Ohne ausreichende Finanzierung droht Sachwalterschaftsreform zu scheitern.
Wien (bmask) - Das neue Erwachsenenschutzgesetz hat den Zweck, Menschen mit Behinderungen raus aus der Sachwalterschaft
in ein selbstbestimmteres Leben zu führen. Es soll am 30.03. im Nationalrat beschlossen werden - allerdings
ohne die notwendige Finanzierung dafür vorzusehen. "Ein Umstand", so Christina Wurzinger, Vorsitzende
des Unabhängigen Monitoringausschusses zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen in Österreich, "der die umfassende und intensive Vorbereitungsarbeit von allen Seiten ad
absurdum führt."
Der Reformprozess begann vor etwa 3 Jahren in Aufarbeitung einer Empfehlung der Vereinten Nationen an Österreich.
Diese forderten Österreich im Zuge der Staatenprüfung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
im Jahr 2013 dazu auf, das System der Sachwalterschaft durch ein System unterstützter Entscheidungsfindung
zu ersetzen.
"Damit sollten Menschen aus der Fremdbestimmung geholt werden", erläutert Wurzinger. "Die Menschenwürde
verlangt es, in eigenen Angelegenheiten auch eigene Entscheidungen treffen zu dürfen. Die notwendige Unterstützung
ist dabei zur Verfügung zu stellen."
Der vom Justizministerium in Gang gesetzte Reformprozess war überaus umfangreich und wurde vielmals als best
practice Beispiel in Bezug auf die Partizipation von Menschen mit Behinderungen bezeichnet. "Umso bedauerlicher",
bemerkt Wurzinger, "dass das durchaus herzeigbare Ergebnis nun eben nicht in der Form beschlossen wird wie
ursprünglich geplant und mit der Öffentlichkeit abgestimmt."
Der zu Beschluss stehende Gesetzesentwurf spart im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf mehr als zwei Drittel
der beabsichtigten Finanzierung ein. Diese Mittel wären aber für die Schaffung erforderlicher Planstellen
bei Gericht und zum Ausbau der für die Unterstützung zuständigen Clearingstellen erforderlich. "Ohne
ausreichende Finanzierung kann das Gesetz nicht in die Praxis umgesetzt werden" , kritisiert Wurzinger. "All
die Energie und Arbeit, die von allen Seiten in den partizipativen Prozess gesteckt wurde, scheint damit vergebens."
In einem weiteren wesentlichen Punkt weicht der zu beschließende Gesetzesentwurf von der abgestimmten Fassung
ab: In Bezug auf Kinder und Jugendliche in Einrichtungen sollte ursprünglich eine Rechtsschutzlücke geschlossen
werden - dies durch eine einfache Ausweitung des Anwendungsbereichs des Heimaufenthaltsgesetzes. "Der neue
Entwurf verzichtet auf diese Ausweitung, ein Umstand, der in keinster Weise nachvollziehbar ist", so Wurzinger.
"Der UN-Ausschuss über die Rechte von Menschen mit Behinderungen wird sich bei der kommenden Staatenprüfung
im Jahr 2018 mit der aktuellen Lösung nicht zufrieden geben" , gibt Wurzinger zu bedenken. "Ein
Gesetz, für dessen Umsetzung die Mittel fehlen, kann in der Praxis nicht wirksam sein."
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