Nationalrat beschließt auch Spekulationsverbot
Wien (pk) - Der zweiphasige parlamentarische Budgetprozess – mit dem Bundesfinanzrahmen für die nächsten
vier Jahre im Frühjahr und dem Bundesfinanzgesetz im Herbst – wird vorerst für zwei Jahre auf eine Debatte
im Herbst zusammengezogen. Auf Basis der Ergebnisse der laufenden Evaluierung der letzten Haushaltsrechtsreform
2009 wird im Frühjahr 2018 darüber entschieden, ob die Zusammenlegung nur vorübergehend oder dauerhaft
gelten soll. Trotz heftiger Oppositionskritik wurde die Verschiebung mit den Stimmen der ÖVP, SPÖ und
FPÖ beschlossen.
Zudem wird ab 2018 ein gesetzliches Spekulationsverbot für den Bund, seine Rechtsträger und die Sozialversicherungsträger
eingeführt. Das Finanzmanagement des Bundes folgt künftig dem Grundsatz der risikoaversen Finanzgebarung.
Die Aufgaben der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) als Finanzdienstleister werden ausgeweitet.
Auch hier stimmte die FPÖ als einzige Oppositionspartei den Regierungsparteien zu.
Der Nationalrat stockte außerdem die Personalkapazitäten im Zusammenhang mit der EU-Ratspräsidentschaft
Österreichs im 2. Halbjahr 2018 auf und verlängerte die Personalressourcen zur Abwicklung von Asylverfahren.
Opposition kritisiert Aushebelung des zweistufigen Budgetprozesses
Prägend für das neue Haushaltsrecht war die Einführung des mittelfristigen Bundesfinanzrahmens einschließlich
Strategiebericht. Die Diskussion dazu sollte im Frühjahr – unabhängig von den Budgetverhandlungen - stattfinden.
Diese Debatte wurde am 29.03. in den Herbst verschoben und wird künftig zeitgleich mit dem Bundesfinanzgesetz
stattfinden. Finanzminister Hans Jörg Schelling will durch die zeitliche Änderung zu einem besseren Budgetprozess
kommen. Im Herbst gebe es eine bessere Planbarkeit durch gesicherte Daten und validere Prognosen, so Schelling.
Grüne und NEOS wehren sich gegen die Zusammenlegung. Mittels Abänderungsantrag forderte Bruno Rossmann
ein, den Status quo zu erhalten. Mit der Verschiebung auf den Herbst sei eine Reihe von Nachteilen verbunden. Allen
voran werde der Budgetprozess im Herbst überfrachtet, wodurch die Trennung von Planungs- und Umsetzungsphase
verloren gehe. Zudem komme es zu einer Beschneidung der Mitwirkungsrechte des Parlaments, meinte Rossmann im Hinblick
auf den Entfall des öffentlichen Hearings sowie der Plenardebatte im Frühjahr. Mitten im derzeit laufenden
Evaluierungsprozess – die Kosten werden mit 200.000 € beziffert - würden unüberlegte Änderungen
vorgenommen, beschwerte sich Rossmann. Die Grünen fanden aber keine Mehrheit für ihren Antrag.
Die aktuellen Pläne der Regierung seien budgetär noch nicht ausverhandelt, kommentierte Robert Lugar
vom Team Stronach die Zusammenlegung der Verhandlungen und stellte die Leistbarkeit des Regierungsprogramms in
Frage. Kritik gab es nicht nur aus inhaltlichen Gründen, auch der Alleingang der Regierungsparteien wurde
von den Grünen als No-Go empfunden. Änderungen im Haushaltsrechts wurden stets einstimmig beschlossen
und nach sorgfältiger Diskussion gefasst, so Rossmann. Da es sich um eine vorübergehende Lösung
handle, konnte Roman Haider (F) die Aufregung aber nicht nachvollziehen. Vielmehr sah er Verbesserungsbedarf bei
Wirkungszielen, Teilheften, Rücklagen, Prognosen und Transparenz der Budgetunterlagen.
