Fragestunde im Bundesrat: Von den Identitären bis zum Privatstiftungsrecht
Wien (pk) - Einen Einblick in das umfassende Arbeitsprogramm von Justizminister Wolfgang Brandstetter erhielten
die Bundesräte am 11.05. in der Fragestunde der Länderkammer. Der Ressortchef berichtete über die
aktuellen Vorhaben seines Ressorts, die von der Einführung eines so genannten "Staatsfeinde-Paragraphen",
der strengeren Überwachung von Internetkommunikation, der Erstellung einer Standortstudie für Justizanstalten
bis hin zu einer Attraktivierung des Privatstiftungsrechts reichen.
Um dem zunehmenden Problem von identitären Bewegungen und Gruppierungen, die den Staat komplett ablehnen,
besser begegnen zu können, habe sein Haus ein Strafrechtspaket geschnürt, das u.a. einen neuen Tatbestand
vorsieht. Es könne nicht toleriert werden, dass Menschen in Österreich Gesetze ignorieren und die Behörden
terrorisieren, sagte Brandstetter. Zur effizienteren Bekämpfung gerade von Schwerstkriminalität sei es
zudem notwendig, die bestehenden Überwachungslücken im Bereich der internetbasierten Telekommunikation
zu schließen, war der Minister überzeugt. In diesem Zusammenhang sei es aber völlig falsch, von
einem Bundestrojaner zu sprechen; dieser sei nur ein Gespenst, das immer an die Wand gemalt werde. Außerdem
wurden alle möglichen rechtsstaatlichen Kautelen – inklusive entsprechender Verwertungsverbote – in das neue
Strafprozessrechtsänderungsgesetz, das seit dem 8. März vorliegt, eingebaut, versicherte er.
Konsequentes Vorgehen der Justiz gegen Identitäre und rechtsextreme Täter
Der Justizminister informierte die Länderkammer zudem darüber, wie die Regierung gegen jene neuartigen
Bewegungen und Gruppierungen, die dem Staat unter Anwendung von sublimen Mitteln den Krieg erklärt haben,
vorgehen will. Da die bisherigen Tatbestände nicht ausreichen, habe sein Ressort ein Gesetzespaket geschnürt,
das unter Wahrung aller Grundrechte maßvolle Instrumente vorsieht, erklärte Brandstetter gegenüber
Bundesrat Klaus Fürlinger (V/O). Dies war auch dringend notwendig im Sinne der betroffenen BeamtInnen, die
am Vollzug der Gesetze behindert, attackiert und bedroht oder auf obskuren Schuldnerlisten eingetragen wurden.
Sein Haus werde diese Bediensteten auch in allen Belangen unterstützen. Wenn die Durchsetzung des Rechtsstaats
sabotiert wird, dann müsse sich eine Demokratie wehren, stellte der Minister fest.
Konsequent vorgegangen werde auch gegen die von Bundesrätin Susanne Kurz (S/S) angesprochenen rechtsextremen
Tathandlungen, die in der letzten Zeit stark angestiegen sind, konstatierte der Justizminister. Dies könne
man u.a. an der Tatsache erkennen, dass gleichzeitig die Anklagen und Verfahren aufgrund des Verbotsgesetzes deutlich
zugenommen haben. Allein im heurigen Jahr gab es bereits 28 rechtskräftige Verurteilungen wegen des Tatbestands
der Verhetzung. Entsprechend reagiert wurde auch auf organisatorischer Ebene, erklärte Brandstetter, seit
dem 1.1.2017 gibt es nämlich die Möglichkeit, spezielle staatsanwaltschaftliche Teams zum Thema Rechtsextremismus
einzurichten. Erfreulich sei auch, dass fünf zusätzliche Planstellen für diesen Bereich von Seiten
des Bundeskanzleramts zugesagt wurden.
Kein Bundestrojaner, aber Schließen von Überwachungslücken in der Telekommunikation
Der technische Fortschritt ist immer schneller als es die Legistik sein kann, stellte der Justizminister einleitend
in Bezug auf Fragen zur geplanten Ausweitung der Überwachungsmethoden fest. Wenn man Lücken feststellt,
dann müssen sie geschlossen werden. Und genau dies gelte für den Plan der Bundesregierung, nunmehr auch
die internetbasierte Telekommunikation – Whatsapp, Skype, etc. – zu überwachen. Fälschlicherweise wird
in diesem Zusammenhang immer von einem Bundestrojaner gesprochen, den es aber gar nicht gibt, betonte Brandstetter.
