Brexit: Regierung lehnt höhere EU-
 Beitragszahlungen Österreichs ab

 

erstellt am
27. 04. 17
13:00 MEZ

Nationalrat diskutiert EU-Verhandlungsleitlinien vor Brexit-Gipfel
Wien (pk) - Im Vorfeld des Brexit-Gipfels am 29.04., bei dem die Verhandlungsleitlinien zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union von den übrigen 27 Staats- und Regierungschefs beschlossen werden sollen, bekannten sich Bundeskanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am 26.04. zu dem von der EU geplanten gemeinsamen Verhandlungsmandat gegenüber dem Vereinigten Königreich. Separate Verhandlungen bzw. bilaterale Einzelverträge schließt die Regierungsspitze im Zuge der Brexit-Verhandlungen aus. Ablehnend äußerte sich Kern und Mitterlehner allerdings gegenüber einer möglichen Anhebung der EU-Beitrittszahlungen Österreichs, um Löcher im EU-Budget, die durch den Austritt der Briten entstehen, zu stopfen. Laut Bundeskanzler belaufen sich Schätzungen der Kommission über mögliche Kosten für die Union auf rund 60 Mrd. €. Großbritannien ist so wie Österreich einer von zehn Nettozahlern in der EU, angepeilt wird ein geordneter Austritt der Briten bis 2019.

In ihren Regierungserklärungen im Nationalrat beteuerten sowohl Kern als auch Mitterlehner zudem ihren proeuropäischen Kurs. Es gehe nunmehr nicht um die Frage, ob es eine EU braucht, sondern, wie sie gestaltet bzw. besser gemacht werden kann.

Entschließungen der Opposition zu Brexit und Türkei abgelehnt
Während der Debatte versuchte die Opposition ihr Glück mit einigen Entschließungsanträgen zum Brexit und der Türkei, die aber allesamt abgelehnt wurden.

So spricht sich die FPÖ für Reformen in der EU-Verwaltung und Einsparungen im EU-Budget aus, um den Entfall der Beiträge durch den Austritt Großbritanniens auszugleichen. Der Verlust des jährlichen Nettobeitrags von 14 Mrd. € dürfe keinesfalls durch die Erhöhung anderer Beiträge kompensiert werden, halten die Freiheitlichen fest. In gleicher Weise lehnen sie auch jegliche Erhöhung des österreichischen EU-Nettobeitrags ab und fordern zudem die Bundesregierung auf, sich gegen Kürzungen von EU-Förderungen an Österreich wehren.

Die NEOS wiederum erachten es im Zuge des Brexit als notwendig, einen unabhängigen Expertenrat einzurichten, der den Brexit-Prozess tagesaktuell analytisch begleitet und der Bundesregierung und dem Parlament Vorschläge zur weiteren Vorgehensweise unterbreitet.

Mittels einer weiteren Entschließung verlangt die FPÖ, umgehend einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu erwirken. Mit dem Ausgang des türkischen Referendums und der damit verbundenen Einführung einer islamistischen Präsidialdiktatur sei endgültig klar, dass die Türkei nie ein Teil Europas sein könne. Die freiheitlichen Abgeordneten fordern auch eine Änderung zum Staatbürgerschaftsgesetz, welche die Aussetzung der Einbürgerung von Türkinnen und Türken zum Inhalt hat.

Zur Türkei haben auch die NEOS eine Entschließung eingebracht. Sie wollen die Zahlungen, die im Rahmen der Heranführungshilfe durch die EU an die Türkei getätigt werden, so schnell wie möglich eingestellt wissen. Die Türkei entwickle sich seit einigen Jahren immer weiter weg von einem demokratischen Rechtsstaat und hin zu einem autokratischen Regime, was vermuten lasse, dass die Türkei kein Interesse mehr daran hat, Teil der EU zu werden, begründen die NEOS ihren Vorstoß. Das könne man auch den Aussagen des türkischen Präsidenten und seiner Regierungsmitglieder entnehmen.

Das Team Stronach macht sich für die Einrichtung von UNO-Schutzzonen in Krisenregionen stark. Dort solle den Flüchtlingen die Möglichkeit gegeben werden, ihren rechtlichen Status klären zu lassen, um den Antritt einer lebensgefährlichen Reise unter illegalen Voraussetzungen a priori obsolet zu machen. Damit würde man auch einen wirksamen Schritt gegen die Schlepperkriminalität setzen.

