Wien (pk) - Das Integrationspaket ( 1586 d.B.) der Regierung ist im Parlament eingelangt. Mit dem darin neu
geschaffenen Integrationsgesetz sowie Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz sollen verpflichtende Deutsch- bzw. Werte-
und Orientierungskurse für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte eingeführt
sowie das bereits medial kontrovers diskutierte Gesichtsverhüllungsverbot beschlossen werden. Integrationshilfe
bzw. einen gesetzlichen Anspruch auf Sprachkurse sollen künftig dabei auch AsylwerberInnen mit hohen Bleibechancen
bekommen. Einer Außerlandesbringung bzw. Abschiebung sollen bereits besuchte Deutschkurse aber nicht entgegenstehen.
Verstoßen Flüchtlinge gegen Integrationspflichten, drohen Kürzungen bei der Mindestsicherung bzw.
der Notstandshilfe oder beim Arbeitslosengeld. Neuregelungen gibt es außerdem bei der bereits existierenden
Integrationsvereinbarung für Drittstaatsangehörige. Ein strengeres Bewilligungsprozedere ist außerdem
für die Benützung von Straßen zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs geplant.
Die Regierung will damit Verteilaktionen zur Verbreitung radikalen Gedankenguts einen Riegel vorschieben.
Grundsätzlich soll mit dem Paket nunmehr eine Gesetzesgrundlage für eine systematisierte und institutionsübergreifende
Integration geschaffen und die Unübersichtlichkeit und Fragmentierung bundesweiter Integrationsmaßnahmen
gestoppt werden. Ziel ist dabei die rasche Integration von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten
in die österreichische Gesellschaft sowie in den heimischen Arbeitsmarkt, wie in der Regierungsvorlage zu
lesen ist.
Erstmals bundesgesetzlich geregelt wird außerdem, was unter dem Begriff Integration verstanden wird. Integration
ist demnach als "ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, dessen Gelingen von der Mitwirkung aller in Österreich
lebenden Menschen abhängt und auf persönlicher Interaktion beruht" zu verstehen. Darüber hinaus
würde Integration insbesondere erfordern, dass Zugewanderte aktiv am Prozess mitwirken, die angebotenen Integrationsmaßnahmen
wahrnehmen und die Grundwerte eines europäischen demokratischen Staates anerkennen und respektieren, heißt
es in der Vorlage weiter. Geht es nach den Plänen der Regierung, sollen anerkannte Flüchtlinge und subsidiär
Schutzberechtigte künftig eine Integrationserklärung unterschreiben, durch die sie sich zur Einhaltung
der grundlegenden Werte der österreichischen Rechts- und Gesellschaftsordnung und zur aktiven Teilnahme an
den Deutsch- und Wertekursen gesetzlich verpflichten.
Explizit niedergeschrieben wird im Gesetzespaket neben dem Rechtsanspruch auf Sprachförderung somit eine Integrationsverpflichtung
für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte. Die bereits existierende Integrationsvereinbarung
wird aus dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz herausgelöst und in das Integrationsgesetz gepackt, was
kleine Änderungen und Anpassungen im Asylgesetz, Fremdenpolizeigesetz und Staatsbürgerschaftsgesetz mit
sich bringt.
Verpflichtende Deutsch- und Wertekurse ab dem vollendeten 15. Lebensjahr
Im Detail sieht die Regierungsvorlage verpflichtende Deutsch- sowie Werte- und Orientierungskurse für anerkannte
Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte ab dem vollendeten 15. Lebensjahr vor. Involviert sind im
geplanten mehrstufigen Sprachfördermodell unter dem Titel "Startpaket Deutsch und Integration" dabei
das Außen- und Sozialministerium. Abgewickelt vom Integrationsfonds sollen in einem ersten Schritt Deutschkurse
auf A1-Niveau zur Verfügung gestellt werden. Nach entsprechender Absolvierung und positivem Asylbescheid können
bzw. müssen dann erwerbsfähige und damit beim AMS vorgemerkte anerkannte Flüchtlinge und subsidiär
Schutzberechtigte einen A2-Deutschkurs besuchen. Abgewickelt werden diese Kurse vom AMS. An dieser Stelle knüpft
das vom Sozialausschuss bereits gebilligte Integrationsjahrgesetz (IGJ) an. Demnach sind künftig alle anerkannten
Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die auf keinen geeigneten Arbeitsplatz vermittelt werden
können, zur Teilnahme an einem Integrationsjahr, das heißt einem standardisierten Integrationsprogramm,
verpflichtet (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 391 ). Während im Integrationspaket Deutschkurse bis zum A2-Niveau
angeboten werden, sieht das Integrationsjahr darauf aufbauend Deutschkurse ab A2-Niveau vor.
