Vom Finanzausgleich bis zur Ausbildungsgarantie – Europäische Kommission sieht Fortschritte
bei der Umsetzung ihrer länderspezifischen Empfehlungen
Wien (pk) - Österreich hat bei der Umsetzung der von der Europäischen Kommission vorgegebenen
länderspezifischen Empfehlungen eine Reihe von Fortschritten erzielt. Das von der Bundesregierung nun dem
Budgetausschuss vorgelegte Nationale Reformprogramm ((III-387 d.B.), das die umfassende Analyse der heimischen
Wirtschafts- und Budgetpolitik durch die Europäische Kommission im Lichte der Europa 2020-Ziele aufgreift,
berichtet insbesondere von positiven Reaktionen Brüssels auf die Maßnahmen der Regierung zur Erhaltung
der Tragfähigkeit des Pensions- und Gesundheitssystems sowie zur Verbesserung der Erwerbsbeteiligung von Frauen.
Optimierungsbedarf besteht nach Ansicht der Kommission hingegen bei der Beseitigung von Hürden für Investitionen
im Dienstleistungssektor.
Regierung bekennt sich zur Fortsetzung des Ausgabendämpfungspfads im Gesundheitsbereich
Angesichts der Entwicklung der Gesundheitsausgaben sieht die Europäische Kommission für Österreich
mittel- bis langfristig ein mittleres Risiko für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Empfohlen
werden weitere Maßnahmen, um dem Kostendruck standhalten zu können und gleichzeitig die medizinische
Versorgung zu optimieren. Der Bericht weist nun auf die im Rahmen des Zielsteuerungssystems angepeilte Verbesserung
der Abstimmung und sektorenübergreifende Planung und Organisation der einzelnen Versorgungsbereiche hin und
erinnert an die Deckelung des Anstiegs der öffentlichen Gesundheitsausgaben bis 2016 mit 3,6% jährlich.
Durch den 2016 vereinbarten Finanzausgleich sollen nun in Fortsetzung des Ausgabendämpfungspfads bis 2021
die jährlichen Wachstumsraten für die öffentlichen Gesundheitsausgaben auf 3,2% gesenkt werden.
Gleichzeitig ist eine Verlagerung von Leistungen vom kostenintensiven vollstationären auf den tagesklinischen
bzw. ambulanten Bereich geplant.
Faktisches Pensionsantrittsalter soll erhöht werden
Reformen im Pensionsbereich – insbesondere eine Anpassung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters an die gestiegene
Lebenserwartung - sind eine weitere Empfehlung der Europäischen Kommission an Österreich. Der Bericht
verweist hier auf zahlreiche Maßnahmen der Bundesregierung mit dem Ziel, das faktische Pensionsantrittsalter
zu erhöhen und die zugeschossenen Steuermittel zu senken. So betrugen die Bundesmittel für das Pensionssystem
2014 noch 3,05% des BIP, während in den Jahren 2015 und 2016 dieser Wert auf 2,92% bzw. 2,82% sank. Zentrale
Bedeutung misst das Bundeskanzleramt dem 2. Stabilitätsgesetz 2012 zu, das zu einem deutlichen Rückgang
bei den Invaliditätspensionen geführt hat, wobei vor allem die schrittweise Anhebung des Zugangsalters,
der Tätigkeitsschutz oder etwa der Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation Wirkung zeigen. Positiv erwähnt
der Bericht in diesem Zusammenhang auch das Wiedereingliederungsteilzeitgesetz und insgesamt die finanziellen Anreize
für die Rückkehr bzw. einen längeren Verbleib im Arbeitsprozess.
Finanzausgleich bringt erste Schritte in Richtung Aufgabenorientierung
Den neuen Finanzausgleich sieht der Bericht überdies unter dem Blickwinkel der Straffung der einzelnen Regierungsebenen
und hebt dabei insbesondere die ersten Schritte in Richtung Aufgabenorientierung hervor. Um den gegenwärtig
eher geringen steuerrechtlichen Spielraum der Länder auszubauen, sollen in Zukunft die Zuständigkeiten
und Verantwortlichkeiten der Länder zusammengeführt und dadurch auch die Abgabenautonomie gestärkt
werden, heißt es. Ein Pilotprojekt legt in diesem Sinne - beginnend mit 2018 - den Wohnbauförderungsbeitrag
als ausschließliche Landesabgabe fest. Ein Benchmarking-Modell wiederum soll die Transparenz und Vergleichbarkeit
der Leistungen der öffentlichen Hand verbessern. Von dem laufenden Prozess der Spending-Reviews schließlich
erwartet sich die Regierung Ansatzpunkte für allfällige Aufgabenumverteilungen und entsprechende Ausgabenumschichtungen.
