Verfassungsausschuss gibt grünes Licht
 für vereinfachte Firmengründung

 

erstellt am
21. 03. 17
13:00 MEZ

Deregulierungsgesetz 2017 bringt Bürokratieabbau und forciert elektronischen Behördenverkehr
Wien (pk) - Weniger Bürokratie für Unternehmen und BürgerInnen, vereinfachte Verwaltungsabläufe und mehr elektronische Kommunikation mit den Behörden. Das sind die Eckpunkte des Deregulierungsgesetzes 2017, das am 20.03. vom Verfassungsausschuss des Nationalrats mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen wurde. Das umfangreiche Gesetzespaket bringt unter anderem die Möglichkeit, Unternehmen mittels Bürgerkarte bzw. Handysignatur zu gründen. Außerdem wird ein Rechtsanspruch auf elektronischen Behördenverkehr sowie eine Pflicht für Unternehmen zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verankert. Insgesamt werden mit der Sammelnovelle 25 Gesetze geändert, es umfasst die Bereiche E-Government, Finanzen, Wirtschaftsrecht, Arbeit, Verkehr und Gesundheit.

Teile des Gesetzespakets ( 1457 d.B.) werden auch von der Opposition begrüßt. FPÖ, NEOS und Grüne machten bei den Beratungen aber auch etliche Bedenken geltend. So sieht Grün-Abgeordnete Sigrid Maurer in Bezug auf die verpflichtende Teilnahme von Unternehmen an der elektronischen Zustellung viele Fragen offen. FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan bezweifelt, dass die vereinfachte Firmengründung in der vorgesehenen Form zweckmäßig ist. Gerald Loacker (N) gehen die geplanten Erleichterungen hingegen zu wenig weit. Generell kritisierte die Opposition die Vermischung unterschiedlichster Materien in einer Sammelnovelle, nicht einmal alle zuständigen Minister stünden dem Verfassungsausschuss zur Verfügung, bemängelte Maurer. Das Team Stronach hatte den Ausschuss bereits bei der Debatte über das Verwaltungsreformgesetz des Umweltministeriums verlassen und blieb der Sitzung aus Protest weiter fern.

Diskutiert wurde das Gesetzespaket in drei Blöcken: Abwechselnd standen Kanzleramtsminister Thomas Drozda, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Sozialminister Alois Stöger den Abgeordneten für Fragen zur Verfügung.

Bei der Abstimmung berücksichtigt wurden auch zwei Abänderungsanträge. Ein dritter, der insbesondere Erleichterungen bei der Verwendung der Bürgerkarte in der Privatwirtschaft vorsieht, soll im Zuge der Zweiten Lesung des Gesetzespakets im Nationalrat folgen. Er wurde heute zunächst eingebracht, dann aus formalen Gründen jedoch wieder zurückgezogen. Bereits fixiert hat der Ausschuss, dass die vereinfachte GmbH-Gründung erst ab 2018 möglich sein wird. Überdies werden die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen vorerst auf drei Jahre befristet.

In Form einer mit SP-VP-FP-G-Mehrheit angenommenen Entschließung drängen die Abgeordneten darauf, die bereits begonnenen Arbeiten zur elektronischen Prüfung und Vergabe von Steuernummern (UID) zügig abzuschließen. Justizminister Wolfgang Brandstetter wird ersucht, die Zweckmäßigkeit der Eintragung von Standard-GmbHs unmittelbar durch Notare zu prüfen.

Den Verfassungsausschuss passiert hat außerdem ein Grundsatzgesetz zur generellen Verringerung bürokratischer Lasten für Unternehmen und BürgerInnen: Durch mehr befristete Gesetze, eine systematische Durchforstung gesetzlicher Bestimmungen auf ihre Notwendigkeit und eine präzise Umsetzung von EU-Vorgaben ohne darüber hinausgehende Regelungen wollen die Regierungsparteien die Zahl der gesetzlichen Vorschriften insgesamt reduzieren. Diesem Gesetz stimmte auch die FPÖ zu, während sich Grüne und NEOS skeptisch zeigten. Eine Satirezeitschrift hätte das Gesetz nicht besser formulieren können, bezweifelte etwa Gerald Loacker (N) die Wirksamkeit der Regelungen. Die Grünen fürchten, dass befristete Bestimmungen zu Rechtsunsicherheit führen und den Sozialstaat untergraben könnten.

