Oberhumer: „Keine Zeit bei Ökostromgesetz verlieren“ – Branche fordert umgehend große
Ökostromnovelle
Wien (pwk) - Die österreichische Papierindustrie verzeichnet 2016 zum dritten Mal in Folge ein Produktionswachstum.
Das gilt für alle Papiersortimente und auch der Zellstoffbereich liegt auf hohem Niveau. Für 2017 sind
weitere Investitionen in den Standort Österreich geplant. Die Branche entwickelt sich hier zunehmend in Richtung
Bioraffinerie. Größte Herausforderung bleibt das Ökostromgesetz. Seine EU-konforme Neugestaltung
ist überfällig. „Die möglichst effiziente Nutzung des Rohstoffes Holz hat für uns höchste
Priorität. Auch deshalb fordern wir die Politik auf, beim Ökostromgesetz keine Zeit zu verlieren und
gleich die große Novelle anzugehen“, zieht Max Oberhumer, Präsident von Austropapier, eine grundsätzlich
positive Bilanz 2016 und macht gleichzeitig auf weitere bestehende Herausforderungen der Branche im internationalen
Wettbewerb aufmerksam.
Die Heimstärke sorgt für 87 Prozent Export
Die österreichische Papierindustrie produzierte im Vorjahr insgesamt 5,0 Millionen Tonnen Papier und damit
um 0,6 Prozent mehr als 2015. Erfreulich war dabei das Wachstum in allen Sortimenten. Sogar im grafischen Bereich,
der am stärksten unter der zunehmenden Konkurrenz der digitalen Medien leidet, gab es ein Plus von 0,3 Prozent
auf 2,7 Millionen Tonnen. Der Verpackungssektor wuchs um 1,1 Prozent auf 1,9 Millionen Tonnen und die Spezialpapiere
verzeichneten ein Plus von 0,9 Prozent und liegen jetzt bei 310.000 Tonnen. Über 87 Prozent der Produktion
gehen ins Ausland. Positiv wertet die Branche auch ihre steigenden Investitionen. Sie lagen 2016 bei 240 Millionen
Euro. Für 2017 sind weitere Projekte angekündigt. Der Umsatz lag 2016 bei 3,9 Milliarden Euro. Die Zellstoffproduktion
legt 2016 – nach umbaubedingten Stillständen in zwei Werken im Vorjahr – stark zu (+16,8 Prozent) und liegt
jetzt bei 2,1 Millionen Tonnen. Damit einhergehend sind auch der steigende Bedarf an Holz (+19,1 Prozent auf 8,7
Mio. Festmeter) und Energieeinsatz (+8,7 Prozent auf 15.700 GWh).
Endlich große Ökostromnovelle gefordert
Holz ist der bedeutendste natürliche Rohstoff Österreichs und die wichtigste Ressource für die
Zellstoffindustrie. 2016 stieg der Holzeinsatz in der österreichischen Papierindustrie um 19,1 Prozent auf
8,7 Mio. Festmeter. Vom zweitwichtigsten Rohstoff Altpapier wurden 2016 2,3 Millionen Tonnen eingesetzt.
