Abgeordnete beschwören Willen zu lückenloser Aufklärung und konsensualem Vorgehen
Wien (pk) - Der Eurofighter-Untersuchungsausschuss hat nun auch formal alle parlamentarischen Hürden
genommen. Nachdem im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats am 28.03. keine Einwände gegen das diesbezügliche
Verlangen von FPÖ und Grünen erhoben wurden, konnte Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz Kopf,
der am 29.03. während der Debatte im Plenum den Vorsitz führte, um genau 12.24 Uhr den nunmehr 23. Untersuchungsausschuss
in der Zweiten Republik als eingesetzt erklären. Nach Schluss der Sitzung hat sich der Ausschuss konstituiert.
Im Vorfeld des Ausschusses herrschte unter den Rednerinnen und Rednern Konsens darüber, dass man lückenlos
aufklären und im gemeinsamem Einvernehmen vorgehen wolle. Die neue Verfahrensordnung, mit der man durch den
Hypo-Untersuchungsausschuss bereits Erfahrung gewonnen hat, wird generell als richtig und praktikabel angesehen.
Otto Pendl (S) sprach in diesem Zusammenhang von einem Paradigmenwechsel, der den Untersuchungsausschuss von einem
politischen Ausschuss zu einem Rechtsausschuss gemacht habe. Die Opposition brachte da und dort die Vermutung ins
Spiel, der Ausschuss könnte durch baldige Neuwahlen abgedreht werden, was von der Regierung dezidiert in Abrede
gestellt wurde.
SPÖ und ÖVP hoffen auf sachorientierte Arbeit
"Wir müssen die neue Verfahrensordnung im Geiste und im Interesse des Hauses umsetzen und das Gemeinsame
in den Vordergrund stellen", unterstrich Otto Pendl die Tatsache, dass alle Fraktionen hinter dem Ausschuss
stehen. Er äußerte die Hoffnung, diese Gemeinsamkeit der Fraktionen in die "Alltagsarbeit des Ausschusses
mitzunehmen". Der Nationalrat habe mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses ein Zeichen gesetzt, dass
man die Kontrolle ernst nimmt. Pendl, der seine Fraktion im Ausschuss auch anführen wird, hofft, dass dieser
Weg des Konsens weitergeführt wird, die Arbeit sachorientiert erfolgt und das Klima konstruktiv bleibt. In
diesem Sinne sieht er eine reelle Chance, die Fragen rund um den Beschaffungsvorgang der Eurofighter zu lösen
und die Arbeit des Ausschusses erfolgreich abschließen zu können.
Ähnlich äußerten sich auch Gabriele Tamandl (V) und Bernd Schönegger (V), die ebenfalls die
Notwendigkeit einer sachlichen Aufklärungsarbeit hervorstrichen. Selbstverständlich werde es parteipolitische
Kontroversen geben, sagte Tamandl, die konsensorientierte Vorgangsweise müsse aber immer im Vordergrund stehen.
Es gehe darum, aus den Fehlern, die passiert sind, zu lernen, so Schönegger. Sowohl Tamandl als auch Schönegger
betonten, dass es nicht um persönliche Profilierungen gehe, sondern um politische Verantwortung, die nicht
verjähre. Die neue Verfahrensordnung werde dazu beitragen, dass es weder eine "Polit-Show" noch
"Pilz-Festspiele" geben werde, zeigte sich Tamandl überzeugt. Nachdem der Kauf der Eurofighter sowohl
durch den ersten Untersuchungsausschuss, als auch durch die Rechnungshofkontrolle und schließlich durch die
Taskforce des Verteidigungsministeriums die bestgeprüfte Causa sei, geht Tamandl davon aus, dass man sich
vor allem mit dem Vergleich, den ehemaligen Verteidigungsminister Darabos im Jahr 2007 geschlossen hat, befassen
wird.