Vereinfachte Firmengründung mit Bürgerkarte oder Handysignatur ab 2018
Gemäß den neuen Bestimmungen können künftig sowohl Einzelunternehmen als auch Standard-GmbHs mit Mustersatzung und nur einem einzigen Gesellschafter und Geschäftsführer unter Verwendung der elektronischen Signatur (Bürgerkarte, Handysignatur) über das Unternehmensserviceportal gegründet werden. Die Beiziehung eines Notars bei GmbH-Gründungen ist nicht mehr zwingend erforderlich. Damit wollen die Regierungsparteien den Gründungsprozess beschleunigen und verbilligen. Um Geldwäsche, Sozialbetrug und anderen Formen von Wirtschaftskriminalität vorzubeugen, ist für GmbH-GründerInnen allerdings eine physische Identifizierung im Zuge der bar zu leistenden Stammeinlage durch die Banken vorgesehen.

Auch alle weiteren Schritte im Gründungsprozess wie etwa die Inanspruchnahme der Neugründungs-Förderung sollen in Hinkunft elektronisch über das USP erfolgen können. Wer bei der Firmengründung dennoch auf einen Notar zurückgreift, wird in Standardfällen einen deutlich geringeren Tarif zahlen müssen. Laut Erläuterungen zum Gesetzentwurf sind rund 38% der ca. 10.000 jährlichen GmbH-Gründungen Standard-Gründungen.

Die Verschiebung des Inkrafttretens der Novelle zum GmbH-Gesetz vom 1. Juli 2017 auf 1. Jänner 2018 wird von den Koalitionsparteien damit begründet, dass es ausreichend Zeit für notwendige technische und legistische Vorkehrungen braucht. Außerdem sollen die neuen Bestimmungen im Sinne der angestrebten Befristung neuer Gesetzen vorerst nur bis Ende 2020 gelten. Von der vom Finanzministerium geplanten automationsunterstützten Prüfung und Vergabe von UID-Nummern erwarten sich die Abgeordneten eine beschleunigte Gründung von als risikolos eingestuften Unternehmen.

Opposition ist gespalten
Grundsätzlich begrüßt wurde dieser Teil des Gesetzes auch den Grünen und den NEOS. Abgeordnetem Gerald Loacker (N) gehen die Bestimmungen allerdings zu wenig weit. Man hätte etwa, was bereits bestehende Unternehmen betrifft, durchaus großzügiger sein können, sagte er. Sigrid Maurer (G) hinterfragte, warum die Erleichterungen nur für Ein-Personen-GesmbHs gelten und die Regelung überdies auf drei Jahre befristet ist.

Ablehnend äußerte sich hingegen Harald Stefan (F). Die FPÖ sei grundsätzlich für eine Beschleunigung von Unternehmensgründungen, die gewählte Vorgangsweise sei aber nicht sinnvoll, sagte er. Seiner Meinung nach ist es zweckmäßig, zu Firmengründungen einen Notar beizuziehen, um Qualität zu gewährleisten und Fehler, etwa bei der Wahl des Firmenwortlauts, zu vermeiden. Zudem widerspreche die Novelle den allgemeinen Bemühungen, Geldwäsche und andere kriminelle Taten wie Steuer- und Sozialbetrug zu vermeiden. Ausdrücklich begrüßt wurde von ihm die vorgesehene Evaluierung durch Justizminister Brandstetter.

Seitens der ÖVP gab Michaela Steinacker zu bedenken, dass die Digitalisierung im elektronischen Rechtsverkehr nicht aufzuhalten sei. In diesem Sinn wertete sie die Novelle zum GmbH-Gesetz als Schritt in die richtige Richtung. Man müsse das Projekt zudem als Pilotprojekt sehen, durch die Befristung könne geprüft werden, ob die Rechtssicherheit durch die neuen Erleichterungen gelitten habe. Große Nachteile für Notare erwartet Steinacker nicht, diese könnten weiter mit ihren Leistungen punkten und einen One-Stop-Shop anbieten. Auch bei der Firmenwortlautüberprüfung rechnet sie nicht mit Problemen.