Er versicherte Bundesrätin Ewa Dziedzic (G/W) gegenüber, dass es nicht um eine Online-Überwachung
geht, sondern nur darum, die Endverschlüsselung der angesprochenen Dienste zu knacken. Seit dem 8. März
gibt es dazu einen Entwurf seines Hauses, der dem Koalitionspartner vorliegt. Darin enthalten sind auch strenge
Protokollierungsvorschriften, Verwertungsverbote sowie eine begleitende und nachträgliche Kontrolle durch
den Rechtschutzbeauftragten, der zudem IT-Sachverständige heranziehen kann. Etwaige offene technische Fragen
werden sicher noch geklärt werden, zeigte sich der Minister optimistisch. Mit diesem Entwurf befinde man sich
jedenfalls auch im internationalen Vergleich in bester Gesellschaft.
Brandstetter sieht EU bei der Rückführung von ausländischen Straftätern gefordert
Gegenüber Bundesrat Reinhard Pisec (F/W) räumte der Justizminister ein, dass es immer wieder Probleme
gibt, ausländische Straftäter in ihre Heimatländer zurückzustellen. Bei den konkret angesprochenen
Ländern Algerien und Nigeria sei dies vor allem auf rechtliche Probleme zurückzuführen. In anderen
Fällen gebe es faktische Gründe, da man natürlich der Europäischen Menschenrechtskonvention,
die in Österreich Verfassungsrang hat, verpflichtet sei. Dabei handelt es sich um einen Themenbereich, in
dem die EU gefordert ist, die sich natürlich als Institution viel leichter tut, entsprechende Regelungen zustande
zu bringen, meinte Brandstetter. Dennoch versuche man auch auf bilateraler Ebene, Gespräche mit den einzelnen
Staaten zu führen. Im Jahr 2016 etwa hat Österreich 27 Ersuchen auf Überstellung von Häftlingen
an Drittstaaten gerichtet, nur sechs davon waren positiv beschieden. Erfolgreicher war man aber bei der Überstellung
von Straftätern in andere EU-Länder, im letzten Jahr betraf dies 91 rumänische, 31 slowakische und
41 ungarische StaatsbürgerInenn. Dennoch verhehlte Brandstetter nicht, dass es noch Luft nach oben gibt und
dass die aktuelle Situation auch für ihn aus staatsbürgerlicher Sicht nicht befriedigend ist.
Um generell die Situation in den österreichischen Haftanstalten zu verbessern, setze er sich intensiv dafür
ein, die derzeit offenen 150 Planstellen im Bereich des Strafvollzugs bzw. bei der Justizwache so bald wie möglich
zu besetzen, informierte Brandstetter Bundesrat Armin Forstner (V/S). Aufgrund des recht hohen Anforderungsprofils
– nur 20% der BewerberInnen schaffen die Aufnahmetests – sei man leider etwas in Verzug. Deshalb wurde auch eine
mediale Offensive gestartet, um für diesen anspruchsvollen und interessanten Beruf zu werben. Um das Risiko
von Gesundheitsgefährdungen für Bedienstete zu senken, wurden u.a. die Schutzausrüstungen verbessert
und auf gesetzlicher Ebene dafür vorgesorgt, dass die Strafen bei Übergriffen auf das Personal härter
ausfallen. Bundesrätin Adelheid Ebner (S/N), die sich nach der Errichtung von neuen Justizanstalten erkundigte,
teilte Brandstetter noch mit, dass es einen generellen Masterplan in diesem Bereich geben sollte. Daran werde unter
Einbindung mit WissenschaftlerInnen gearbeitet. Für wichtig erachtet es der Minister, dass im Maßnahmenvollzug
neue Akzente gesetzt werden. Eines sei jedenfalls klar für ihn – in Zukunft sollte es kein Gefängnis
mehr geben mit mehr als 400 Insassen; dafür sprächen alle internationalen Studien.
Privatstiftungsrecht soll wieder attraktiver gestaltet werden
Schließlich nahm der Justizminister noch zum Privatstiftungsrecht Stellung, das von Bundesrat Magnus Brunner
(V/V) thematisiert wurde. Es handle sich dabei um ein Erfolgsmodell, das im Jahr 1993 vom damaligen Finanzminister
Lacina eingeführt wurde. Da sich die rechtlichen Bedingungen in diesem Bereich in den letzten Jahren verschlechtert
haben, seien aber viele Vermögenswerte aus Österreich wieder abgeflossen, zeigte Brandstetter auf. Man
solle zudem nicht vergessen, dass hinter den Stiftungen oft große Unternehmen stehen, die viele Arbeitsplätze
sichern. Sein Ressort arbeite daher gerade an einem Entwurf, der auf eine Attraktivierung des Privatstiftungsrechts
abzielt, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu beleben. Er hoffe, dass noch heuer die Umsetzung gelingt.
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