie und warum der der erste Eurofighter-U-Ausschuss vorzeitig beendet worden sei. Der FPÖ-Abgeordnete
Reinhard Eugen Bösch versicherte überdies, seine Fraktion werde im U-Ausschuss genau zwischen politischer
Aufklärung und kriminellen Aspekten differenzieren und der Ausschuss werde kein "Polit-Theater".
Und Herrmann Brückl (F) vertrat die Meinung, sowohl Regierung als auch Bevölkerung würden vom U-Ausschuss
profitieren: "Wenn im U-Ausschuss Aufklärung stattfinden kann, dann hat er auch einen Sinn."
Leopold Steinbichler vom Team Stronach kritisierte vor allem die hohen Kosten für Ersatzteile im Rahmen der
Eurofighter-Anschaffung. Um seine Kritik zu verdeutlichen, brachte er auch Scheiben und Ringe mit in den Plenarsaal.
"Solche Maschinen könnte man nicht einmal einen Bauern im hintersten Bergtal verkaufen", kritisierte
Steinbichler. Und Christoph Hagen vom Team Stronach vertrat ebenfalls die Linie von Klubobmann Lugar, dass der
Eurofighter-U-Ausschuss an sich richtig sei, der Zeitpunkt aber falsch. "Der Steuerzahler profitiert sicher
nicht vom U-Ausschuss, sondern er zahlt fünf Millionen für seine Abhaltung", so Hagen.
Europäisch organisierte Verteidigung
Abgeordneter Rupert Doppler forderte "lückenlose Aufklärung", denn diese sei wichtig und bedeutend
für den Erfolg eines U-Ausschusses. Gerhard Schmid, der wie Doppler keiner Fraktion angehört, lobte die
Arbeit des aktuellen Verteidigungsministers und sagte, es gelte aufzuklären, wer beim Kauf der Eurofighter
an etwaiger Korruption profitiert habe. Außerdem sei der Verkauf von Kasernen zu überprüfen.
Letzter Redner war NEOS-Klubobmann Matthias Strolz, der den Kampf der NEOS gegen Filz und Korruption betonte, Außenminister
Sebastian Kurz hart kritisierte und die grundsätzliche Entscheidung der Eurofighter-Anschaffung lobte; diese
sei ein Versuch gewesen, Österreichs Verteidigung europäisch zu organisieren. Ex-Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel gebühre für diesen Mut Anerkennung, so Strolz. Heute hingegen herrsche in der ÖVP
"nationaler Populismus statt europäischer Einigung".
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