Das 1. Orthodoxe Kloster in Österreich wird nicht an diesem Ort errichtet
Eisenstadt (martinus) - Er sei "betrübt, aber überzeugt von der moralischen Richtigkeit dieser
Entscheidung", die zugleich die Handschrift des größten Respekts und eines christlichen Ethos der
Achtung und des offenen Herzens selbst für jene trägt, die dem Klosterprojekt "skeptisch oder gar
feindselig gegenüberstehen": Der Metropolit von Austria und Exarch von Ungarn und Mitteleuropa, Arsenios
Kardamakis, teilt in einem persönlichen Gespräch am 25. und einem am 26.04. übermittelten Brief
Bürgermeister Erich Goldenitsch und dem Gemeinderat von St. Andrä am Zicksee mit, "dass die griechisch-orthodoxe
Metropolis von Austria ihr Ansuchen auf Umwidmung des besagten Grundstücks hiermit zurückzieht".
Man werde sich "der Standortfrage für das 1. Orthodoxe Kloster Österreichs neu widmen", und
zwar "in aller innerer Freiheit" und "ohne dass eine neue Standortentscheidung bereits vorläge",
so der Metropolit in seinem Schreiben, das hier als Originaldokument im Wortlaut zum Download zur Verfügung
steht.
Chance vertan – Trotz Segen des Papstes und des Patriarchen
Damit scheint die Gemeinde mit ihren 1.365 Einwohnerinnen und Einwohnern die Chance auf ein einzigartiges Jahrhundertprojekt
endgültig vertan zu haben. Und das, nachdem Papst Franziskus den Menschen von St. Andrä in einem persönlich
an sie gerichteten Schreiben "für ihre Offenheit gedankt und dem Klosterprojekt seinen Segen erteilt"
hat. Selbst Patriarch Bartholomaios I., der griechisch-orthodoxe Ökumenische Patriarch von Konstantinopel
und 270. Nachfolger des Apostels Andreas (zugleich der Namensgeber der burgenländischen Gemeinde!), hat St.
Andrä besucht, das von der Diözese Eisenstadt gestiftete Grundstück gesegnet "und mit den Menschen
in St. Andrä ein bewegendes Fest der Begegnung gefeiert", wie Erzbischof Arsenios in seinem Brief erinnert.
Ein Ort scheitert an sich selbst
Die Spitzen der christlichen Welt würdigten das geschichtsträchtige Vorhaben. Und sie würdigten
St. Andrä, einen kleinen Ort im burgenländischen Seewinkel, ob der Möglichkeit, einem religionshistorisch
herausragenden Zeichen eine Heimat zu geben. Doch der Ort scheiterte offensichtlich an der eigenen kulturellen
Chance, was nun durch das Schreiben von Metropolit Arsenios, der seine Entscheidung mit Herzlichkeit, mit größtem
Respekt und ohne jede Spur von Verbitterung, aber doch mit unmissverständlicher Klarheit zum Ausdruck bringt,
verbrieft ist.
Lange Zuversicht trotz Stigmatisierungen
Von Anfang an, also seit Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics durch die von ihm initiierte Stiftung
eines kirchlichen Grundstücks in der Gemeinde das erste orthodoxe Kloster-Projekt in der Geschichte Österreichs
im Herbst 2014 ins Rollen brachte, wurde Stimmung gegen ein christliches Kloster gemacht. "Emotionen und Angst
wurden geschürt, Gerüchte wurden gestreut, viele davon verletzend für die Orthodoxe und die Katholische
Kirche gleichermaßen", heißt es in dem Brief. Dennoch seien alle zuversichtlich gewesen, dass
ein "christliches Kloster letztlich für sich selbst sprechen würde".
Kloster: Symbol des Friedens, der Versöhnung, der Ökumene
Schließlich gehe es darum, "den orthodoxen Christen" und allen Menschen guten Willens im pannonischen
Raum ein "spirituelles Zentrum", einen "christlichen Wallfahrtsort" zu schenken, der gerade
"ein Vierteljahrhundert nach dem Fall des Eisernen Vorhangs der ganzen Gesellschaft ein starkes Symbol für
ein Europa des Geistes, des Friedens und der Versöhnung" sei. Ein solches Kloster sei ein "Zeichen
in der Welt", eine "Erinnerung der Möglichkeit für jeden Menschen, umzukehren und zu Gott zurückzukehren".
Es sei zudem eine "Fortschreibung der reichen Geschichte der Griechen in Österreich", die "bis
in die Zeit der Babenberger, ja bis in die Römerzeit zurückreicht", wie Metropolit Arsenios in dem
Brief betont.
