Landtagsenquete befasste sich mit Einkommensunterschieden
Innsbruck (lk) - Im Auftrag des Tiroler Landtags organisierte die Abteilung Gesellschaft und Arbeit – Bereich
Frauen und Gleichstellung eine Enquete zum Thema Einkommensgerechtigkeit. Namhafte ExpertInnen waren geladen, um
die immer noch klaffende Lohnschere zwischen Frauen und Männern zu diskutieren und Lösungen zu finden.
„Wir müssen uns fragen: Wie bewerten wir Leistung? Wie verteilen wir Vermögen? Wie wird unbezahlte Arbeit
aufgeteilt?“, gab Frauenlandesrätin Christine Baur in ihrem Eingangsstatement zu bedenken.
Ein nicht unbeträchtlicher Teil des Einkommensunterschiedes ergäbe sich aus dem unterschiedlichen Arbeitszeitausmaß
von Frauen und Männern – viele Frauen arbeiten in Teilzeit, um Beruf und Familien vereinbaren zu können,
weiß LRin Baur. Laut jüngsten Zahlen beträgt der Gender Pay Gab, die Differenz zwischen dem durchschnittlichen
Brutto-Stundenlohn von Frauen und Männern, in Tirol 20,9 Prozent und beziffert den Bruttostundenlohn von Frauen
mit 15,4 Euro, wohingegen Männer 16,9 Euro verdienen. Damit weist Tirol einen etwas geringeren Gender Pay
Gap als Gesamtösterreich (22,2 Prozent) auf.
Mario Stadler von der Landesstatistik wies in dieser Hinsicht darauf hin, dass die verschiedenen Ergebnisse bei
den Einkommensunterschieden auf unterschiedliche Datenquellen und unterschiedliche Berechnungsmodelle zurückzuführen
sind.
„Egal, welche Art der Berechnung der Lohnschere zwischen den Geschlechtern herangezogen wird: Fakt bleibt, dass
Frauen weniger verdienen und die unterschiedlichen Einkommenschancen für Frauen und Männer deutlich zutage
treten. Gleichzeitig bekommt man bei Betrachtung der Gesamtsituation ein Bild von der unterschiedlichen Bewertung
von Arbeit“, fasst LRin Baur die Zahlen zusammen.
Bewertung von Arbeit bestimmt Entgelt
Diese Bewertung von Arbeit im gleichstellungspolitischen Kontext hob auch Edeltraud Ranftl vom Institut für
Soziologie der Johannes Kepler Universität Linz hervor: „Dass die Bewertung von Arbeit so unterschiedlich
ist, liegt einerseits in der historischen Unterbewertung von ‚Frauenarbeit‘, der ungleichen Verteilung der privaten
Versorgungsarbeit sowie der Teilzeitarbeit, aber auch an der Segregation von Berufen, Branchen und hierarchischen
Positionen zuungunsten von Frauen. Hinzu kommen diskriminierende Bewertungs- und Entlohnungssysteme“.
Für Katharina Raffl, Regionalanwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der
Arbeitswelt für Tirol, Salzburg und Vorarlberg, sind intransparente Entgeltsysteme besonders anfällig
für Diskriminierung: „Je intransparenter ein Entgeltsystem ist, umso eher wird der Arbeitsgeber nachweisen
müssen, dass es objektivierbaren, nicht-diskriminierenden Kriterien unterliegt“, hebt Raffl hervor.
Arbeitszeit und Berufswahl sind bestimmende Faktoren der Einkommensunterschiede
Armin Erger von der wirtschaftspolitischen Arbeiterkammer sieht einen der Hauptgründe in der Lohnschere zwischen
Frauen und Männern einerseits im Arbeitszeitausmaß und andererseits in der Konzentration von Frauen
in bestimmten Berufsfeldern mit eher geringerem Einkommensniveau. Auch Stefan Garbislander von der Wirtschaftskammer
ortet die Hauptgründe für die Einkommensnachteile der Frauen im hohen Anteil an Dienstleistungsberufen
bei gleichzeitig geringem Anteil an technologischen Berufen und der mangelnden Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Dies führe zu unterbrochenen Erwerbsbiografien und einem hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigung.
Fazit aus einem abschließenden Gespräch mit ÖGB-Frauenvorsitzender Silvia Nagele, der stellvertretenden
AMS-Geschäftsführerin Sabine Platzer-Werlberger, Edeltraud Ranftl und der AK-Vizepräsidentin Verena
Steinlechner-Graziadei: Lohntransparenz, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die gleiche Verteilung von bezahlter
und unbezahlter Arbeit, aber vor allem die Bildung sind wichtige Faktoren, um die Einkommensunterschiede zu verringern.
„Die Forderung nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit ist und bleibt weiterhin eine wichtige politische
Forderung. Nicht nur aus Gründen der Gleichstellung von Mann und Frau, sondern auch aufgrund der Armutsbekämpfung.
Denn allen voran sind alleinerziehende Mütter und Pensionistinnen mit Ausgleichszulage die Leidtragenden dieser
Lohnschere“, resümiert LRin Christine Baur.
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