Kern: Brexit-Verhandlungen sind Lackmustest für europäische Solidarität
Bundeskanzler Christian Kern bezeichnete die Brexit-Verhandlungen als einen Lackmustest europäischer Einigkeit und Solidarität. Es dürfe den Briten nicht gelingen, die Union in ihre Einzelinteressen zu spalten. Dementsprechend wichtig sei, dass das gemeinsame Verhandlungsmandat bei der Kommission liegt, wodurch die EU mit einer Stimme für alle 27 Mitgliedsstaaten spreche. Geht es um die Verhandlungen selbst, könne die EU kein Rosinenpicken für die Briten zulassen. Großbritannien könne nicht dieselben Rechte wie die Mitgliedsstaaten beanspruchen, vermieden werden müsse außerdem Steuer-Dumping. Sozial- und Umweltstandards müssten im Rahmen von Freihandelsabkommen außerdem aufrechterhalten bleiben. Zentral ist für Kern zudem die Frage über finanzielle Vereinbarungen. "Es darf zu keiner höheren Belastung der Zahlerländer kommen", so die Position des Bundeskanzlers.

Frustration über das Phänomen der Migration sowie Abstiegsängste, die laut Ursachenanlayse zum Brexit-Votum geführt hätten, sind Kern zufolge aber nicht nur in Großbritannien Realität. Auch wenn es immer schwieriger werde, Konsens in der EU zu finden, liege es auch im Interesse Österreichs, Zweifel an der Union auszuräumen. Deshalb plädiere er für einen proeuropäischen Reformprozess. Extrem verkürzte, holzschnittartige Überschriften würden dafür aber nicht ausreichen. Europa müsse wieder zu einem Projekt der Menschen werden, in dem es nicht nur um Gewinn- und Verlustrechnung bzw. Bilanzen geht.

Mitterlehner: EU soll sich vermehrt großen Fragen widmen
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner stimmte mit Kern überein, dass es nicht darum gehe, keine EU zu haben, sondern eine bessere. Die EU müsse sich den großen Herausforderungen, die Einzelnationen alleine nicht lösen könnten, etwa Fragen der Migrationspolitik oder der Ernährungssicherheit, widmen und kleinere Entscheidungen den Mitgliedsstaaten überlassen. Zukunftsthema in Europa ist für den Vizekanzler auch v.a. die Digitalisierung. Im Zuge der Brexit-Verhandlungen geht es für Mitterlehner außerdem insbesondere um die Rechtssicherheit für BürgerInnen, ein Rosinenpicken für die Briten lehnt auch er ab. Dass die Verhandlungen bis 2019 aufgrund der dann anstehenden Europwahl abgeschlossen sein müssen, wertet er als positiv. Nicht verleugnet werden könne jedoch der Fakt, dass die EU mit Großbritannien die zweitstärkte Volkswirtschaft verliert. "Eine Trennung ist immer schmerzhaft für beide Seiten", so Mitterlehner, umso wichtiger sei es, dass es mit Blick auf mögliche negative Konsequenzen ein gemeinsames Verhandlungsmandat der Union gibt.

Strache: Keine höheren EU-Beitragszahlungen von Seiten Österreichs
Die Europäische Union erntete einmal mehr ausschließliche Kritik von FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache. Die Union habe versagt, die Frustration sei nicht nur in Großbritannien groß, so seine Bestandsaufnahme. Angeprangert wurde vom FPÖ-Chef v.a. das "völlige Scheitern" der EU bei eigenen Gesetzen, etwa wenn es um die Dublin-Verordnung oder den Schengen-Raum geht. Europa gehöre neu gedacht, passiert sei seit dem Brexit-Referendum allerdings nichts. Strache tritt dafür ein, dass die EU zu ihren Kernkompetenzen bzw. zu einem Wirtschafts- und Friedensprojekt zurückkehrt. Er wünscht sich ein "föderales Europa der europäischen Vaterländer" und kein Europa der Zentralisten, wie er sagte. In Punkto Brexit-Verhandlungen muss die Regierung aus seiner Sicht zudem sicherstellen, dass es weder zu Erhöhungen bei den Nettobeitragszahlungen Österreichs noch zu Kürzungen bei den EU-Förderungen kommt. Gespart soll hingegen bei den EU-Institutionen werden. Den Sparstift würde er in der EU-Verwaltung oder bei den Abgeordnetengehältern ansetzen.

