Unterrichtsausschuss vertagt Oppositionsanträge u.a. zu Chancenindex und Ausbau der Gesamtschul-Modellregionen
Wien (pk) - Während sich das von der Regierung vergangene Woche präsentierte Schulautonomiepaket
noch bis 20. April in Begutachtung befindet, steckten die Oppositionsfraktionen am 23. März im Unterrichtsausschuss
des Nationalrats ihre bildungspolitischen Forderungen ab. Schmerzlich vermissen die Grünen im Paket etwa eine
Ausweitung der Modellregionen für Gesamtschulen. Der Vorstoß der Grünen ließ die Regierungsfraktionen
im Ausschuss vorerst unbeeindruckt, der Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP genauso in die Warteschleife
geschickt wie alle anderen Oppositionsanliegen, die auf der Tagesordnung des Unterrichtsausschusses standen. Vertagt
wurde ebenfalls eine Bürgerinitiative, die sich für ein Unterstufenrealgymnasium in Hermagor stark macht.
NEOS: Parteipolitik raus aus der Schule
Druck machten die NEOS im Ausschuss erneut gegen Parteipolitik in der Schulverwaltung, etwa, wenn es um die Neubesetzung
von SchulleiterInnen geht ( 1936/A(E)). "Wir müssen das Parteibuch aus dem Bildungssystem rausbringen",
forderte NEOS-Klubobmann Matthias Strolz. Das wird Bildungsministern Sonja Hammerschmid zufolge mit dem Autonomiepaket
auch passieren. Politische Besetzungen und amtsführende PräsidentInnen, die aktuell ohne Zutun ihres
Ressorts von den Landeshauptleuten bestellt werden, seien nach Umsetzung des Pakets Geschichte. Beispielweise sollen
die Landesschulräte zu Bildungsdirektionen umfunktioniert werden, die nach Auswahlkriterien besetzt werden.
Ausschreibungen sind außerdem bei Bestellungen von SchulleiterInnen geplant. Hier soll es noch zusätzlich
ein Assessment bzw. Personalauswahlverfahren geben, auf deren Grundlage eine Kommission entscheiden soll. Damit
sei ein großes Stück Neutralisierung im Bestellungsprozess gesichert, so Hammerschmid.
Seitens der SPÖ zeigte sich Marianne Gusenbauer-Jäger zuversichtlich, dass das Autonomiepaket die Einflussnahme
der Politik in der Schulverwaltung zurückschrauben wird. Strolz wiederum zweifelt daran, dass sich durch die
Bildungsreform ein Ende der Machtpolitik in den heimischen Schulen zeigen wird.
Ein Beispiel für zu viel Politik in den Schulen ist für NEOS und Grüne der nach einer Intervention
eines FPÖ-Abgeordneten abgebrochene Extremismus-Vortrag an einer Linzer Schule. Krasse Unterschiede in der
Auslegung des Vorfalls in Oberösterreich zeigten sich dabei insbesondere zwischen der FPÖ und den Grünen.
Geht es nach Harald Walser (G), hat ein FPÖ-Abgeordneter den Direktor der Linzer Schule gezwungen, den Vortrag
abbrechen zu lassen. Walter Rosenkranz' (F) Sicht der Dinge ist wiederum, dass es sich beim Vortragenden um einen
Grünen Aktivisten gehandelt hat. Außerdem könnten auch unter dem Deckmantel der Wissenschaft parteipolitisch
tendenziöse Informationen verbreitet werden. Hinzu kommt für Rosenkranz, dass der betroffene FPÖ-Abgeordnete
im Elternverein der Schule tätig ist.