Gute Argumente sprechen für die gemeinsame Verhandlung, konterte Budgetsprecherin der ÖVP, Gabriele Tamandl,
den Grünen. Es habe intensive Beratungen dazu gegeben. Die ÖVP habe eine generelle Zusammenführung
angestrebt, nun gebe es die Einigung für eine vorübergehende Lösung bis zum Ende der Gesetzgebungsperiode.
2018 werde es nicht nur Neuwahlen geben, auch die Evaluierungen der Haushaltsrechtsreform seitens des IWF sowie
der OECD werden vorliegen, so Christoph Matznetter (S). Sollte bis Ende 2018 keine Neuregelung vorliegen, trete
automatisch wieder die alte Rechtslage in Kraft.
Ganz ausfallen wird eine parlamentarische Budgetdebatte im Frühjahr trotzdem nicht. Immerhin muss im Rahmen
des sogenannten Europäischen Semesters eine Debatte im Parlament über das jährlich nach Brüssel
zu übermittelende Stabilitätsprogramm geführt werden. Das Stabilitätsprogramm werde vor Übermittlung
an die Europäische Kommission im Budgetausschuss verhandelt, so Tamandl, die einen Termin im April in Aussicht
stellte und auch zur Durchführung eines öffentlichen Hearings bereit war. Das Stabilitätsprogramm
würde durch eine Behandlung im Budgetausschuss aufgewertet, betonte Finanzminister Schelling.
Opposition für Ausweitung des Spekulationsverbots
Um nach mehreren Finanzskandalen das Vertrauen der BürgerInnen in das öffentliche Finanzmanagement zu
stärken, wird ein Spekulationsverbot für den Bund, dessen Rechtsträger und die Sozialversicherungsträger
verankert, erklärte Johann Hell (S) die Hintergründe des Gesetzes. Dabei handelt es sich um den Grundsatz
der risikoaversen Finanzgebarung für das Finanzmanagement des Bundes sowie um die Möglichkeit zur Bündelung
des Finanzmanagements bei der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA). Denn aufgrund schlechterer
Bonität haben die Länder derzeit eine höhere Zinslast zu tragen als der Bund. Die Grundsätze
einer risikoaversen Finanzgebarung betreffen künftig auch den Bereich der Sozialversicherung, nannte Schelling
die Eckpunkte des Gesetzes.Änderungen gebe es auch bei der maximalen Laufzeit für Kredite, so Johann
Hell (S). Sie werde von 70 auf 100 Jahre ausgedehnt.
NEOS und Grünen geht das Verbot nicht weit genug. Bruno Rossmann (G) und Rainer Hable (N) wollen das Spekulationsverbot
für den gesamten Sektor Staat im Finanz-Verfassungsgesetz verankert wissen (siehe Parlamentskorrespondenz
Nr. 275/2017). Mit dem vorliegenden Gesetz werde die Chance auf eine moderne einheitliche Regelung für Bund,
Länder und Gemeinden verpasst, unterstrich Hable seinen Appell für eine Verankerung auf Verfassungsebene.
Alle, die über die Bundesfinanzierungsagentur finanzieren, seien an die Regeln des Bundes gebunden, so der
Finanzminister. Auch ohne Verfassungsrang gebe es andere Möglichkeiten, um die Länder zur Einhaltung
des Spekulationsverbots zu verpflichten.
Auch seitens der SPÖ war Christoph Matznetter (S) für ein generelles Spekulationsverbot. Dass dieses
nicht zustande gekommen ist, begründete er mit dem föderalen Aufbau des Landes. Das vorliegende Spekulationsverbot
sei immer noch besser als keines, meinte Roman Haider (F), schloss sich aber der Forderung nach dem Verfassungsrang
an. Die Bundesländer hätten keine Absicht mit öffentlichen Geldern zu spekulieren, unterstrich Gabriel
Obernosterer (V).
Personal für Ratspräsidentschaft und Asylwesen
Da Österreich in der zweiten Jahreshälfte 2018 den Ratsvorsitz der EU übernimmt, wurde der Personalplan
aufgestockt. Zusätzliche Ressourcen gibt es auch, um die zeitnahe Abwicklung von Asylverfahren weiterhin zu
ermöglichen. Neben ÖVP und SPÖ stimmte auch die FPÖ dem Antrag zu.
|