Die verpflichtenden Werte- und Orientierungskurse werden in Kooperation zwischen dem Integrationsfonds und dem
AMS als eigenständige Kurse angeboten. Vermittelt werden sollen darin Prinzipien der österreichischen
Verfassung wie Menschenwürde, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Rechtsstaat und Demokratie. Die verpflichtenden
Deutsch- und Wertekurse gelten allerdings nicht für anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte,
denen der Asylstatus vor dem 1. Jänner 2015 zuerkannt wurde. Bei Integrationsverweigerung drohen Sanktionen
in Form einer gekürzten oder gestrichenen Mindestsicherung bzw. Notstandshilfe oder Einbußen beim Arbeitslosengeld,
wobei hierfür die jeweiligen Landesgesetze gelten.
Gesichtsverhüllungsverbot ab Oktober
Mit dem Integrationspaket wird außerdem ein Gesichtsverhüllungsverbot in Österreich eingeführt,
das mit 1. Oktober 2017 in Kraft treten soll. Wer ab Herbst demnach in der Öffentlichkeit seine Gesichtszüge
durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise verhüllt oder verbirgt, dass sie nicht mehr erkennbar
sind, muss mit Geldstrafen von bis zu 150 € rechnen. Das gilt auch im Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehr
sowie in Gerichten, an Schulen und Universitäten. Das Verhüllungsverbot gilt nicht für das Tragen
von Sturzhelmen oder Mund-, Nasen- und Atemschutzmasken oder bei Faschingsfeierlichkeiten oder Perchtenläufen.
Aus für Verteilaktionen zur Verbreitung radikalen Gedankenguts
Für die Benützung von Straßen zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs ist bereits
jetzt eine Behördenbewilligung erforderlich. Bei der Prüfung eines Bewilligungsantrags haben Behörden
bisher aber nur Verkehrsverhältnisse berücksichtigt. Nunmehr soll auch geprüft werden, ob der Zweck
der Straßenbenützung gegen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit verstoßen könnte.
In entsprechenden Verdachtsfällen soll künftig die Polizei verständigt werden, diese hat dann innerhalb
von 10 Werktagen eine Stellungnahme auf Basis ihrer Ermittlungen abzugeben. Vorher darf keine Bewilligung ausgestellt
werden. Umfasst sind gemäß Gesetzesentwurf davon auch Parks. Die Änderungen in der Straßenverkehrsordnung
zielen hauptsächlich auf Verteilaktionen zur Verbreitung radikalen Gedankenguts ab.
Bundeseinheitliche Integrationsprüfung und Integrationsmonitoring
Die Übernahme der Integrationsvereinbarung in das Integrationsgesetz bringt auch ein paar neue Regelungen
mit sich. Künftig soll etwa die Integrationsprüfung für die Module 1 und 2 bundeseinheitlich gestaltet
werden, außerdem wird der Expertenrat für Integration gemäß Entwurf gesetzlich verankert.
Eingerichtet werden soll im Außenministerium neben einer Forschungskoordinationsstelle nun außerdem
ein Integrationsmonitoring, das Daten beispielsweise über die Anzahl von Asylanträgen, die Verfahrensdauer,
zuerkannte bzw. abgewiesene Aufenthaltstitel oder die Anzahl der beim AMS gemeldeten anerkannten Flüchtlinge
bzw. jener, die die Mindestsicherung beziehen, statistisch erfassen und bundesweit bündeln soll.
Geht es nach der Regierung, soll es für jene, die versuchen, sich den Aufenthaltstitel zu erschleichen, in
Zukunft außerdem teurer werden. Wer eine andere Person für sich zur Prüfung schickt oder die Prüfung
für jemand anderen schreibt, riskiert eine Geldstrafe zwischen 500 und 2.500 € bzw. eine Freiheitsstrafe von
bis zu sechs Wochen. Bestraft werden soll künftig auch das Schummeln. Es drohen Geldstrafen von bis zu 1.000
€ bzw. eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen, wenn unerlaubte Hilfsmittel bei den Integrationsprüfungen
verwendet werden.
Die Kosten für das Integrationspaket werden 2017 auf rund 11 Mio. €, 2018 auf rund 44 Mio. €, 2019 auf rund
35 Mio. € sowie 2020 bzw. 2021 auf rund 27 Mio. € geschätzt, wobei die langfristigen finanziellen Auswirkungen
für den Bund vom weiteren Flüchtlingszustrom abhängen. Evaluiert soll das Integrationsgesetz erstmals
2021 werden.
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