Bundeskanzler Kern meinte dazu, dass Strache mit der Notwendigkeit, sparsamer und effizienter in der EU zu agieren zwar prinzipiell recht habe, man dürfe den BürgerInnen aber nicht weismachen, dass damit alle Kosten kompensiert werden könnten. Die EU werde nicht umhin kommen, auch eine Diskussion über die Förderungen zu führen.

Schieder: Öxit wäre ein schwerer Fehler
Nach Meinung von SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder werden die Briten durch den Brexit verlieren. Am Schluss würde diese Fehlentscheidung, die auf Falschinformationen und Lügen gebaut worden sei, ein Schaden und nicht gut für die Entwicklung des Vereinigten Königreichs sein. Versprechen an die Briten vor dem Referendum, wonach das britische Gesundheitssystem bei einem Austritt gestärkt werden würde, stelle sich beispielsweise bereits jetzt als nicht richtig heraus. Demzufolge wäre ein Öxit für Österreich ein schwerer Fehler, das Land habe durch den EU-Beitritt sehr profitiert. Er sei außerdem froh, dass Emmanuel Macron an die Spitze des ersten Wahlgangs in Frankreich gelangt sei, die rechtspopulistische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen stehe hingegen für den Missbrauch europäischer Steuergelder. Schieder ist der Meinung, dass der Brexit auch eine Chance für die EU sein kann. Etwa sollte aus seiner Sicht die europäische Wirtschaftspolitik neu definiert werden. Prioritär sind für ihn aber die Schaffung einer effizienten europäischen Außenpolitik, die Stärkung des Standorts Europa und die Errichtung einer sozialen Säule der Union. Dazu gehöre beispielsweise der gemeinsame Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping.

Lopatka: Idee einer Sozialunion ist Utopie
In der Frage, wie die EU in Zukunft aussehen soll, war der Klubobmann der ÖVP Reinhold Lopatka gegenteiliger Meinung. Die Idee einer Sozialunion ist für ihn eine Utopie, wie er dem Zugang Schieders eine klare Absage erteilte. Eine Sozialunion sei mit Blick auf die unterschiedlichen Systeme innerhalb der Mitgliedsstaaten nicht finanzierbar, oder aber Österreich müsse seine Standards nach unten nivellieren. Lopatka gibt hingegen der Linie seiner Fraktion Rückendeckung, wonach es mehr Europa braucht in den großen Fragen und weniger, "wo es notwendig ist" bzw. Nationalstaaten besser entscheiden können. Das bedeutet für Lopatka eine Stärkung der Subsidiarität bzw. starke Nationalstaaten, die etwa in Fragen der Flüchtlings- und Sicherheitspolitik bzw. den Kampf gegen den Terrorismus zusammenarbeiten, bei der Ausgestaltung des Sozialsystems aber Entscheidungshoheit behalten. Hätte die EU ihre Außengrenzen geschützt und die Migration eingedämmt, wäre es nicht zum Brexit gekommen, so die Meinung des ÖVP-Klubchefs.

Glawischnig-Piesczek: Gegen Politik des Zündelns zur Wehr setzen
Für die Grünen-Chefin Glawischnig-Piesczek ist evident, dass der Ausgang des Brexit-Referendums an einer "Politik des Zündelns" liegt. Es habe sich um Scharfmacherei und populistisches Vorgehen gespickt mit Lügen von PolitikerInnen und dem Boulevard gehandelt. Demnach war die Entscheidung für einen Brexit nicht nur der Ausdruck von Unzufriedenheit, sondern eine Warnung vor dem Zündeln mit Europafeindlichkeit, Populismus und Angstmache. Sie wertet den Brexit als einen Weckruf, sich bei aller berechtigter Kritik an der Union nicht an dieser "Schwarzmacherei" zu beteiligen. Massive Kritik erntete hier die FPÖ, diese habe sich an "diesem Einpeitschen" offen beteiligt. Mittlerweile gehe es aber nicht mehr nur um rechtspopulistische Parteien, sondern auch um die europäische Mitte. Glawischnig-Piesczek warnte dahingehend vor einer Endsolidarisierung in der EU. Geht es um die Brexit-Verhandlungen, müsse das Augenmerk vor allem auf die BürgerInnen beider Seiten gelegt werden, damit diese nicht zum Faustpfand in den Verhandlungen werden.

