Innsbruck (universität) - Nichtlokale Korrelationen sind ein Quantenphänomen, das eine noch stärkere
Form von Wechselbeziehung darstellt als Quantenverschränkung. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für
Quantenoptik, dem Institute of Photonic Sciences (ICFO) in Barcelona, der Universität Innsbruck und dem Center
for Theoretical Physics der polnischen Akademie der Wissenschaften haben nun eine neue Methode entwickelt, mit
der sie zeigen können, dass niedrige Energiezustände von Systemen aus mit einem Spin charakterisierten
Teilchen wie zum Beispiel Elektronen diese nichtlokalen Korrelationen aufweisen können.
Klassische Korrelationen sind Teil unserer Alltagserfahrung. Wenn zum Beispiel jemand ein Paar Socken immer der
gleichen Form und Farbe anzieht, kann darüber auch die Form und Farbe des zweiten Sockens bestimmt werden.
Zudem können die Form und Farbe eines Sockens gleichzeitig beobachten werden, und dies verrät auch die
Form und Farbe des anderen Sockens. Verschränkte Zustände, die typische Form von Quantenkorrelationen,
trotzen diesem Grundprinzip: Wenn die Socken verschränkt wären, könnten wir durch die Beobachtung
der Farbe eines Sockens jene des anderen Sockens vorhersagen. Wenn wir aber gleichzeitig auch dessen Form feststellen,
würde das die Farbe „stören“ und damit wäre es vollkommen unmöglich, die Farbe des anderen
Sockens vorherzusagen. Diese sonderbare „Koordination“ zwischen Teilchen ist als Quantenverschränkung bekannt
und ist eines der wesentlichen Merkmale der Quantenwelt.
Einige verschränkte Zustände zeigen eine noch sonderbarere Form von Korrelationen, nämlich nichtlokale
Korrelationen. Diese verletzen zwei scheinbar vernünftige Prinzipien: Erstens, dass die Eigenschaften von
Objekten (wie Form oder Farbe) unabhängig von unserem Wissen über sie existieren, und zweitens, dass
sich Informationen nicht instantan verbreiten können.
Diese faszinierende Form der nichtlokalen Korrelationen ist in Vielteilchensystemen nur sehr schwer zu charakterisieren.
Dafür gibt es mindestens drei Gründe: Erstens ist das Studium der klassischen Korrelationen mathematisch
sehr komplex; zweitens sind Quantenvielteilchensysteme aufgrund ihres exponentiellen Charakters sehr schwer zu
beschreiben; und drittens sind die derzeit verfügbaren experimentellen Techniken eher begrenzt, was die Möglichkeit
von Messungen im Labor sehr einschränkt. Um die Rolle von nichtlokalen Korrelationen in Quantenvielteilchensystemen
zu erforschen, müssen diese drei Probleme gleichzeitig in Angriff genommen werden.
In einer nun in der Fachzeitschrift Physical Review X veröffentlichten Arbeit hat ein internationales Team
von Wissenschaftlern in München, Barcelona, Innsbruck und Warschau einen neuen, einfachen Test auf die Existenz
nichtlokaler Korrelationen in Quantenvielteilchensystemen präsentiert. Die Methode ermöglicht den Forschern
zu ermitteln, ob nichtlokale Korrelationen in natürlichen Systemen auftreten. Genauer gesagt, untersuchten
sie dazu die Grundzustände von Systemen aus Teilchen mit Spin-Freiheitsgraden, wie etwa Elektronen, in einer
räumlichen Dimension. Durch Kombination von numerischen und analytischen Ergebnissen fanden sie heraus, dass
einige dieser Systeme, die von Physikern seit mehreren Jahrzehnten erforscht werden, einen Zustand minimaler Energie
(im Idealfall der Grundzustand) haben, der nichtlokale Korrelationen aufweisen kann. „Diese Forschung wirft neues
Licht auf ein faszinierendes Problem in der Physik und wird hoffentlich die weitere Entwicklung unseres Verständnisses
von Nichtlokalität in Quantenvielteilchensystemen anspornen“, sagen Jordi Tura vom Max-Planck-Institut für
Quantenoptik und Gemma De las Cuevas vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck.
Publikation: Energy as a Detector of
Nonlocality of Many-Body Spin Systems. J. Tura, G. De las Cuevas, R. Augusiak, M. Lewenstein, A. Acín, and
J.?I. Cirac. Phys. Rev. X 7, 021005
https://doi.org/10.1103/PhysRevX.7.021005
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