Familienfreundliche Arbeitswelt soll Frauenbeschäftigung fördern
In ihrem Länderbericht merkt die Europäische Kommission an, dass Österreich das Arbeitskräftepotenzial
von Frauen nur unzureichend ausschöpft. Besonders kritisch wird dabei die im internationalen Vergleich hohe
Teilzeitquote als Folge von Betreuungspflichten gesehen. Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
spielt deshalb für die Bundesregierung eine entscheidende Rolle. Der Bericht erinnert an dieser Stelle an
die neuen Regelungen beim Kinderbetreuungsgeld, die darauf abzielen, Väter verstärkt in die Kinderbetreuung
einzubeziehen bzw. eine partnerschaftliche Gestaltung des Familienlebens zu fördern. Als Schlüsselthema
bezeichnet der Bericht zudem die familienfreundliche Arbeitswelt und verweist auf die Initiative "Unternehmen
für Familien", in deren Rahmen Best-Practice-Modelle angeboten werden. Wichtig ist es nach Ansicht des
Berichts aber auch, die Geschlechterstereotypen zu überwinden und die Diversifizierung von Ausbildungs- und
Berufswahl bei Frauen zu fördern. Die Einführung einer Frauenquote von 30% in Aufsichtsräten von
börsennotierten Unternehmen sowie von Unternehmen mit mehr als 1.000 MitarbeiterInnen soll überdies einen
Beitrag leisten, den Anteil von Frauen in Führungspositionen deutlich zu erhöhen.
Benachteiligte Jugendliche im Fokus von besonderen Ausbildungsmaßnahmen
Erhebliche Anstrengungen unternimmt Österreich auch, um die Bildungsergebnisse benachteiligter junger Menschen,
insbesondere von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, zu verbessern. So werden 2016-2018 für den Bildungsbereich
aus den Integrationstöpfen insgesamt 223,75 Mio. € für den zusätzlichen LeherInnenaufwand und zusätzliche
Integrationsmaßnahmen bereitgestellt. Die Ausbildungspflicht für Jugendliche bis 18 Jahre wiederum zielt
darauf ab, dass alle Jugendlichen eine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung abschließen.
Für diese Maßnahme stehen im Vollausbau ab 2020 jährlich 69,4 Mio. € zur Verfügung. Die vorerst
auf zwei Jahre befristete Ausbildungsgarantie bis 25 für arbeitslose junge Erwachsene schließlich bringt
zusätzliche Nachqualifizierungsangebote und ist für das laufende Jahr mit 37 Mio. € dotiert.
Reform der Gewerbeordnung und Deregulierung sollen Erleichterungen für Unternehmen bringen
Handlungsbedarf sieht die Europäische Kommission vor allem noch beim Abbau regulatorischer und administrativer
Hindernisse im Dienstleistungssektor sowie bei der Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten. Eine der Reaktionen
Österreichs auf die diesbezüglichen länderspezifischen Empfehlungen ist hier etwa die Einleitung
einer Reform der Gewerbeordnung, die Vereinfachungen im Verfahren für Betriebsanlagengenehmigungen, aber auch
eine durchgehende Befreiung von Bundesgebühren für Gewerbeverfahren vorsieht. Im Fokus stehen darüber
hinaus auch die Liberalisierung von reglementierten Gewerben – etwa durch Umwandlung von Teilgewerben in freie
Gewerbe – sowie die Ausweitung der Nebenrechte. Weitere Schritte zur Entbürokratisierung sind zudem die Einführung
des One-In-One-Out-Prinzips für neue regulatorische Belastungen oder die Reduktion von Eich- und Meldepflichten.
Neue Impulse für die Digitalisierung erwartet sich die Regierung von der Offensive E-Government. Was die Finanzierungsmöglichkeiten
betrifft, erinnert der Bericht an das Alternativfinanzierungsgesetz, das KMU den Zugang zu einfachen und kostengünstigen
Unternehmensfinanzierungen erleichtern soll und dabei gezielt auf die Bedürfnisse von neu gegründeten
und innovativen Unternehmungen abstellt.
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