Unter Protest der Opposition vertagt wurde eine Entschließung der NEOS, in denen sie sich laut eigenen Aussagen
sehr viel Mühe gemacht haben. Darin haben die Pinken nämlich Ideen des von Bundeskanzler Christian Kern
vorgestellten Plan A übernommen und Buchstabe für Buchstabe in einen Entschließungsantrag gegossen,
wie Strolz im Ausschuss erklärte. Demnach lauten die Forderungen auf mehr Budget für die Volksschulen,
die Einführung eines Chancenindexklare und die Aufwertung des Lehrerberufs. In die Warteschleife geschickt
wurde die Entschließung von den Abgeordneten der SPÖ und ÖVP. "Die Opposition will, die Regierung
vertagt", kritisierte Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar, der ähnlich wie Harald Walser von den Grünen
nicht verstand, warum einer auf Regierungsideen basierende Entschließung nicht zugestimmt wird ( 1973/A(E)).
Kein Glück hatten die NEOS außerdem mit ihrer Forderung, die Rahmenbedingungen für die Gründung
neuer Schulen in rechtlicher, organisatorischer und finanzieller Hinsicht zu verbessern ( 1913/A(E)). Konkrete
Forderungen sind etwa ein One-Stop-Shop für alle notwendigen Behördengänge, ein bundesweites Schulbaurecht
oder schnellere Zuerkennung von Öffentlichkeitsrecht bzw. Genehmigung des Schulstatus. Den Grünen geht
die Forderung zu weit. Das Hauptaugenmerkt der Politik sollte sich auf das öffentliche Schulwesen konzentrieren,
meinte Walser, außerdem würde die Schaffung eines neuen One-Stop-Shops zusätzliche Bürokratie
bedeuten.
Überdies stoßen sich die NEOS am zweigeteilten Beurteilungssystem in Neuen Mittelschulen (NMS), wonach
die SchülerInnen abhängig von ihren Leistungen nach vertieften bzw. grundlegenden Bildungszielen eingestuft
werden, aber grundsätzlich nur mit einer vertieften Benotung nach Abschluss der Schulpflicht in eine AHS oder
BHS wechseln können. Abhilfe würde eine bundeseinheitliche Bewertung der Mittleren Reife zum Ende der
achten Schulstufe schaffen, meinte Claudia Gamon (N) ( 1089/A(E)). Brigitte Jank (V) zufolge sollte die Evaluation
des NMS-Beurteilungssystems im Schuljahr 2017/2018 abgeschlossen sein, SPÖ und ÖVP wollen die Ergebnisse
abwarten.
Grüne und NEOS pochen auf Chancenindex für Schulfinanzierung
Grüne ( 2057/A(E)) und NEOS ( 1772/A(E)) machten im Unterrichtausschuss außerdem Druck, den sogenannten
Chancenindex zur Schulfinanzierung einzuführen. Das 2016 von der Arbeiterkammer präsentierte Modell einer
bedarfsgerechten Finanzierung von Schulen unter dem Motto "Bildung gerecht finanzieren" sei für
die Grünen präzise und praktikabel, machte Harald Walser für seine Fraktion geltend. Das Modell
habe nicht zu viele Indikatoren, enthalte aber die wichtige Punkte wie der Bildungsstand der Eltern oder, welche
Sprache Zuhause gesprochen wird.
Aus Sicht von NEOS-Bildungssprecher Matthias Strolz hindert derzeit eine Unzahl von gesetzlichen Regelungen die
Schulen daran, schnell und treffsicher Ressourcen zur Förderung der SchülerInnen einzusetzen. Konkret
bei der Integration zugewanderter Kinder und Jugendlicher sei die Bürokratie ein Hindernis, das auch durch
die nun lancierten Sprachstartgruppen nicht kleiner werde. Als Lösung schlägt Strolz eine sozialindexierte
Mittelverteilung an Schulstandorte für autonom verwaltete Integrationsbudgets vor, was auch auf Zustimmung
von den Grünen trifft. Strolz begrüßt zwar, dass der Integrationstopf 2018 erneut mit 80 Mio. €
gefüllt wird, er wünscht sich aber mehr Planungssicherheit für die Schulen durch längerfristige
Zusicherungen der Mittel.
Dass die Koalition plant, Mittel nicht mehr nur nach der Anzahl von SchülerInnen zu vergeben, bestätigte
Daniela Holzinger-Vogtenhuber (S). Im Regierungsentwurf zur Schulautonomie seien bereits Indikatoren wie regionale
Bedürfnisse enthalten.