Durch die ambitionierten energie- und klimapolitischen Zielsetzungen wird es immer schwieriger, die Nachfrage
mit Holz aus dem Inland zu decken. Das beweist auch der Anstieg der Holzimportquote auf 30,6 Prozent. In Österreich
verzerrt das Ökostromgesetz den Holzmarkt und verlangt aber auf der anderen Seite von den Stromkonsumenten
immer höhere Beiträge. „Jetzt plant die Regierung in einer kleinen Novelle dieses an allen Ecken und
Enden überholten Gesetzes auch noch Schließungsprämien für ineffiziente Biogasanlagen. Sie
sind dann wieder von den Stromkonsumenten zu finanzieren, ohne dass dadurch der Anteil an erneuerbarer Energie
steigt. Die Papierindustrie lehnt deshalb diese kleine Novelle kategorisch ab“, sagt Oberhumer. Sie ist selbst
eine Vorzeigebranche hinsichtlich Ökostrom und erzeugt im Jahr 1.700 Gigawattstunden davon. Damit produziert
die Papierindustrie ohne Förderung annähernd gleich viel Ökostrom wie jene Biomassekraftwerke (2.040
GWh), die 2016 230 Millionen an staatlichen Subventionen erhielten. Auf der anderen Seite zahlten die österreichischen
Papierfabriken jedoch acht Millionen Euro in den Ökostromfördertopf ein. Für die Papierindustrie
hat die kaskadische Holznutzung unter dem Motto „Veredeln vor Verbrennen“ oberste Priorität. Verbrannt wird
demnach nur, was stofflich nicht (mehr) verwertbar ist. Das Institut für industrielle Ökologie hat in
einer Studie 2016 unterschiedliche Holznutzungsszenarien errechnet und dabei für die forcierte kaskadische
Nutzung gepaart mit einem Mehreinschlag mögliche Erlössteigerungen von 18 auf 24 Milliarden Euro entlang
der gesamten Wertschöpfungskette Holz errechnet. „Seit vielen Jahren betont die österreichische Papierindustrie,
dass erneuerbare Energie ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz ist, aber Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit
im Vordergrund stehen müssen. Wir fordern endlich eine große Novelle des Ökostromgesetzes, um die
Rohstoffversorgung der Papierindustrie und mit ihr die Standortsicherheit zu verbessern. Denn nur bei der kaskadischen
Nutzung von Holz ist die volle Ausschöpfung der Wertschöpfung garantiert. Veredeln vor Verbrennen muss
das Motto sein“, richtet Christian Skilich, Vizepräsident von Austropapier, einen weiteren Appell an die Politik.
Vorreiter der Nachhaltigkeit trotz Nachteilen beim Emissionshandel
Seit Jahren ist Österreichs Papierindustrie ein Vorreiter der Nachhaltigkeit. „Wir decken unseren Primärenergiebedarf
zu 94 Prozent aus standorteigener Produktion in hocheffizienten Anlagen. Mit einer Recyclingquote von 78,6 Prozent
liegen wir weit über dem europäischen Durchschnitt. Reststoffe werden fast zur Gänze stofflich oder
thermisch genutzt. Die CO2-Emissionen haben wir als Branche seit den 1990er-Jahren je Tonne Papier um 40 Prozent
reduziert“, zählt Cord Prinzhorn, Vizepräsident der Austropapier, nur einige Leistungen der Papierindustrie
auf. Weitere Verbesserungen werden immer schwieriger. Eine Herausforderung bleiben deshalb auch die strengen Vorgaben
des Emissionshandelssystems. Hier ist das oberste Ziel der Papierindustrie ein Verbleib auf der Carbon-Leakage-Liste.
Diese zählt Industriesektoren auf, die besonders gefährdet sind, ihre Produktion aufgrund der strengen
EU-Klimaschutzauflagen in Länder mit weniger strengen Auflagen zu verlagern. Für sie muss eine entsprechende
Gratiszuteilung weiterhin gewährleistet bleiben, um Klima- und Industriepolitik in Einklang zu bringen.
Vorrang für den Weg zur Bioraffinerie
Auch 2017 hat der Weg in Richtung Bioraffinerie Priorität für die Papierindustrie. Denn neben den
herkömmlichen Einsatzgebieten bietet die Faser viele neue Anwendungsmöglichkeiten, die teilweise gerade
erst erforscht werden. Schon lange etabliert ist die Herstellung von Viskose, Tallöl oder Säuren. Nun
rücken aber auch ganz neuartige Produkte in den Fokus, wie Formteile aus Biopolymeren, Bauelemente aus faserverstärktem
Kunststoff oder flüssige Spaltprodukte der Zellstofflauge. Ganz im Zeichen der Faser und ihrer Bedeutung für
die Papierindustrie steht deshalb der neue Branchenbericht 2016/17.
Austropapier – Vereinigung der Österreichischen Papierindustrie
Austropapier repräsentiert – gemeinsam mit dem Fachverband der Papierindustrie - die Unternehmen der österreichischen
Papierindustrie. 24 Betriebe erzeugen jährlich fast 5 Millionen Tonnen Papier, Karton und Pappe. Sie stellen
fast 8.000 Arbeitsplätze direkt bereit und tragen zur Einkommenssicherung von hunderttausenden Menschen in
der heimischen Forst- und Holzwirtschaft, in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie und dem Druck- und Grafik-Sektor
bei.
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