Laut SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter wird zwar nur ein kleiner Schritt gesetzt, er sieht darin aber ein gutes und vernünftiges Signal und geht von weitergehenden Schritte in Folge aus. Von einem guten Kompromiss sprach Justizminister Wolfgang Brandstetter. Er sei selbst anfänglich skeptisch gewesen, es seien aber ausreichende Präventionsmaßnahmen vorgesehen, um Kriminalität vorzubeugen.

Unternehmen müssen künftig an elektronischer Zustellung teilnehmen
Umstritten ist auch die ab 2020 geltende Pflicht für Unternehmen, am System der elektronischen Zustellung gerichtlicher und behördlicher Schriftstücke teilzunehmen. Nur wer über keinen Internetanschluss bzw. notwendige technische Voraussetzungen verfügt, ist davon ausgenommen. Außerdem können sich Kleinstunternehmen, die aufgrund des Unterschreitens der Umsatzgrenze nicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind, per Widerspruch ausklammern. Der Zugang zu allen eingegangenen elektronischen Behördendokumenten soll über ein einheitliches - in das Unternehmensserviceportal (USP) eingebundenes – Anzeigemodul erfolgen, unabhängig vom Absender und der Dokumentenart. BürgerInnen, die an der elektronischen Zustellung teilnehmen, erhalten über das Bürgerserviceportal Help.gv.at Zugang zum Anzeigemodul.

Anders als derzeit wird es bei einer elektronischen Zustellung auch keine dritte – postalische – Verständigung mittels "gelbem Zettel" im Briefkasten mehr geben. Dafür wird die elektronische "Abholung" nicht-nachweislicher Dokumente auch ohne Bürgerkarte ermöglicht.

Mit dem vorläufig zurückgezogenen Abänderungsantrag sind außerdem Erleichterungen für Unternehmen in Aussicht genommen, die die Bürgerkarte bzw. die Handysignatur zur Identitätsfeststellung von Kunden verwenden wollen. Wer eine bürgerkartentaugliche Umgebung einsetzt, kann künftig vom Innenministerium als Stammzahlenregisterbehörde bereichsspezifische Personenkennzeichen (bPK bzw. verschlüsselte bPK) anfordern, wobei dafür per Verordnung ein Kostenersatz vorsehen werden kann.

FPÖ und Grüne sehen Pflicht zur Teilnahme an elektronischer Zustellung skeptisch
Skeptisch zeigten sich in der Debatte FPÖ und Grüne. Abgeordnete Maurer (G) erwartet sich Probleme beim Rechtsschutz, da, im Gegensatz zu eingeschriebenen Briefen, nicht geprüft werde, ob ein elektronisch übermitteltes Schriftstück auch tatsächlich vom Empfänger entgegengenommen wurde. Vielmehr gelte es als am ersten Tag der Übermittlung zugestellt. Wenig hält sie außerdem davon, Unternehmen bereichsspezifische Personenkennzeichen zu übermitteln. Private Unternehmen würden ohnehin schon jetzt zu viele Daten von Kunden sammeln, es sei nicht zielführend, diese "Datensammlerei" auch noch staatlich zu unterstützen.

Den Aspekt der Datensicherheit hob Harald Stefan (F) hervor. Die Kommunikation zwischen Behörden und BürgerInnen müsse sicher sein, mahnte er. Bei der Handysignatur seien aber alle Schlüssel in privater Hand. Stefan gab überdies zu bedenken, dass der elektronische Rechtsverkehr mit den Gerichten bereits gut funktioniere. Durch die elektronische Zustellung über das Unternehmensserviceportal fürchtet er einen zusätzlichen Aufwand und trat in diesem Sinn für eine Opting-out-Möglichkeit ein.