FPÖ: keine Angst vor lückenloser Aufklärung
Seitens der FPÖ kam ebenfalls das uneingeschränkte Bekenntnis zur vollen Aufklärung. Die Freiheitlichen
hätten keine Angst davor, hielt Walter Rosenkranz (F) fest. Jene, die bei den Malversationen mitgemacht haben,
seien nicht mehr bei den Freiheitlichen. Die FPÖ werde auch im Fall von vorgezogenen Neuwahlen dafür
sorgen, dass der Untersuchungsausschuss auf jeden Fall weiter geht.
Auch Rosenkranz hielt den Vergleich aus dem Jahr 2007, der ihm zufolge zum Nachteil der Republik abgeschlossen
wurde, für einen wesentlichen Aufklärungspunkt des Ausschusses. Sein Fraktionskollege Reinhard Eugen
Bösch bezeichnete die Anzeige, die Verteidigungsminister Doskozil gegen die Eurofighter-Firmen aufgrund des
Berichts der Taskforce eingebracht hat, als eine neue rechtliche Qualität. Bedenken, der Ausschuss werde parallel
zu den Untersuchungen der Staatsanwaltschaften in München und Wien arbeiten und diese behindern, hält
er für nicht angebracht. Das Parlament kläre die politische Verantwortung, vor allem in Bezug auf unzulässige
Zahlungsflüsse, betonte er. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, dann müsse es zu einer Rückabwicklung
des Kaufs und eine Rückzahlung des Kaufpreises kommen.
Grüne: Konsequenzen aus dem Ausschuss ziehen
Es müsse alles untersucht werden, denn schließlich handle es sich um den größten Korruptionsfall
der Zweiten Republik, konstatierte Peter Pilz (G), der sich von seinen KollegInnen im Ausschuss im Interesse einer
lückenlosen Aufklärung erwartete, dass noch vor dem Sommer viele Termine festgelegt werden. Gleichzeitig
warnte er davor, Parteiinteressen von außen ins Parlament zu tragen und in Neuwahlen zu flüchten.
Es sei zu hinterfragen, weshalb Airbus, Eurofighter und EADS die Republik so leicht täuschen konnten, sagte
Pilz, wer beim Kauf und beim Vergleich verantwortlich waren und inwieweit das bis heute reicht. Für den Grünen
Fraktionsführer im Eurofighter-Ausschuss geht es darum, möglichst viel Geld zurückzuholen, er sprach
von mindestens einer Milliarde Euro. Pilz zeigte sich zufrieden darüber, dass mit der Anzeige wegen Betrugs
erstmals Tatverdächtige von Airbus und Eurofighter vor Gericht stehen. Er selbst kündigte eine Anzeige
wegen Bildung einer kriminellen Organisation durch Airbus und Eurofighter an.
Für seine Klubkollegin Gabriela Moser (G) stehen vor allem auch die Konsequenzen, die man aus dem Ausschuss
ziehen müsse, im Vordergrund. In Erinnerung an den ersten Eurofighter-Untersuchungsausschuss erinnerte sie
an den Minderheitsbericht der Grünen, wo Gesetzesverstöße und Missachtung von Gesetzen aufgelistet
wurden. Moser forderte daher, möglichst schon im kommenden Mai ein Antikorruptionspaket zu schnüren,
damit es nicht mehr vorkommen kann, dass Sollkriterien von Ausschreibungen verschwinden bzw. auftauchen und auf
einmal Musskriterien nicht mehr relevant sind. Es müsse in Hinkunft transparente Vergabekriterien geben, Gegengeschäfte
dürften nicht mehr abgeschlossen und Lobbying müsste bei Militärgeschäften verboten werden.
NEOS: Das dahinterstehende System durchleuchten
Die NEOS wollen den Blick vor allem auf die dahinterstehenden Systeme werfen, die bei vielen Fällen sichtbar
geworden seien, wie Michael Bernhard (N) ausführte. Schaue man sich die Vorkommnisse an, dann stehen ihm zu
Folge dahinter nicht nur die gleichen Systeme sondern auch die gleichen Menschen. Er hält es daher für
dringend geboten, die Lehren daraus zu ziehen.
