Außerdem: Zustimmung für internationale Abkommen; Diskussion über EU-Justizpolitik
Wien (pk) - Die Länderkammer hat am 06.04. die Umsetzung von EU-Vorgaben über einheitliche europäische
Vertragsstandards für Pauschalreisen genehmigt. Das Pauschalreisegesetz bringt u.a. umfangreiche vorvertragliche
Informationspflichten sowie neue Regelungen für Vertragsänderungen und den Rechtsfolgen, wenn beispielsweise
vertragliche Leistungen nicht erfüllt wurden. Einstimmig genehmigt hat der Bundesrat außerdem den Beitritt
zehn zusätzlicher Staaten wie Albanien oder Peru zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte
internationaler Kindesentführung. Konsens bestand auch bei Ergänzungen und Präzisierungen im Zweiten
Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen. Beschäftigt
hat sich der Bundesrat außerdem mit der Bekämpfung von Terrorismus in Europa auf der Grundlage des Arbeitsprogramms
der EU-Justizpolitik für 2017.
Für das Pauschalreisegesetz stimmten SPÖ, ÖVP und die Grünen. Geht es nach Armin Forstner (V/St)
bringt es mit Blick auf den Konsumentenschutz mehr Sicherheit und Vertrauen. Im Gegensatz zur FPÖ bzw. Bernhard
Rösch (F/W) glaubt er, dass die neuen Regelungen auch Verbesserungen für die Wirtschaft bedeuten. Rösch
befürchtet hingegen negative Auswirkungen für kleine Reisebüros und Tourismus-Betriebe. Profitieren
werden aus seiner Sicht nur große Reiseveranstalter, die KMU würden sich keine Rechtsabteilungen leisten
können, um all die neuen Bedingungen verstehen zu können.
Dass es für Reisen, die man im Reisebüro oder Internet bucht, nun einheitliche europäische Regeln
gelten, wertete ÖVP-Bundesrat Forstner als positiv. Der Reisesektor habe sich in den letzten Jahren vermehrt
ins Internet verlagert, meinte außerdem Günther Novak (S/K). "Das Verreisen per Mausklick wird
als selbstverständlich hingenommen", sagte er, mehr Klarheit gebe es jetzt etwa bei kombinierten Internet-Angeboten.
Seitens der Grünen sagte Ewa Dziedzic (G/W), dass sich die Nützlichkeit mancher neuer Regelungen erst
in der Praxis zeigen würde. Für sie ist beispielsweise offen, ob es als Pauschalreise gewertet wird,
wenn man unterschiedliche Leistungen auf einer gemeinsamen Rechnung bucht.
Laut Justizminister Wolfgang Brandstetter hat sich sein Ressort bemüht, die EU-Richtlinie so schnell wie möglich
umzusetzen, um betroffenen Reisebüros und Betrieben genug Zeit zu geben, sich auf die neuen Regelungen umzustellen.
10 neue Staaten treten Justizabkommen gegen Kindesentführung bei
Dem Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung werden 10 zusätzliche
Staaten beitreten. Konkret handelt es sich dabei um Albanien, Andorra, Armenien, Marokko, Russland, die Seychellen,
Singapur, Kasachstan, Peru und Korea. Ernst Gödl (V/St) machte anhand eines Entführungsfalles, der sich
vor Jahren unmittelbar in seinem persönlichen Umfeld abgespielt hatte, aufmerksam, dass es in Österreich
jährlich zu etwa 60 Fällen von Kindesentführung innerhalb der Familie kommt. Dass dem Abkommen zehn
zusätzliche Staaten beitreten, sei nur zu begrüßen. "Jede Kindesentführung ist ein Drama",
sagte Susanne Kurz (S/S), dennoch müsse man auch den kinderpsychologischen Aspekt miteinbeziehen, etwa, wie
die Beziehungen zwischen Kindern und Eltern vorher gelaufen sind. Der Vertrag versuche jedenfalls, Kinder vor den
Folgen grenzüberschreitender Entführungen zu schützen.
Werner Herbert (F/N) hoffte, dass der Kindesentführung mit dem Beitritt der zusätzlichen zehn Staaten
ein weiterer Riegel vorgeschoben werden kann. Grün-Bundesrätin Ewa Dziedzic (G/W) begrüßte
die Ausweitung des Abkommens ebenfalls.
Justizminister Brandstetter meinte, dass man über jeden zusätzlichen Staat im Abkommen froh sein müsse.
Es sei bedauerlich, dass sich in diesen Fällen viel zu oft derjenige durchsetze, der illegal handelt.
Beim Zweiten Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen
erklärte Brandstetter, dass die Ergänzungen und Präzisierungen einen wesentlichen Beitrag zur angestrebten
Verfahrensbeschleunigung haben. Die Verfahrensbeschleunigung stehe in seinem Ressort ganz oben auf der Agenda,
der unmittelbare Behördenverkehr und Informationsaustausch zwischen den Staaten würde dabei ungemein
helfen.
Brandstetter bekennt sich zur Europäischen Staatsanwaltschaft
Werner Herbert (F/N) stand der EU-Jahresvorschau des Justizministeriums kritisch gegenüber. Konkret hinterfragte
er die Sinnhaftigkeit der österreichischen Mitgliedschaft bei der Europäischen Staatsanwaltschaft, die
der Justizminister anstrebt. Österreich besitze ein hohes strafrechtliches Niveau, hob Herbert hervor. Eine
europäische Staatsanwaltschaft könnte die heimischen Staatsanwaltschaften schwächen, befürchtet
der freiheitliche Bundesrat. Die bisherigen bilateralen und internationalen Verpflichtungen würden ausreichen.
Zudem kritisierte Herbert die Vorschläge der EU zur GmbH, die bereits ab einem Euro Kapital möglich sein
sollen.
Armin Forstner (V/St), Susanne Kurz (S/S) und Ewa Dziedzic (G/W) hoben vor allem die Wichtigkeit der Zusammenarbeit
der EU bei Schlepperei und organisierter Kriminalität hervor, da diese nur gemeinsam bewältigt werden
können. Auch die Vernetzung zu einem digitalen Binnenmarkt im Zivilrecht sei ein wichtiges Anliegen, betonte
Forstner, der es nicht nur bei Absichtserklärungen belassen sehen will, sondern auch konkrete Umsetzungen
einmahnte. Kriminelle dürfen nicht staatliche Bestimmungen ausnutzen, indem sie in einem Land ein Verbrechen
begehen, das in einem anderen Land nicht geahndet wird, forderte Kurz und kündigte die Bekämpfung von
Geldwäsche als Schwerpunkt in der österreichischen Ratspräsidentschaft an.
In Richtung Werner Herbert unterstrich Brandstetter sein klares Bekenntnis zur EU, die zwar Reformbedarf habe,
weshalb Kritik auch wichtig sei, die aber nicht emotional geübt werden dürfe. Österreich ist im
EU-Vergleich in vielen Bereichen voran, weshalb viele EU-Richtlinien relativ leicht umzusetzen sind, aber dennoch
im konkreten Fall hinterfragt werden muss, welchen Sinn eine Vereinheitlichung im rechtlichen Bereich hat. Der
Bundesminister unterstrich auch klar sein Vorhaben, der Europäischen Staatsanwaltschaft beizutreten, da diese
einen klaren Mehrwert für Österreichs bringe, die Details müsse er allerdings noch mit dem Finanzministerium
aushandeln. Zur GmbH ab einem Euro Kapital zeigte er sich ebenfalls skeptisch, so müssen beispielsweise auch
auf den Gläubigerschutz geachtet werden.
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