Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit sind mit Klimaschutz gleichrangig zu setzen
- Investitionslähmung muss beseitigt werden
Brüssel/Wien (pwk) - Die WKÖ unterstützt die verstärkte Harmonisierung im Bereich Energiepolitik
auf dem Weg zu einer Europäischen Energieunion. Das Zusammenrücken der Mitgliedstaaten hilft, die hochgesteckten
Energie- und Klimaziele zu erreichen und die dafür aufzuwendenden Kosten einzugrenzen. Jedoch: „Es sind noch
wichtige Nachbesserungen bei den Verhandlungen um das Paket „Clean Energy For All Europeans“ notwendig. Brüssel
darf nicht das Recht erhalten, auch bei der Zielumsetzung mitzuregieren. Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit
dürften nicht ins Hintertreffen geraten. Weiters muss die EU zum Teil selbst geschaffene Investitionshindernisse
beseitigen“, forderte Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer
Österreich (WKÖ), am 11.04. vor Journalisten in Brüssel.
Fokus auf Emissionsminderungen
Nach der neuen Governance-Verordnung könnte die Kommission de facto Weisungen erteilen und damit die nationale
Energiestrategie umschreiben. Dies ist äußerst kritisch zu sehen. „Die Mitgliedstaaten benötigen
Spielräume, um die fünf Dimensionen der Energieunion bestmöglich und ausgewogen zu erreichen. Der
Kommission das letzte Wort einzuräumen, wenn Zielkonflikte auftreten, ist abzulehnen“, so Schwarzer. Im Zusammenhang
mit dem Paket würden zwar immer wieder die Versorgungssicherheit und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit
als Ziele der EU anerkannt. „Tatsächlich wird der Fokus in den vorgeschlagenen Rechtsakten aber auf Emissionsminderungen
gelegt. Unbestritten werden für die Versorgungssicherheit und in weiterer Folge für die Wettbewerbsfähigkeit
der Unternehmen fossile Energieträger noch geraume Zeit notwendig sein. Im heuer besonders kalten Winter hätte
die Stromversorgung in Österreich und Mitteleuropa ohne sie nicht mehr kontinuierlich sichergestellt werden
können,“ hält Schwarzer fest.
Investitionen in die Energiewende durch rechtliche Hindernisse blockiert
Auch dürften nicht länger die Augen davor verschlossen werden, dass Investitionen in die Energiewende
im großen Stil durch rechtliche Hindernisse blockiert werden: „Seien es Naturschutzvorschriften, seien es
UVP-Marathonverfahren: Anlagen zur Erzeugung von sauberer Energie werden ebenso wie Leitungs- und Speicherprojekte
immer wieder durch Kaskaden von Einsprüchen auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Auch Schieneninfrastrukturprojekte,
die für den Klimaschutz im Verkehrsbereich wichtig sind, leiden unter mehrjährigen Verfahrensverzögerungen,
weil unterm Strich Individualinteressen von Grundstückseigentümern sowie die Habitaterhaltung für
ohnedies verbreitete Tiergattungen höher bewertet werden als das öffentliche Interesse an der Energiewende.
Hier müsste die Gesetzgebung auch auf Unionsebene Korrekturen anbringen“, fordert der Energieexperte.
Begrüßenswert ist das Bemühen, die Betriebe als Nachfrager und Anbieter von Energie („Prosumer“)
besser in das Gesamtsystem zu integrieren. Das verringert auch die Kosten der Energiewende. „Das vorliegende Energiepaket
gibt uns jetzt die Chance, Barrieren abzubauen und Anreize für Investitionen und Abstimmungen mit dem Stromnetz
zu schaffen. Bei allen für die Energiewende relevanten Vorhaben sollte rechtlich anerkannt werden, dass sie
im öffentlichen Interesse liegen. Zeit- und kostenaufwändige Prüfverfahren, insbesondere bei der
sehr komplexen Abwägung der betroffenen Interessen, müssen deutlich verkürzt werden. Dies wäre
ein wesentlicher Beitrag, um die angestrebte nachhaltige Energieunion mit Leben zu erfüllen“, so Schwarzer
abschließend.
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