Ziel: 10% der Bundesbehörden in 10 Jahren sollen in den ländlichen Raum verlagert
werden
München/Wien (bmlfuw) - Im Rahmen eines Arbeitsbesuches bei Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder
präsentierte Bundesminister Andrä Rupprechter am 24.03. eine Dezentralisierungsstrategie von Bundesbehörden
für Österreich, um die ländlichen Regionen zu stärken. Bayern hat es mit seiner Heimatstrategie
vorgezeigt: 26 Behörden und staatliche Einrichtungen mit mehr als 170 Beschäftigten und 170 Studierenden
haben in den ersten beiden Jahren ihren Dienstbetrieb aufgenommen. In den nächsten fünf bis zehn Jahren
sollen insgesamt über 50 Behörden und staatliche Einrichtungen in den ländlichen Raum verlagert
werden. Anders ist die Situation aktuell in Österreich: Hier befinden sich momentan 64 von 68 Behörden
(95%) in der Bundeshauptstadt Wien. Damit ist Österreich trotz seines Bekenntnisses zum Föderalismus
in der Verwaltung äußerst zentralistisch aufgestellt. Bundesminister Andrä Rupprechter will nach
bayrischem Vorbild gegensteuern.
Abwanderung von gut ausgebildeten Menschen muss entgegen gewirkt werden – Verwaltung hat Vorbildfunktion
Der ländliche Raum verliert lt. österreichischer Erwerbsstatistik jährlich über 5.000 gut ausgebildete
Personen an den Großraum Wien. Das entspricht in den nächsten 10 Jahren einem Brain-Drift von über
50.000 Menschen. Diese fehlen natürlich in den Bundesländern. „Dieser Entwicklung müssen und wollen
wir entgegenwirken und als Vorbild voran gehen. Meine Zielsetzung ist es in den nächsten 10 Jahren 10% der
Bundesbehörden in die Regionen zu verlegen. Das sind ca. 3.500 Dienstposten“, erklärt Rupprechter
Kompetenzregionen im ländlichen Raum für Arbeitsplätze und Wachstum
Mit der Verlagerung der Behörden will Bundesminister Rupprechter vor allem durch Dezentralisierung der Leitungsfunktionen
Kompetenzen und qualifizierte Arbeitsplätze in die Bundesländer zurück bringen. „Es kann nicht sein,
dass jeder, der Karriere machen will, in den Zentralraum ziehen muss“, so Rupprechter. Mit einem klaren Standortkonzept
von Verwaltungseinrichtungen sollen zudem Kompetenzregionen entstehen. „Damit wollen wir klare Schwerpunkte schaffen.
In meinem Ressortbereich planen wir eine Kompetenzregion rund um die landwirtschaftliche Lehranstalt Rotholz in
Tirol. Wir werden ein Forschungs- und Entwicklungszentrum für Ernährung, Lebensmittel und Biotechnologie
schaffen. Neben der höheren landwirtschaftlichen Fachschule, der Bundesanstalt für alpenländische
Milchwirtschaft sollen sich auch Start-ups und Unternehmen aus diesem Bereich ansiedeln. Damit werden neue Arbeitsplätze
geschaffen und der ländliche Raum wirtschaftlich belebt. Dezentralisierung ist somit auch ein Inkubator für
wirtschaftliche Entwicklung“, ist Rupprechter überzeugt.
Staatsminister Söder bestätigt die positiven Effekte von Behördenverlagerungen: „Unser Heimatministerium
und unsere Heimatstrategie sind ein voller Erfolg und Exportschlager. In Deutschland soll auch auf Bundesebene
ein Heimatministerium nach bayerischem Vorbild entstehen. Wir wollen kein Bayern der zwei Geschwindigkeiten und
stärken daher bewusst den ländlichen Raum. Durch die Verlagerung von über 3.000 Arbeits- und Studienplätzen
aus den Ballungszentren heraus, schaffen wir attraktive Arbeitsplätze in ganz Bayern. Das gibt insbesondere
jungen Menschen und Familien die Möglichkeit, in ihrer Heimat leben und arbeiten zu können. Der ländliche
Raum ist die Seele Bayerns.“
Bayern setzt bei seiner Regionalisierungsstrategie auf Sozialverträglichkeit. Es gibt keine Zwangsversetzung
an die neuen Zielorte. Der Personalaufbau erfolgt überwiegend durch Neueinstellungen von Beschäftigten
aus der Region und unter Berücksichtigung der vorliegenden Versetzungswünsche. Die altersbedingte Fluktuation
unterstützt den Verlagerungsprozess.
Pensionierungswelle von über 55.000 Beamten als Chance
Bundesminister Rupprechter ist sich der großen Sensibilität des Themas bewusst. „Dezentralisierung findet
nicht am Papier statt. Es geht um Menschen und deren Lebensumstände. Deshalb muss jeder Schritt mit Behutsamkeit
und in enger Abstimmung mit den Mitarbeitern geplant und umgesetzt werden“ so der Bundesminister. „Die nächsten
Jahre bieten eine einmalige Chance, das Vorhaben umzusetzen. Bis ins Jahr 2024 werden 55.000 Personen oder rund
42% des gesamten Personals in der öffentlichen Verwaltung in Pension gehen. Das ermöglicht es, neue Mitarbeiter
verstärkt in den Regionen aufzunehmen.“
8 Punkte Plan für eine Dezentralisierungsstrategie
In einer vom BMLFUW in Auftrag gegebenen Studie hat sich das Institut für Föderalismus mit den Effekten
der Dezentralisierung auseinandergesetzt und Handlungsempfehlungen für die Dezentralisierung entwickelt.
Studienautor Prof. Peter Bußjäger empfiehlt einen 8 Punkte Plan der Behördendezentralisierung:
Herstellung eines politischen Konsens
Festlegung einer Zielmarke
Erhebung der Kontakte aller Bundesdienststellen
Erstellen eines mittelfristigen Dezentralisierungskonzeptes
Verwaltung einbinden
Pilotprojekte durchführen
Neue Einrichtungen in der Planung dezentral ansiedeln
Durchführung der Dezentralisierung nach faktischen Verhältnissen
BMLFUW geht mit gutem Beispiel voran
Bundesminister Rupprechter möchte in seinem Ressort mit gutem Beispiel vorangehen. Erst im Vorjahr wurde das
Bundesamt für Wasserwirtschaft in Mondsee angesiedelt. Aktuell bereitet das BMLFUW die Verlagerung der Gebietsbauleitungen
Niederösterreich/Wien/Burgenland der Wildbach- und Lawinenverbauung in enger Abstimmung mit der Personalvertretung
nach Niederösterreich vor. Eine Verlagerung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen von Wien in die Alpen
nach Tirol, wo es thematisch besser angesiedelt ist, ist ebenfalls geplant. „Es gibt noch viele andere Beispiele
aus anderen Ministerien und Einrichtungen. Hier braucht es eine Gesamtstrategie der Bundesregierung, die im Masterplan
für den Ländlichen Raum als Teil des Regierungsprogramms verankert werden soll“, schließt Rupprechter.
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