Strolz: Wer Europa liebt, muss es kritisieren
Gegen Rechtspopulismus in Europa stellte sich auch NEOS-Chef Matthias Strolz. "Patriotismus und Europaliebe lassen sich vereinbaren", so seine Botschaft, ein Beweis dafür sei das Ergebnis des ersten Wahlgangs in Frankreich. Wer Europa liebe, müsse es kritisieren, meinte Strolz, das müsse aber in einer konstruktiven, lösungsorientierten Grundhaltung passieren. Die FPÖ wolle hingegen an der Seite der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen Europa zerstören. Vorwürfe eines anti-europäischen Kurses musste auch die ÖVP einstecken, sie würde die europäische Einigungsidee in nationalen Logiken ersticken. Wie die SPÖ habe sich auch die ÖVP von der FPÖ anstecken lassen. Strolz warb schließlich für das Gemeinsame in Europa und bekräftige die Forderungen seiner Fraktion nach einer lückenlosen Kontrolle der EU-Außengrenzen samt Erfassung biometrischer Daten und dem schrittweise Aufbau einer EU-Armee.

Lugar: Flüchtlingskrise ist Ursache für Brexit
Ursachenforschung für den Brexit stellte ebenfalls Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar an. Aus seiner Sicht ist die Flüchtlingskrise der Grund, warum sich die Mehrheit der Menschen in Großbritannien für einen Austritt aus der Union entschieden haben. "Die Briten wollen sich nicht mehr länger auf der Nase herumtanzen lassen", so Lugar. Hinter den Migrationsströmen steht für ihn eine Art geheime Agenda der Union, die nicht offen kommuniziert werde und einen Kulturaustausch zum Ziel habe. Flüchtlinge würden etwa am Meer in der Nähe zur lybischen Küste aufgespürt und nach Italien gebracht, weil man diese Menschen hier in der Union haben wolle. "Man will so viele Fremde nach Europa lassen, bis es in Europa keine Kulturen mehr gibt", so seine These. Die EU glaube, so Lugar, wenn sie Menschen und Kulturen wie in der Waschmaschine durcheinandermische, gebe es keine Kriege mehr. Das sei falsch, der einfachere Weg sei die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa.

Uneinigkeit über zukünftige Ausgestaltung der EU im Nationalrat
Die Frage, wie es mit der EU weitergehen soll, wurde in der Nationalratsdebatte zur Regierungserklärung nicht nur von der Opposition differenziert beantwortet, auch die Abgeordneten der Regierungsfraktionen haben unterschiedliche Zugänge, wenn es um die Zukunft der Union geht.

SPÖ für Balance zwischen nationaler Souveränität und EU-Ebene
Josef Cap sprach von der Notwendigkeit einer radikalen Veränderung, wobei seiner Einschätzung nach vor allem die Einhaltung der Balance zwischen nationaler Souveränität und der europäischen Ebene wichtig ist. Nicht in Frage kommt für den Obmann des Außenpolitischen Ausschusses etwa die Abgabe der Budgethoheit an Brüssel. Christine Muttonen gab zu bedenken, dass die Briten weiterhin auf eine starke EU angewiesen sind, in den Verhandlungen müsse Ruhe bewahrt werden, ein Abstrafen hätte keinen Sinn. Die SPÖ-Europasprecherin plädierte für eine enge und vertrauensvolle Partnerschaft der EU mit Großbritannien, stellte aber klar, die Rechte und Vorteile des Binnenmarktes könnten nur den Mitgliedstaaten offenstehen. Ihr Fraktionskollege Hannes Weninger wiederum lenkte den Blick auf die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und merkte kritisch an, Ankara stelle mit seiner aktuellen politischen Führung keinen geeigneten Partner dar.

ÖVP gegen Renationalisierungstendenzen in der EU
Jakob Auer beleuchtete die unterschiedlichen Interessenslagen in Europa am Beispiel der Landwirtschaft und stellte fest, gerade die österreichischen LandwirtInnen würden sich in einem permanenten Reformprozess befinden, der gleichzeitig aber auch eine Chance für BäuerInnen und KonsumentInnen biete. Renationalisierungen seien nach Auers Dafürhalten nicht anzustreben. Angelika Winzig bedauerte den Austritt der Briten aus der EU auch aus wirtschaftlicher Sicht. Ein neues Kapitel sei nun zu starten, zumal die Union von vielen Menschen derzeit als Summe von Ängsten, Krisen und Nationalismen gesehen werde. Es bedürfe jedenfalls eines engeren Zusammenrückens, ist Winzig überzeugt, die im Übrigen der EU empfiehlt, sich als größte Handelsmacht der Welt selbstbewusst zu präsentieren.