Geht es um die von den Grünen geforderte Ausweitung der Gesamtschul-Modellregionen ( 2058/A(E)), will die
Regierung Ergebnisse der aktuell daran arbeitenden Expertengruppe abwarten.
Bürgerinitiative fordert Unterstufenrealgymnasium in Hermagor
Auf eine mögliche Lösung könnte die Bürgerinitiative zur Einrichtung eines Unterstufenrealgymnasiums
in Hermagor 55/BI hoffen. Brigitte Jank (V) zufolge wird ein bereits verworfener Vorschlag vom Landesschulrat Kärnten
aus dem Jahr 2015 neu überdacht. Möglich ist demnach, eine AHS-Unterstufe mit allen Neuen Mittelschulen
im Bezirk zu verbinden. Vorerst wurde das Bürgeranliegen vertagt.
FPÖ: Deutsch auch in den Schulpausen
Die Opposition ist sich darin einig, dass mehr für die Integration an Österreichs Schulen unternommen
werden muss, wenn auch mit diametral auseinandergehenden Stoßrichtungen. Das veranschaulichte sich zumindest
an einer hitzigen Ausschussdiskussion, die nahe am Ordnungsruf geführt wurde.
So wünscht sich etwa die FPÖ eine rechtliche Verankerung von Deutsch als Schulsprache ( 1871/A(E)). Fremdsprachige
schulpflichtige Kinder sollten zum schnelleren Erwerb der deutschen Sprache an der Schule auch in den Pausen nur
Deutsch sprechen, so Wendelin Mölzer (F) im Ausschuss. Grundvoraussetzung für den Regelunterricht sind
für die Freiheitlichen außerdem ausreichende Deutschkenntnisse, um dem Unterricht folgen zu können.
Sie wollen daher eigene Klassen für SchülerInnen mit mangelnden Deutschkenntnissen einführen ( 2040/A(E)).
Das würde heißen, dass SchülerInnen mit mangelnden Deutschkenntnissen solange in eigenen Klassen
unterrichtet werden, bis sie ausreichende Fähigkeiten in der Unterrichtssprache besitzen. Laut Daten der Statistik
Austria sprechen 24% der SchülerInnen in Österreich nicht Deutsch als Umgangssprache, erläuterte
Mölzer.
Für die Grünen entsprechen die FPÖ-Forderungen nicht dem gesunden Menschenverstand, zumal eine Deutschpflicht
in der Pause nicht administrierbar sei, machte Harald Walser (G) geltend. Ähnlich sah das auch Katharina Kucharowits
(S), die sich in Hinblick auf Menschen- und Kinderrechte klar gegen Sprachklassen ausspricht. Für Robert Lugar
(T) hingegen sind Vorkenntnisse in der Unterrichtssprache erforderlich, um dem Unterricht folgen zu können.
Aufhorchen ließ der Team Stronach-Klubobmann im Ausschuss außerdem mit der Aussage, wonach Schulkinder
mit mangelnden Deutschkenntnissen eine "sprachliche Behinderung" hätten.
Team Stronach fordert valide Zahlen zu Bildungsstand von AsylwerberInnen
Das Team Stronach will zudem den Bildungsstand von jugendlichen AsylwerberInnen erfassen lassen. Im Rahmen der
Bildungsdokumentation werde nicht festgehalten, welchen aufenthaltsrechtlichen Status die SchülerInnen haben,
bemängelt die Oppositionsfraktion. Die Einschätzungen über den Bildungsstand von Flüchtlingen
würden variieren, meinte Lugar. Demnach fordert er von der Bildungsministerin, festzustellen, wie viele Flüchtlingskinder
welchen Schultyp besuchen, wie lange sie in der Schule bleiben und welchen Abschluss sie erreichen ( 1951/A(E)).
Die Vertagung der drei Anträge durch SPÖ und ÖVP wurde damit begründet, dass alle angesprochenen
Punkte aktuell bearbeitet werden.
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