Gerald Loacker (N) wollte die Bedenken gegen die elektronische Zustellung hingegen nicht teilen. Hier werde ein Problem konstruiert, das es nicht gebe, glaubt er. Generell würde mit der Forcierung des elektronischen Behördenverkehrs ein richtiger Schritt gesetzt.

Gabriele Tamandl (V) hielt fest, dass es auch gegen ähnliche Vorhaben wie die elektronische Umsatzsteuervoranmeldung oder die verpflichtende elektronische Steuererklärung zunächst Widerstände gegeben habe. Mittlerweile würden diese aber auf breite Akzeptanz stoßen. Im Übrigen gebe es auch bei der elektronischen Zustellung Opting-out-Möglichkeiten. Für einen Fortschritt erachtet auch Christoph Matznetter (S) die Forcierung der elektronischen Zustellung.

Insgesamt begrüßt wurde das Deregulierungsgesetz auch von Angela Lueger (S). Sie wies darauf hin, dass Österreich ein Vorreiter in Sachen E-Government sei.

Kanzleramtsminister Thomas Drozda betonte, dass die Teilnahme an der elektronische Zustellung erst ab 2020 verpflichtend sei und die gleichen Bestimmungen über die Rechtswirksamkeit der Abholung gelten wie bei der postalischen Zustellung. Zudem gebe es Ausnahmen für Kleinstunternehmen. Datenschutzrechtliche Bedenken in Bezug auf die Übermittlung von bereichsspezifischen Personenkennzeichen an private Unternehmen hegt er nicht. Jedes Unternehmen bekomme eine eigene Nummer, die sich nicht verknüpfen lasse. Drozda hob zudem hervor, dass Handysignaturen nur von Vertrauensdiensteanbietern unter staatlicher Aufsicht vergeben würden.

Recht auf elektronischen Behördenverkehr ab 2020
Auch das Recht auf elektronischen Verkehr mit Gerichten sowie mit Verwaltungsbehörden im Zuständigkeitsbereich des Bundes wird ab 2020 gelten. Bis dahin haben diese Zeit, etwaige noch fehlende technische und organisatorische Voraussetzungen zu schaffen. Zwar würden viele Services der Behörden bereits jetzt elektronisch angeboten, heißt es dazu in den Erläuterungen, weder gebe es aber ein Recht auf elektronische Kommunikation noch bestehe eine flächendeckende Möglichkeit dazu.

Auflage von Arbeitnehmerschutz-Bestimmungen vor Ort nicht mehr nötig
Eine bürokratische Entlastung für Unternehmen haben die geplanten Änderungen im Arbeitsrecht zum Ziel. Anders als bisher sollen ArbeitgeberInnen nicht mehr verpflichtet sein, alle Gesetze und Verordnungen zum Arbeitnehmerschutz im Betrieb aufzulegen oder elektronisch zur Verfügung stellen. Damit entfällt für rund 200.000 Unternehmen der aufwändige Aktualisierungsaufwand. Ausgenommen sind nur Transportunternehmen und andere Firmen, die LenkerInnen beschäftigen, da hier eine EU-rechtliche Verpflichtung zur Auflage besteht.

Im Mittelpunkt der Debatte zu diesem Teil des Gesetzespakets stand die Tätigkeit der Arbeitsinspektion. Insbesondere Gerald Loacker kritisierte immer wieder vorkommende "Schikanen" gegenüber UnternehmerInnen und nannte als Beispiel eine Strafe wegen wackelnder Armlehnen bei Sesseln. Seiner Ansicht nach könnte bei den Arbeitnehmerschutzbestimmungen ordentlich ausgemistet werden, ohne dass dadurch die Mitarbeitersicherheit beeinträchtigt ist.

Auch Gabriele Tamandl (V) ortet einen gewissen Handlungsbedarf. Man müsse schwarze Schafe strafen, betonte sie, Schikanen seien aber nicht notwendig. In diesem Sinn sprach sie sich für eine Stärkung des Servicecharakters der Arbeitsinspektion aus. Zur aktuellen Debatte über Auflagen für ein Schönheitsinstitut meinte sie, es würde sie interessieren, wer die Betriebsanlage genehmigt hat, wenn diese in vielen Punkten nicht den arbeitsrechtlichen Vorgaben entspreche.

