36 Stellen müssen dem Ausschuss Akten und Unterlagen liefern
Wien (pk) - Der Eurofighter-Untersuchungsausschuss hat am 28.03. die letzte parlamentarische Hürde
genommen: Im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats wurden keine Einwände gegen das von FPÖ
und Grünen vorgelegte Verlangen erhoben. Damit kann Nationalratspräsidentin Doris Bures bei der morgigen
Plenarsitzung die Einsetzung des U-Ausschusses bekannt geben. Laut grundsätzlichem Beweisbeschluss müssen
insgesamt 36 Stellen dem Parlament Akten liefern, neben sämtlichen Ministerien und dem Bundeskanzleramt auch
die Finanzprokuratur, der Rechnungshof, die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur, die Präsidentschaftskanzlei,
die neun Landesregierungen und die Wirtschaftskammer. Als Verfahrensrichter wurde Ronald Rohrer, als Verfahrensanwalt
Andreas Joklik gewählt.
Alle Beschlüsse wurden ohne Debatte einstimmig gefasst. Die konstituierende Sitzung des Untersuchungsausschusses
soll morgen nach Schluss der Plenarsitzung stattfinden.
Vierwöchige Frist für die Übermittlung von Akten und Unterlagen
Die Übermittlung der angeforderten Akten und Unterlagen hat grundsätzlich innerhalb von vier Wochen zu
erfolgen, und zwar in elektronischer Form, versehen mit einem Inhaltsverzeichnis und wenn möglich geordnet
nach den vier geplanten Untersuchungsabschnitten. Vertrauliche und geheime Akten dürfen allerdings ausschließlich
in Papierform vorgelegt werden.
Dass neben sämtlichen Ministerien auch die Landesregierungen und die Wirtschaftskammer Österreich inklusive
der neun Landeskammern Akten und Unterlagen liefern müssen, begründet der Ausschuss damit, dass auch
die Länder und die Wirtschaftskammer in die Suche und Abwicklung bzw. in die Vermittlung und den Abschluss
von Gegengeschäften involviert waren. Der Rechnungshof hat den Eurofighter-Kauf mehrfach geprüft, die
Bundesfinanzierungsagentur kommt ins Spiel, weil sie in die Finanzierung des Geschäfts eingebunden war. Die
Finanzprokuratur hat den Finanzminister und den Verteidigungsminister in rechtlichen Fragen beraten. Dass auch
die Präsidentschaftskanzlei zu den vorlagepflichtigen Stellen zählt, wird damit argumentiert, dass der
Bundespräsident als Oberbefehlshaber des Bundesheeres Stellungnahmen zum Thema Eurofighter-Kauf abgegeben
hat.
Ausdrücklich festgehalten wird, dass unter dem Begriff "Akten und Unterlagen" nicht nur Akten im
formellen Sinn zu verstehen sind, sondern auch andere einschlägige Dokumente, Berichte und Korrespondenzen
aller Art inklusive E-Mails. Ebenso gehören sonstige vorhandene Aufzeichnungen, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher,
Terminkalender, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Sitzungsprotokolle
usw. dazu.
Einstimmige Wahl des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts
Konsens gab es auch bei der Wahl des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts. Der frühere Vizepräsident
des Obersten Gerichtshofs Ronald Rohrer wird Nationalratspräsidentin Bures bzw. ihre Stellvertreter als Verfahrensrichter
bei der Vorsitzführung unterstützen und unter anderem die Erstbefragung von Auskunftspersonen durchführen.
Zu seinem Stellvertreter haben die Abgeordneten den früheren Vizepräsidenten des Landesgerichts Salzburg
Philipp Bauer gewählt. Aufgabe von Verfahrensanwalt Andreas Joklik ist es, über die Einhaltung der Grund-
und Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen zu wachen. Der Rechtsanwalt wird dabei im Bedarfsfall von
seinem Berufskollegen Michael Kasper vertreten.
Untersuchungsausschuss hat 18 Mitglieder und 18 Ersatzmitglieder
Zusammensetzen wird sich der Hypo-Untersuchungsausschuss aus 18 Abgeordneten. SPÖ und ÖVP sind mit jeweils
fünf MandatarInnen, die FPÖ mit vier und die Grünen mit zwei vertreten. Jeweils einen Abgeordneten
stellen die NEOS und das Team Stronach. Daneben wird es, mit dem gleichen Verteilungsschlüssel, 18 Ersatzmitglieder
geben. Den Vorsitz im Untersuchungsausschuss führt gemäß Verfahrensordnung Nationalratspräsidentin
Doris Bures, sie kann sich auch von ihren beiden Amtskollegen Karlheinz Kopf und Norbert Hofer vertreten lassen.
Untersuchungsgegenstand des Ausschusses ist laut Verlangen von FPÖ und Grünen "die Vollziehung des
Bundes betreffend das Kampfflugzeugsystem 'Eurofighter Typhoon' von Anfang 2000 bis Ende 2016". Insgesamt
sind vier Untersuchungsabschnitte – Vergleichsabschluss 2007 und Task Force, Unzulässige Zahlungsflüsse,
Informationslage bei Vertragsabschluss sowie Erfüllung von Vorlage- und Informationspflichten beim ersten
Eurofighter-U-Ausschuss 2006/07 – geplant (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 257/2017).
23. Untersuchungsausschuss in der Zweiten Republik
Der Eurofighter-Ausschuss ist der 23. Untersuchungsausschuss in der Zweiten Republik und – nach dem Hypo-Untersuchungsausschuss
– der zweite, der nach den neuen U-Ausschuss-Regeln eingesetzt wird. Seit der Reform Anfang 2015 hat auch eine
parlamentarische Minderheit, konkret ein Viertel der Abgeordneten, die Möglichkeit, einen U-Ausschuss zu erzwingen.
Nach allgemeinem Tenor hat sich die Reform im Wesentlichen bewährt, einige anfängliche Stolpersteine
konnten rasch beseitigt werden. So hat der Verfassungsgerichtshof etwa der Vorlage geschwärzter Akten einen
Riegel vorgeschoben. An der Praxis, zum Beispiel was das Befragungsprocedere betrifft, wollten die Fraktionen zuletzt
noch ein wenig feilen. Die Dauer des Untersuchungsausschusses ist laut Verfahrensordnung grundsätzlich auf
14 Monate beschränkt, im Bedarfsfall kann er allerdings auf bis zu 20 Monate verlängert werden.
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