Bundespräsident Alexander Van der Bellen in Rom

 

erstellt am
03. 05. 17
13:00 MEZ

"Österreich hat im Vergleich zu seiner Einwohnerzahl viel mehr Menschen als andere Länder aufgenommen" – Weitere Themen des Pressegespräches in Rom: Kooperation an der Brenner-Grenze, Südtiroler Autonomie und jüngste politische Entwicklungen in Italien
Rom/Wien (hofburg) - Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am 02.05. bei einem Besuch bei seinem italienischen Amtskollegen Sergio Mattarella im Quirinal in Rom die positive Zusammenarbeit Österreichs und Italiens an der Brenner-Grenze hervorgehoben. Die Polizeikooperation funktioniere bestens, versicherte Van der Bellen im Gespräch mit österreichischen Journalisten in Rom.

"Es besteht keinerlei Grund, über eine Brenner-Schließung nachzudenken. Darüber bin ich als Europäer, als Österreicher und als Tiroler besonders erfreut. Der Brenner ist eine sensible Grenze, denn sie symbolisiert die Einheit Europas", erklärte der Bundespräsident. Österreich werde seinen Verpflichtungen in punkto Flüchtlingsumverteilung nachkommen, habe im Umgang mit der Migrationsproblematik bereits viel geleistet. "Österreich hat im Vergleich zu seiner Einwohnerzahl viel mehr Menschen als andere Länder aufgenommen, mit Ausnahme von Italien, Griechenland und Schweden", meinte der Präsident.

Im Gegensatz zur Westbalkan-Route nehme die Zahl der Flüchtlinge über das Mittelmeer weiterhin zu. Eine Sperre der Mittelmeer-Route kommt laut Van der Bellen nicht infrage. "Der Zustand in Libyen ist unerträglich. Die Mittelmeer-Route zu sperren, würde bedeuten, die Menschen zugrunde gehen zu lassen", meinte Van der Bellen. Er begrüßte Italiens jüngste Schritte, den Dialog mit der libyschen Regierung und zu den Stammesführern im Land aufrecht zu erhalten.

Italien fühle sich im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik mit Recht allein gelassen. "Österreich hat selbst erlebt, wie es ist, wenn man allein gelassen wird, das können wir gut nachvollziehen. Mit der Flüchtlingsproblematik werden wir noch viele Jahre lang konfrontiert sein", erklärte Van der Bellen.

In Bezug auf die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft von Catania gegen Hilfsorganisationen im Mittelmeer meinte der Bundespräsident, es seien bisher keine Beweise vorgelegt worden. Damit habe der Staatsanwalt von Catania, Carmelo Zuccaro, Negatives bewirkt, da die Spenden für die NGOs zurückgegangen seien.

"Südtiroler Modell weiterentwickeln"
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat im Gespräch mit seinem italienischen Amtskollegen Sergio Mattarella die Südtiroler Autonomie als "weltweites Modell" gepriesen. Für Krisenregionen wie die Ostukraine solle die Südtiroler Autonomie als Modell genommen und weiterentwickelt werden, so der Bundespräsident.

Mattarella sei ein großer Freund der Südtiroler Autonomie. "Wir werden gemeinsam am 11. Juni in Bozen das 25. Jubiläum der Streitbeilegung feiern. Mattarella hat sofort zugestimmt, als ich ihn zu einem Treffen in Südtirol eingeladen habe", berichtete Van der Bellen im Gespräch mit österreichischen Journalisten in Rom.

Die Beziehungen zwischen Südtirol und der Zentralregierung in Rom betrachtet Van der Bellen als besonders positiv. "Südtirol hat gute Politiker. Die Beziehungen zwischen Rom und Südtirol waren in der Vergangenheit nicht immer einfach, doch jetzt sind sie ausgezeichnet", meinte Van der Bellen. Mit Mattarella wurde auch das Thema des Brennerbasistunnels besprochen. Die Finanzierung sei unter Dach und Fach, alles laufe nach Plan.

Im Rahmen seines zweitägigen Rom-Besuchs traf Van der Bellen auch die Parlamentspräsidentin Laura Boldrini in der Abgeordnetenkammer. Als Boldrini die im Plenarsaal tagenden Parlamentarier über die Anwesenheit Van der Bellens informierte, ertönte ein langer Applaus zur Begrüßung des Bundespräsidenten.

In Rom informierte sich Van der Bellen auch über die jüngsten politischen Entwicklungen in Italien. Dabei begrüßte er die Wiederwahl von Ex-Premier Matteo Renzi am vergangenen Wochenende zum Chef der Demokratischen Partei (PD), der stärksten Einzelpartei im italienischen Parlament. "Renzi hat in Österreich einen guten Ruf", meinte der Präsident. Spätestens im kommenden Frühjahr finden in Italien Parlamentswahlen statt. "Die italienische Parteienlandschaft ist von außen betrachtet kompliziert. 40 Prozent der Parlamentarier haben seit Beginn der Legislaturperiode 2013 Partei gewechselt", meinte Van der Bellen.

Eine offene Frage sei, wie die Fünf Sterne-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo bei Parlamentswahlen abschneiden könnte. "Man weiß nicht, welches Programm die Fünf Sterne-Bewegung wirklich hat. Sie stellt jedenfalls ein Risiko für den Zusammenhalt in Europa und im Euro-Raum dar", so Van der Bellen.

Besuch im Hauptquartier der EU-Mission Sophia
Am Mittwoch setzt der Bundespräsident seinen zweitägigen offiziellen Besuch in Rom fort. Nach Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Sergio Mattarella und mit der Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini, besucht Van der Bellen am Mittwoch den Hauptsitz des Kommandos des unter UNO-Mandat agierenden EU-Einsatzes im Mittelmeer, "Sophia", in Rom-Centocelle.

Bei der Mission geht es unter anderem um die Bekämpfung von Menschenschmuggel und Menschenhandel, die Seenotrettung von Flüchtlingen und die Durchsetzung des UNO-Waffenembargos gegen Libyen. Van der Bellen wird dabei mit österreichischen Offizieren zusammentreffen. Danach ist vom Flughafen Rom-Fiumicino der Rückflug nach Wien geplant.

mit/hel/ar - Quelle: APA/PRK

 

 

 

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