Team Stronach: Flüchtlingspolitik erfordert Untersuchungsausschuss
Es geht um hart verdientes Steuergeld mit dem sorglos umgegangen wurde, begründeten Leopold Steinbichler (T)
und Christoph Hagen (T) die Notwendigkeit des Ausschusses aus ihrer Sicht. Als eine nicht zu überbietende
Peinlichkeit hält Steinbichler die abgespeckte Variante, durch die gebrauchte aber nicht gebrauchsfähige
Flugzeuge angeschafft wurden. Für die Anschuldigung, die ehemalige Finanzministerin Maria Fekter wisse, wie
man Budgets frisiere, erhielt Steinbichler vom Vorsitzführenden Zweiten Nationalratspräsidenten Kopf
einen Ordnungsruf.
Anders als Peter Pilz betrachtet Christoph Hagen die Anschaffung der Eurofighter nicht als größten Korruptionsfall
der Zweiten Republik. Neben AKH und Zwentendorf stellt seiner Ansicht nach die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung
einen politischen Skandal dar, der nach einem Untersuchungsausschuss rufe. Die Politik des Jahres 2015 mit dem
Durchwinken von Flüchtlingen und ÖBB Transporten habe 2 Mrd. € Kosten verursacht, kritisierte er. Die
nun kommenden Kosten für Familienzusammenführungen würden der Republik nun auf den Kopf fallen,
so Hagen. Der Team Stronach Abgeordnete will zudem die Rolle von NGOs prüfen, denen er zum Teil vorwarf, die
Schlepper in lybischen Gewässern zu unterstützen.
Personelle Zusammensetzung und inhaltlicher Rahmen des Eurofighter-Untersuchungsausschusses
Der Eurofighter-Untersuchungsausschuss setzt sich aus 18 Abgeordneten zusammen: SPÖ und ÖVP sind mit
jeweils fünf MandatarInnen, die FPÖ mit vier und die Grünen mit zwei vertreten. Jeweils einen Abgeordneten
stellen die NEOS und das Team Stronach. Daneben wird es, mit dem gleichen Verteilungsschlüssel, 18 Ersatzmitglieder
geben. Geleitet wird der Untersuchungsausschuss diesmal maßgeblich von Zweitem Nationalratspräsidenten
Karlheinz Kopf. Der Hypo-Untersuchungsausschuss habe gezeigt, wie wichtig eine gewisse Kontinuität bei der
Vorsitzführung ist, hatte gestern Nationalratspräsidentin Doris Bures betont. Je größer der
Gesamtblick über das Ausschussgeschehen ist, desto besser könne der Vorsitz seine Entscheidungen an die
Arbeit des Ausschusses anpassen.
Als Verfahrensrichter wird der frühere Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs Ronald Rohrer die Vorsitzführung
unterstützen und unter anderem die Erstbefragung von Auskunftspersonen durchführen. Zu seinem Stellvertreter
haben die Abgeordneten den früheren Vizepräsidenten des Landesgerichts Salzburg Philipp Bauer gewählt.
Aufgabe von Verfahrensanwalt Andreas Joklik ist es, über die Einhaltung der Grund- und Persönlichkeitsrechte
von Auskunftspersonen zu wachen. Der Rechtsanwalt wird dabei im Bedarfsfall von seinem Berufskollegen Michael Kasper
vertreten.
Untersuchungsgegenstand des Ausschusses ist laut Verlangen von FPÖ und Grünen "die Vollziehung des
Bundes betreffend das Kampfflugzeugsystem 'Eurofighter Typhoon' von Anfang 2000 bis Ende 2016". Insgesamt
sind vier Untersuchungsabschnitte – Vergleichsabschluss 2007 und Task Force, Unzulässige Zahlungsflüsse,
Informationslage bei Vertragsabschluss sowie Erfüllung von Vorlage- und Informationspflichten beim ersten
Eurofighter-U-Ausschuss 2006/07 – geplant.
