Ebreichsdorfs Zukunft? „Ned deppert!“

 

erstellt am
26. 04. 17
13:00 MEZ

Eine „Smart City“ soll die Gemeinde Ebreichsdorf werden – mit Unterstützung der TU Wien. In enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung wurde überlegt, wie sich Ebreichsdorf entwickeln soll.
Ebreichsdorf/Wien (tu) - Eines steht fest: Die Gegend um Ebreichsdorf wird sich in nächster Zeit dramatisch verändern. Die Gemeinde im Süden von Wien, in Pendel-Distanz zur Hauptstadt, verzeichnet seit vielen Jahren ein rasantes Bevölkerungswachstum, eine Trendumkehr ist nicht abzusehen. Nun soll ein neuer Bahnhof gebaut werden – ein guter Anlass, um über die Stadtentwicklung von Ebreichsdorf ganz neu nachzudenken.

Seit einem Jahr leitet die TU Wien in Kooperation mit dem Energiepark Bruck/Leitha, der Energie- und Umweltagentur Niederösterreich und der Stadtgemeinde Ebreichsdorf ein Forschungsprojekt, mit dem es gelingen soll, einer Stadtgemeinde ein neues Gesicht zu geben. Eine „Smart City“ soll Ebreichsdorf werden, und davon sollen am Ende alle etwas haben: Die alteingesessene Bevölkerung, die vielen Neuankömmlinge, die sich in den nächsten Jahren dort niederlassen wollen, und nicht zuletzt die Umwelt.

Welche Rolle soll der neue Bahnhof spielen?
„Der neue Bahnhof, der bis 2023 fertiggestellt sein soll, wird eine enorme Bedeutung für die Gemeinde haben“, ist Prof. Thomas Dillinger vom Department für Raumplanung der TU Wien überzeugt. „Alleine schon deshalb, weil viele Leute aus der Gemeinde von dort aus nach Wien zur Arbeit pendeln.“

Eine neue Bahntrasse wird zwischen den Siedlungsgebieten von Ebreichsdorf und Unterwaltersdorf, die beide zur selben Gemeinde gehören, hindurchführen. In der Mitte zwischen den beiden Ortsteilen soll der neue Bahnhof entstehen. Was das für die Stadt bedeutet, ist allerdings noch nicht klar: Soll es ein Bahnhof auf der grünen Wiese bleiben? Soll der Bereich um den Bahnhof zum neuen Stadtzentrum werden? Sollen Ebreichsdorf und Unterwaltersdorf langfristig zusammenwachsen?
„Entscheiden muss das letztlich die Bevölkerung der Region“, sagt Thomas Dillinger. „Aber wir können den Prozess begleiten und haben in unserem Projekt ‚Smart City Ebreichsdorf‘ versucht, Bedürfnisse zu erheben, Ideen zu sammeln und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welche Fragen für die Zukunft der Gemeinde wirklich wichtig sind.“

Dumme Fehler vermeiden
Und so hat das Team der TU Wien Workshops veranstaltet, Interviews geführt und Dorffeste besucht – denn ein solches Stadtentwicklungsprojekt kann nur gelingen, wenn es Rückhalt in der Bevölkerung genießt. So musste Thomas Dillinger immer wieder in einfachen Worten erklären, was er überhaupt meint, wenn er von „Smart City“ spricht. „Smart heißt ned deppert“, sagt er dann gerne. „Es geht darum, dumme Fehler zu vermeiden, die leicht passieren, wenn man in so einer Situation nicht zwanzig, dreißig Jahre in die Zukunft schaut.“

Wenig smart wäre es etwa, einfach einen ganz gewöhnlichen Regionalbahnhof auf die Wiese zu stellen, mit einem großen Parkplatz daneben. In einer Stadt, die so schnell wächst, muss man die zukünftige Stadtentwicklung mitberücksichtigen.

Das funktioniert nur, wenn man interdisziplinär arbeitet und verschiedene Themen zusammenführt, und so setzt sich das Team der TU Wien aus unterschiedlichen Fachbereichen zusammen: Vom Department für Raumplanung sind neben Thomas Dillinger auch Prof. Sibylla Zech und Prof. Rudolf Scheuvens beteiligt. Am landschaftsplanerischen Aspekt des Projektes arbeiten Dr. Peter Kurz und Dr. Gisa Ruland (Institut für Städtebau, Landschaftsarchitektur und Entwerfen). Mit architektonischen Fragen rund um den Bahnhof selbst beschäftigt sich Prof. Karin Stieldorf (Institut für Architektur und Entwerfen), und nicht zuletzt spielt auch die Technologie des Bauens eine wichtige Rolle – hier bringt Prof. Thomas Bednar (Institut für Hochbau und Technologie) sein Wissen ein.

Ein Katalog von Szenarien
Gemeinsam hat man im vergangenen Jahr zahlreiche Inputs aus Regionalpolitik und Bevölkerung erhoben, diskutiert und aufgegriffen und schließlich verschiedene Zukunftsszenarien für Ebreichsdorf analysiert. „Welches dieser Szenarien – oder welche Mischung verschiedener Szenarien – dann tatsächlich Wirklichkeit wird, können wir nicht festlegen“, sagt Thomas Dillinger. „Aber wir können frühzeitig darauf hinweisen, welche Vor- und Nachteile daraus entstehen.“

Dabei gibt es viele Fragen zu berücksichtigen: Wie soll sich der regionale Verkehr entwickeln? Welche Gebiete sollen in Zukunft verbaut werden? Welche sollen weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden? Was bedeutet es für die derzeitigen Zentren, wenn am neuen Bahnhof ein neues Stadtzentrum entsteht? Wie verhindert man, dass der Bahnlärm zum Problem wird? Wie wird Ebreichsdorf energieeffizient und ressourcensparend?

Auf all diese Fragen gibt es keine schnellen, einfachen Antworten. Aber es gibt Expertinnen und Experten, die sich gemeinsam mit der Lokalbevölkerung darüber Gedanken machen. „Unser erstes Forschungsprojekt, das unter anderem vom Klima- und Energiefonds der FFG und vom Land Niederösterreich unterstützt wurde, ist nun abgeschlossen, und ich bin sicher, dass nun alle Beteiligten eine klarere Vorstellung davon haben, wie die Zukunft der Gemeinde aussehen kann“, glaubt Dillinger. „Aber natürlich wollen wir die Entwicklung von Ebreichsdorf zur Smart City auch in Zukunft weiter begleiten.“

 

 

 

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