Christoph Matznetter (S) hielt NEOS-Abgeordnetem Loacker entgegen, dass es gewisse Regeln gebe, an die sich alle halten müssten. Es gehe schließlich auch um die Menschenwürde von ArbeitnehmerInnen. Er sieht in der Tätigkeit der Arbeitsinspektion außerdem eine wichtige Hilfestellung für Unternehmen und gab zu bedenken, dass die Erfolge beim Rückgang der Arbeitsunfälle ohne Tätigkeit des Arbeitsinspektorats nicht möglich gewesen wären. Überlegen müsse man sich aber, welche Regelungen noch Sinn machen, hält auch Matznetter gewissen Reformen für notwendig. Gegen eine Aushöhlung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen wandten sich die Grünen.

   

Stöger stellt sich hinter Arbeitsinspektorat
Sozialminister Alois Stöger verwahrte sich gegen Attacken auf den Arbeitnehmerschutz. Er habe großes Interesse an zeitgemäßen und adäquaten Arbeitnehmerschutzregelungen und sei gerne bereit, überschießende Bestimmungen zu ändern. Man müsse aber die "Kirche im Dorf lassen", mahnte er und bekräftigte, dass der Grundsatz Hilfe statt Strafe bereits jetzt gelte. Die Arbeitsinspektion führe jährlich 70.000 Inspektionen durch und zeige dabei 120.000 Missstände und Mängel auf. Nur in 2.000 Fällen komme es überhaupt zu einem Strafantrag, in noch weniger Fällen würde tatsächlich eine Strafe verhängt. Stöger machte zudem geltend, dass auch Unternehmen von Arbeitnehmerschutzregeln profitieren: Sie würden vor "Schund- und Schmutzkonkurrenz" geschützt.

Zum Fall Waxing-Studio könne er wegen seiner Amtsverschwiegenheit nichts sagen, erklärte Stöger. Er gab aber zu bedenken, dass es 8.000 Arztordinationen und 235 Krankenhäuser gebe, die einen Schutz der Intimsphäre gewährleisten und in denen es dennoch ausreichend Räume mit Licht für die MitarbeiterInnen gebe.

Die vorgesehene Abstandnahme von Aushangpflichten begründete Stöger mit dem nunmehr erleichterten Zugang zu Gesetzen über das Internet. Überdies verwies er auf Portale wie Help.gv.at.

Erleichterungen für BürgerInnen bei Wohnsitz- bzw. Namenswechsel
Auch für BürgerInnen bringt das Gesetzespaket diverse Erleichterungen. So muss ein Wohnsitzwechsel künftig nicht mehr dem Finanzamt gemeldet werden, die Daten sollen automatisch zwischen Finanzbehörden und dem Zentralen Melderegister abgeglichen werden. Auch ein neuer Zulassungsschein für das Auto oder ein anderes Kraftfahrzeug wird nicht mehr benötigt, wenn man innerhalb des gleichen Kennzeichen-Bezirks umzieht oder lediglich den Namen wechselt. Die geänderten Daten werden ab Oktober 2017 automatisch von den zuständigen Standes- bzw. Meldebehörden an die Zulassungsevidenz übermittelt und sind dort im Bedarfsfall abrufbar. Im Ausschuss wurden die Bestimmungen noch mittels eines Abänderungsantrags präzisiert, dieser wurde einstimmig angenommen.

Geschaffen wird auch eine rechtliche Grundlage für die Ausstellung so genannter Apostillen in elektronischer Form. Mit derartigen Amtssignaturen wird die Gültigkeit öffentlicher Urkunden ohne volle diplomatische Beglaubigung für die Verwendung im Ausland bestätigt.

ELGA: Datenschutzrechtliche Meldepflichten entfallen
Im Bereich Gesundheit wird es Suchthilfe-Einrichtungen ermöglicht, Drogensubstitute über den Arzneimittel-Großhandel zu beziehen und als Einzeldosen an Drogensüchtige abzugeben. Außerdem soll die datenschutzrechtliche Meldepflicht des Gesundheitsministeriums für alle mit ELGA verbundenen Gesundheitsdiensteanbieter – ÄrztInnen, Apotheken, Krankenanstalten – entfallen. Damit will das Ministerium in den nächsten zwei Jahren rund 650.000 € einsparen.