FPÖ für Abbruch der Beitrittsgespräche mit Ankara
Herbert Kickl kritisierte zunächst den Bundeskanzler, der seiner Meinung nach mit dem Motto "Jetzt geht's los" permanent für einen Neustart bereit sei. Was Europa betrifft, forderte er die Beendigung der "völlig sinnlosen Beitrittsgespräche" mit der Türkei. Beim Brexit schließlich lehnt Kickl Härte gegenüber den Briten ab, wobei er überdies davor warnte, nun ein Exempel zu statuieren. Johannes Hübner holte zu einem Rundumschlag gegen die Politik der EU aus und stellte pointiert fest, es sei zweifelhaft, dass Großbritannien überhaupt Interesse daran habe, "Rosinen" der Union, wie etwa die Schuldenunion oder die Verpflichtung zur Übernahme zahlreicher von Brüssel beschlossener Normen, zu picken. In eine ähnliche Kerbe schlug auch der fraktionslose Mandatar Rupert Doppler mit seiner Einschätzung, die Union betreibe ihre Politik an den BürgerInnen vorbei.

Grüne wollen soziale Schieflage in Europa beseitigen
Grünen-Europasprecher Werner Kogler kreidete Bundesminister Sebastian Kurz seine Abwesenheit im Plenum an. "Der Herr Europaminister betätigt sich derzeit als europapolitischer Geisterfahrer", er solle weniger "beim Boulvard aus- und eingehen", so Kogler. Die Vorarbeiten im Hinblick auf den Ratsvorsitz Österreichs laufen laut Kogler bisher mangelhaft. Eine radikale Reform der EU und Nachbesserung der Kommissionspolitik – etwa bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit oder des Steuerbetrugs - seien dringend notwendig. Hier knüpfte auch Tanja Windbüchler-Souschill an, die die EU gefordert sieht, eine Sozialunion zu schaffen und dabei insbesondere die extreme soziale Schieflage innerhalb Europas zu beseitigen.

Team Stronach kritisiert Flüchtlingspolitik der EU
Christoph Hagen und Leopold Steinbichler vom Team Stronach sahen ebenso wie der fraktionslose Abgeordnete Marcus Franz in der Zuwanderungspolitik den Hauptgrund für den Brexit und für das Unbehagen gegenüber der EU. Das Flüchtlingsproblem müsse außerhalb Europas gelöst werden, es gehe nicht an, dass NGOs die Flüchtlinge direkt vor der libyschen Grenze "abholen" und damit das Geschäft der Schlepper unterstützen. Ein Antrag des Team Stronach-Abgeordneten mit der Forderung nach Initiativen Österreichs für ein EU-Mandat zur Einrichtung von Schutzzonen in den Krisenregionen fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit. Hagens Fraktionskollege Leopold Steinbichler nahm die Debatte auch zum Anlass, die Agrarpolitik der Bundesregierung mit scharfen Worten zu kritisieren und einmal mehr auf eine Palmfettsteuer zu drängen.

NEOS vermissen konkrete Pläne der Regierung über Zukunft der EU
Rainer Hable wies vor allem auf die Komplexität der Brexit-Verhandlungen hin, gehe es doch darum, die engen Verflechtungen zwischen Großbritannien und der Union wieder aufzulösen, wobei Finanzierungs- und Kompetenzfragen noch einer Klärung bedürfen. Hier sei das österreichische Know-how mangelhaft, gab Hable zu bedenken und forderte in einem allerdings abgelehnten Entschließungsantrag die Einrichtung eines Expertenforums zur Begleitung des Brexit-Prozesses. Claudia Gamon bekannte sich mit Nachdruck zur EU, vermisste aber seitens der Bundesregierung jeglichen europapolitischen Plan. Ihre Fraktionskollegin Karin Doppelbauer schließlich wandte ein, in Zukunft werde es verstärkt um die Frage gehen, wie Europa mit Staaten umgeht, die sich von einer EU-Mitgliedschaft überfordert sehen oder die EU-Grundwerte verletzen. Was die Türkei betrifft, plädierte sie für die Aufrechterhaltung des Dialogs. Nicht durchsetzen konnte sich Doppelbauer hingegen mit ihrem Antrag, die EU-Zahlungen im Rahmen der Heranführungshilfe einzustellen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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