Diözesansprecher Orieschnig: Wissen, wogegen man ist
Bereits kürzlich hatte der Sprecher der Diözese Eisenstadt, Dominik Orieschnig, in einem kathpress-Interview
"xenophobe Untertöne" in St. Andrä, den "Zick-Zack-Kurs" der Ortsführung sowie
den Versuch, der Kirche bis zuletzt das Grundstück für anderweitige Zwecke "abzuluchsen", verurteilt
und damit die Herausforderungen in St. Andrä analysiert. In diesem Zusammenhang hat der promovierte Religionsrechtsexperte
die Frage aufgeworfen, ob jene, die sich gegen das Klosterprojekt aussprechen, auch tatsächlich wüssten,
wogegen sie seien: "Nämlich gegen einen Ort der Stille und des Gebets, des Friedens und der Versöhnung
und nicht zuletzt gegen einen Ort einer besonders naturverbundenen Lebensart". Oder mit den Worten von Metropolit
Arsenios: Ein orthodoxes Kloster sei ein Ort der Gemeinschaft, die die Grundbotschaft des Christentum "existentiell
zu leben" versucht – "in Gebet und Meditation, im Feiern der Göttlichen Liturgie, durch Werke der
Barmherzigkeit und der Gastfreundschaft sowie durch einen einfachen und respektvollen Lebensstil, der im Einklang
mit Gottes Schöpfung steht".
Metropolit betont Grundwert der Freiheit
Trotz der beschämenden Umstände im Sog von geschürten Kampagnen bis hin zu gezielten Falschmeldungen,
ja Stigmatisierungen und Diffamierungen, ist der Brief des Metropoliten von großem Respekt getragen und enthält
keine Spur der Verbitterung: "Man muss die Haltung des Anderen respektieren und ihn freilassen, auch wenn
man selbst etwas anderes erhofft hätte", heißt es darin. Ein christliches Kloster, betont Metropolit
Arsenios ausdrücklich, sei selbst ein "Ort der Freiheit". Der Grundwert der Freiheit komme allen
Menschen zu, auch dann, wenn der Anspruch auf einen verantwortungsvollen, respektvollen, würdevollen Umgang
mit Freiheitsräumen nicht oder mangelhaft umgesetzt werde.
Ausgestreckte Hände des Metropoliten
Und bevor der griechisch-orthodoxe Metropolit allen "Menschen von St. Andrä" seine Segenswünsche
übermittelt und seine Verbundenheit mit ihnen im Gebet zum Ausdruck bringt, betont er: "So ist auch in
St. Andrä in den vergangenen zweieinhalb Jahren trotz aller Irritationen viel Gutes entstanden und wird, dessen
bin ich überzeugt, in Zukunft reiche Frucht bringen." Er werde gemeinsam mit Bischof Ägidius Zsifkovics
Wege erarbeiten, um den mit dem Klosterprojekt und dem konkreten kirchlichen Grundstück verbundenen "Segen
und die ökumenische Botschaft von Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios I. für alle Menschen wahrnehmbar
und wirksam" machen zu können.
Christliche Einladung auch für Gegner
Mit der provisorischen Niederlassung, in der die fünf Mönche schon seit geraumer Zeit leben, sei
eine Möglichkeit geschaffen worden, "eine bleibende Verbindung und Verbundenheit der Orthodoxen Kirche
mit den Menschen in St. Andrä aufrecht zu erhalten". Diese Verbindung und Verbundenheit biete er nicht
nur den "Freunden, Unterstützern und Gönnern der Mönchsgemeinschaft" an, denen der Metropolit
in seinem Schreiben seinen aufrichtigsten Dank ausspricht. Sie sei auch eine Einladung an jene, die dem Projekt
"bis zuletzt skeptisch oder gar feindselig gegenüberstehen. Unterschiedslos ihnen allen gilt die christliche
Botschaft und Gastfreundschaft der orthodoxen Mönche von St. Andrä", sagt Metropolit Arsenios Kardamakis
wörtlich.
Bischof Zsifkovics: "Schäme mich"
In einer ersten Stellungnahme drückt Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics sein tiefes Bedauern
für eine von der Gemeinde St. Andrä verspielte Jahrhundertchance aus: "Ich bedaure dies sehr und
schäme mich, dass im Burgenland so etwas möglich ist. Die Entscheidung des Metropoliten nach all der
langen Zeit des – wie er selbst schreibt – geduldigen Wartens, Hoffens und Offenseins ist absolut verständlich.
Metropolit Arsenios hat mich über den Entschluss, die Standortfrage neu aufzurollen, in einem persönlichen
und wie immer freundschaftlichen Gespräch informiert."
Jetzt erst recht: Solidarität und Freundschaft mit orthodoxer Kirche
Zugleich versicherte Diözesanbischof Zsifkovics, er stehe selbstredend weiterhin bei der Standortsuche
uneingeschränkt an der Seite des Metropoliten: "Es ist großartig, mit welcher Noblesse und wahrhaft
christlicher Haltung Metropolit Arsenios mit den beschämenden Aktionen auf Gemeindeebene umgeht. Freiheit
ist das größte Geschenk, das Gott dem Menschen gegeben hat, sagt der Metropolit in seinem Schreiben.
Wir sollten uns bemühen, ein solches Geschenk in verantwortungsvoller Offenheit, in Achtung und Anerkennung
füreinander annehmen zu lernen. Die Stellungnahme des Metropoliten zeigt eindrucksvoll, dass die Achtung der
Freiheit und die auf christlicher Liebe fußende Begegnungsfähigkeit zusammengehören", so der
Bischof in einer ersten Stellungnahme.
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