Bedenken gegen diesen Teil des Gesetzes äußerte die FPÖ: Sowohl Harald Stefan als auch Philipp Schrangl gehen die Befugnisse der Suchthilfe-Einrichtungen zu weit. SPÖ-Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek machte demgegenüber geltend, dass Drogensubstitute weiter nur unter ärztlicher Aufsicht abgegeben werden dürfen und es lediglich Erleichterungen beim Nadelaustausch und beim Bereitstellen von Kochsalzlösungen gebe.

Rohrleitungsgesetz wird an EU-Vorgaben angepasst
Anlass für eine Änderung des Rohrleitungsgesetzes ist ein von der Europäischen Kommission eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen mangelhafter Umsetzung einer EU-Richtlinie über die geologische Speicherung von Kohlendioxid. Mit der Novelle werden Betreiber von Rohrleitungen für Kohlendioxidströme grundsätzlich verpflichtet, Dritten Anschlüsse an das Leitungsnetz zu ermöglichen und über diese Anschlüsse eingeleitetes Kohlendioxid weiterzubefördern. Die Regelungen sind allerdings rein theoretischer Natur, da derzeit kein CO2-Transportnetz auf heimischem Boden existiert und Österreich darüber hinaus vom Recht Gebrauch gemacht hat, die geologische Speicherung von Kohlendioxid auf seinem Hoheitsgebiet zu verbieten.

Belastungen durch neue Gesetze sollen durch Streichung überholter Bestimmungen kompensiert werden
Eckpunkte des Deregulierungsgrundsätzegesetzes ( 1503 d.B.) sind die Einführung einer "One in - one out"-Regelung, eine "Sunset Clause"-Bestimmung sowie erweiterte Vorgaben zur Vermeidung von "Gold Plating".

Schon derzeit gilt der Grundsatz, dass vor Gesetzesänderungen geprüft werden muss, ob das betroffene Gesetz überhaupt notwendig und zeitgemäß ist und ob die angestrebte Wirkung nicht auch auf andere Weise erreicht werden kann. Diese Verpflichtung wird mit dem vorliegenden Entwurf bekräftigt. Außerdem ist ausdrücklich sicherzustellen, dass der bürokratische und finanzielle Aufwand, den neue Regelungen für Unternehmen und BürgerInnen bewirken, gerechtfertigt und adäquat ist. Etwaige unvermeidliche Zusatzbelastungen sollen "nach Tunlichkeit" durch Außerkraftsetzung einer vergleichbar intensiven Regulierung kompensiert werden. Die MinisterInnen müssen sich künftig also gezielt auf die Suche nach Vorgaben begeben, die ersatzweise abgeschafft werden können.

Ausgeweitet wird auch die geltende Bestimmung, wonach bei der Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union darauf zu achten ist, dass die vorgegebenen Standards nicht ohne Grund übererfüllt werden. Demnach soll das Vermeiden von so genanntem "Gold Plating" in Hinkunft für die Umsetzung aller Rechtsakte der Europäischen Union gelten, also etwa auch bei der Erlassung von Begleitregeln für EU-Verordnungen.

Eine Verpflichtung, Gesetze künftig nur noch befristet zu erlassen, enthält der Entwurf nicht. In den Erläuterungen wird darauf aufmerksam gemacht, dass das Instrument der "Sunset Legislation" durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes begrenzt ist. Nach Möglichkeit sollten Rechtsvorschriften jedoch nur noch für einen bestimmten Zeitraum in Geltung treten. Sowohl für befristete als auch für unbefristete Gesetze gilt eine Evaluierungspflicht.

In den Erläuterungen zum Gesetzentwurf wird unter anderem darauf hingewiesen, dass derzeit zwar die Folgekosten von Gesetzen abgeschätzt werden müssen, es aber keine Vorgabe für eine Reduktion der Gesamtlasten durch gesetzliche Bestimmungen gebe. Auch seien keine Konsequenzen aus Evaluierungsergebnissen definiert. In Kraft treten soll das neue Gesetz mit 1. Juli 2017 – vorerst befristet für drei Jahre. Bis Juni 2019 ist eine Evaluierung vorgesehen.

