Graz (universität) - Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind rund 1,9 Milliarden Menschen weltweit
übergewichtig. 75 Prozent von ihnen leiden unter einer nicht-alkoholischen Fettleber, 400 Millionen haben
Typ-II-Diabetes. Neben den psychosozialen Auswirkungen von Fettleibigkeit führen vor allem deren Folgeerkrankungen
zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität und -dauer. WissenschafterInnen der Karl-Franzens-Universität
Graz und der TU Graz haben nun einen Wirkstoff entwickelt, der Fettleibigkeit reduziert und Typ-II-Diabetes sowie
nicht-alkoholische Fettleber verhindern kann. Die Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppen von Univ.-Prof. Dr. Rudolf
Zechner, Assoz.-Prof. Dr. Robert Zimmermann, beide Uni Graz, und Univ.-Prof. Dr. Rolf Breinbauer von der TU Graz
wurden im renommierten Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.
Einer der Hauptgründe für die Entstehung von stoffwechselbedingten Erkrankungen, die mit Adipositas in
Verbindung gebracht werden, ist ein erhöhter Fettsäurespiegel im Blut. Diese Lipide werden durch die
Aktivität eines Enzyms namens Adipose Triglyceride Lipase, kurz ATGL, aus dem gespeicherten Fett des Fettgewebes
freigesetzt. „Bei Übergewicht verhindern übermäßig ins Blut freigesetzte Fettsäuren die
Aufnahme von Glucose in den Muskel und ins Fettgewebe. Es entsteht eine sogenannte Insulinresistenz, einer Vorstufe
von Typ-II-Diabetes“, erklärt Priv. Doz. Dr. Martina Schweiger, Erst- und korrespondierende Autorin der Publikation.
Außerdem kommt es zum erhöhten Einstrom von Fettsäuren in Gewebe, dessen primäre Funktion
nicht die Speicherung von Lipiden darstellt – etwa in die Leber. Durch die Anhäufung von Triglyzeriden in
diesem Organ wird seine Funktion gestört, die Konsequenz ist eine nicht-alkoholische Fettleber.
„Da die ATGL die Menge an freigesetzten Fettsäuren ins Blut bestimmt, haben wir uns vorgenommen, dieses Enzym
zu inhibieren, um die metabolischen Folgen von Übergewicht zu behandeln“, so Schweiger. Bereits 2013 gelang
es den Arbeitsgruppen von Zimmermann und Breinbauer, ein Molekül mit dem Namen Atglistatin zu synthetisieren,
das die Aktivität der ATGL unterbindet. In ihrer neuen Studie charakterisierten die ForscherInnen jetzt die
Wirkung dieses Hemmstoffes Atglistatin im Tiermodell. „Durch das Ausschalten der ATGL konnten wir die Insulinresistenz
und die Entstehung der nicht-alkoholischen Fettleber vollständig verhindern. Außerdem kam es zu einer
Gewichtsreduktion trotz fettreicher Nahrung“, schildert Schweiger. Entscheidend war die Erkenntnis, dass ATGL nicht
komplett unterbunden werden darf. „Hemmt man ATGL vollständig, führt das zwar ebenso zu einer Verbesserung
der Adipositas und der Insulinresistenz, jedoch kommt es zu einer Verfettung des Herzens, die tödlich enden
kann“, unterstreicht die Forscherin. Eine vorübergehende Hemmung hat jedoch keinerlei schädliche Nebenwirkungen.
„Durch Aufnahme des Wirkstoffes Atglistatin ist das Enzym für sechs Stunden abgestellt. Nach dieser Zeit baut
der Körper den Hemmstoff auf natürlichem Weg ab. Danach nimmt ATGL seine Arbeit wieder auf“, erklärt
Schweiger.
Die Publikation ist ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Kooperation der Karl-Franzens-Universität
Graz und der TU Graz in den Naturwissenschaften, NAWI Graz.
Publikation: M. Schweiger, M. Romauch,
R. Schreiber, G. Grabner, S.Hütter, P. Kotzbeck, P. Benedikt, T. Eichmann, S.Yamada, O.Knittelfelder, C.Diwoky,
C.Doler, N. Mayer, W. De Cecco, R. Breinbauer, R. Zimmermann, & R. Zechner : Pharmacological Inhibition of
Adipose Triglyceride Lipase Corrects High-Fat Diet-induced Insulin Resistance and Hepatosteatosis in Mice. DOI:
10.1038/NCOMMS14859
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