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Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses
Verfahrensrichter ist der frühere Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs Ronald Rohrer, Verfahrensanwalt
Andreas Joklik.
Dem Ausschuss gehören insgesamt 18 Abgeordnete an. Von der SPÖ: Otto Pendl (Fraktionsführer), Daniela
Holzinger-Vogtenhuber, Jürgen Schabhüttl, Maximilian Unterrainer und Hannes Weninger; von der ÖVP:
Gabriele Tamandl (Fraktionsführerin), Rouven Ertlschweiger, Manfred Hofinger, Michaela Steinacker und Georg
Vetter; von der FPÖ: Walter Rosenkranz (Fraktionsführer), Reinhard Eugen Bösch, Walter Rauch, Hermann
Brückl (alle FPÖ); Grüne: Peter Pilz (Fraktionsführer) und Gabriela Moser sowie Michael Bernhard
von den NEOS und Leopold Steinbichler vom Team Stronach.
Zu Schriftführern wurden Hannes Weninger (S), Rouven Ertlschweiger (V) und Hermann Brückl (F) gewählt.
Was wird untersucht
Untersucht wird laut Verlangen von FPÖ und Grünen "die Vollziehung des Bundes betreffend das Kampfflugzeugsystem
'Eurofighter Typhoon' von Anfang 2000 bis Ende 2016", vorgesehen sind vier Untersuchungsabschnitte.
Zunächst soll der vom damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos im Jahr 2007 geschlossene Vergleich
mit der Eurofighter GmbH genauer unter die Lupe genommen werden. Damals wurden unter anderem eine Reduzierung der
Stückzahl von 18 auf 15 sowie Abstriche bei der Ausrüstung der Flugzeuge vereinbart. Gleichzeitig soll
die Arbeit der vom Verteidigungsministerium eingesetzten Task Force "Luftraumüberwachungsflugzeug"
beleuchtet werden.
Im Zentrum des Untersuchungsabschnitts II stehen mögliche unzulässige Zahlungsflüsse rund um die
Beschaffung der Eurofighter. Dabei geht es insbesondere um Vermittlungsgebühren oder sonstige Zahlungen an
Dritte, die in den Preis eingeflossen sind. Unter anderem will man untersuchen, ob PolitikerInnen oder BeamtInnen
Geld erhalten haben, ob durch Provisionen gegen Ausschreibungs- oder Vertragsbedingungen verstoßen wurde
und welcher Schaden für den Bund dadurch entstanden ist.
Der "Informationslage bei Vertragsabschluss" ist der dritte Untersuchungsabschnitt des Verlangens gewidmet.
Der Ausschuss erwartet sich etwa Aufklärung darüber, inwieweit die Entscheidungsträger und zuständigen
Bediensteten über die wesentlichen Inhalte des Kaufvertrags, die Leistungsfähigkeit der Flugzeuge, die
Betriebs- und Wartungskosten sowie die Lieferfähigkeit des Herstellers informiert waren. Und zwar nicht nur
konkret bei Vertragsabschluss, sondern auch bei den späteren Vergleichsverhandlungen und bei der Abnahme der
gelieferten Flugzeuge.
Schließlich soll geprüft werden, ob die damalige Bundesregierung dem ersten Eurofighter-Untersuchungsausschuss,
der im Oktober 2006 eingesetzt wurde und bis Anfang Juli 2007 tagte, Informationen bzw. Akten vorenthalten hat.
Laut grundsätzlichem Beweisbeschluss des Geschäftsordnungsausschusses müssen insgesamt 36 Stellen
dem Parlament Akten liefern, neben sämtlichen Ministerien und dem Bundeskanzleramt auch die Finanzprokuratur,
der Rechnungshof, die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur, die Präsidentschaftskanzlei, die neun
Landesregierungen und die Wirtschaftskammer.
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