Grüne erachten Ablehnung von "Gold Plating" für fatal
Das Gesetz wurde von der Opposition unterschiedlich beurteilt. Während die FPÖ den neuen Bestimmungen zustimmte, stellten die Grünen deren Sinnhaftigkeit in Frage. So befürchten Christiane Brunner und Georg Willi, dass Österreich in Sachen Umwelt- und Klimaschutz weiter zurückfallen könnte, würde es sich ausschließlich an EU-Standards orientieren. Es wäre ein Schuss ins eigene Knie, würde Österreich maximal Durchschnitt sein wollen, warnte Brunner. Willi gab zu bedenken, dass Österreich nie Europaspitze beim Biolandbau geworden wäre, hätte man den "Gold Plating"-Passus schon früher angewendet. Auch beim Bahnausbau drohe ein Rückfall ins Mittelmaß. Europäische Regeln seien meist hart erkämpfte Kompromisse und der kleinste gemeinsame Nenner, unterstrich Willi, mit der Gold-Plating-Bestimmung agiere Österreich "mutlos, kraftlos und wenig zukunftsorientiert".

Skeptisch stehen die Grünen auch der Befristung von Gesetzen und der "One in - One out"-Regelung gegenüber. Ihn wundere, dass die SPÖ hier mitmache, sagte Willi. Viele Errungenschaften des Sozialstaates hätten mühsam erstritten werden müssen und könnten durch Befristungen wieder in Frage gestellt werden. Er fragt sich außerdem, was passiert wäre, hätte man die Fristenlösung nur befristet eingeführt.

Als "kindisch" und wenig praxistauglich wertete Wolfgang Zinggl die "One in - one out"-Regelung. Er verglich die Bestimmung mit dem Kauf von Schuhen. Wenn man Bergschuhe brauche und sich welche kaufe, sei es unsinnig, dafür das einzige Paar Turnschuhe wegzuschmeißen, veranschaulichte er.

Auf den Arm genommen fühlt sich Gerald Loacker (N). Er gehe davon aus, dass schon bisher nur Gesetzesbestimmungen beschlossen wurden, die man als notwendig erachtet habe, sagte er. Auch werde hoffentlich schon jetzt geprüft, ob der bürokratische Aufwand neuer Bestimmungen angemessen ist. Das Gesetz klinge so, als sei es von einer Satirezeitschrift geschrieben worden, die "Tagespresse" könnte es nicht besser formulieren.

Matznetter sieht Verfechter einer schlanken Gesetzgebung gestärkt
Christoph Matznetter erwartet sich vom Gesetz hingegen sehr wohl eine positive Wirkung. Im Hinblick auf die Vielzahl von gesetzlichen Bestimmungen in Österreich sei es gut, ein bisschen auf die Bremse zu steigen, meinte er. Jene, die eine schlanke Gesetzgebung wollten, würden gestärkt. Das Gesetz sei im Übrigen selbst vorbildlich: Es werde ein altes Gesetz abgeschafft und zudem gelten die Bestimmungen nur befristet.

Ähnlich argumentierte Kanzleramtsminister Drozda. Er sei nicht der Meinung, dass es in Österreich eine zu geringe Regelungsdichte gebe. Zudem sei es vernünftig darüber nachzudenken, ob man bei Umsetzung von Europarecht überschießend vorgehend wolle. Was die Befristung von Gesetzen betrifft, müsse man von Fall zu Fall entscheiden.

Nicht ganz so überzeugt ist Sozialminister Stöger. Er persönlich neige eher dazu, in gewissen Abständen Rechtsbereinigungsgesetze zu beschließen, statt befristete Regelungen vorzusehen. Es sei wichtig, dass es Rechtssicherheit gebe und sich die österreichische Bevölkerung am geltenden Recht orientieren könne. Was das "Gold-Plating" betrifft, entscheide am Ende das Parlament, unterstrich er.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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