So umweltfreundlich war Erdgasnutzung noch nie: Die TU Wien leitete ein Forschungsprojekt,
das nun eine neue Methode der Erdgasverbrennung hervorgebracht hat – ganz ohne CO2-Ausstoß.
Wien (tu) - Wie kann man Erdgas verbrennen, ohne dabei CO2 in die Luft abzugeben? Dieses Kunststück
gelingt mit einem speziellen Verbrennungsverfahren, an dem die TU Wien seit Jahren forscht – der „Chemical Looping
Combustion“ (CLC). Dabei wird das CO2 direkt während der Verbrennung ohne zusätzlichen Energieaufwand
abgeschieden und kann anschließend gespeichert werden. Somit wird verhindert, dass es in die Atmosphäre
gelangt.
In einer Versuchsanlage mit einer Leistung von 100 kW wurde die Methode bereits erfolgreich angewandt. Jetzt gelang
es in einem internationalen Forschungsprojekt, die Technik auf einen größeren Maßstab hochzuskalieren,
sodass nun alle Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, eine voll funktionsfähige Demonstrationsanlage
mit einer Leistung im Bereich von 10 MW zu bauen.
CO2 vom Restabgas abscheiden
Die Verbrennung von Erdgas ist deutlich sauberer als die Verbrennung von Erdöl oder Kohle. Trotzdem hat Erdgas
den großen Nachteil, dass bei der Verbrennung klimaschädliches CO2 entsteht. Dieses CO2 bildet normalerweise
einen Teil des Abgas-Gemischs, gemeinsam mit Stickstoff, Wasserdampf und anderen Inhaltsstoffen. In dieser gemischten
Form lässt sich das CO2 weder speichern noch sinnvoll verwerten.
„In den Anlagen, mit denen wir arbeiten, funktioniert die Verbrennung aber grundlegend anders“, erklärt Stefan
Penthor vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU Wien. „Bei
unserer Verbrennungstechnik kommt das Erdgas gar nicht in Kontakt mit der Luft, weil wir den Prozess auf zwei getrennte
Kammern aufteilen.“
Zwischen den beiden Kammern zirkuliert ein Granulat aus Metalloxid, das für den Sauerstofftransport zuständig
ist: „Durch eine Kammer pumpen wir einen Luftstrom, dort nehmen die Partikel Sauerstoff auf. Sie gelangen dann
in die zweite Kammer, die vom Erdgas durchströmt wird. Dort geben sie den Sauerstoff ab, es kommt dort zu
einer Verbrennung ohne Flamme, dabei entsteht CO2 und Wasserdampf“, erklärt Penthor.
Durch die Aufteilung in zwei Kammern hat man es auch mit zwei getrennten Abgasströmen zu tun: Aus der einen
Kammer entweicht sauerstoffarme Luft, aus der anderen Wasserdampf und CO2. Der Wasserdampf kann ganz einfach abgetrennt
werden, übrig bleibt fast reines CO2. Dieses CO2 kann für andere technische Anwendungen genutzt werden
– oder man speichert es. „Die unterirdische Lagerung von CO2 in großem Stil, in ehemaligen Erdgas-Lagerstätten,
könnte in Zukunft eine wichtige Rolle spielen“, glaubt Stefan Penthor. Auch das Intergovernmental Panel on
Climate Change (IPCC) der Vereinten Nationen sieht die unterirdische Lagerung von CO2 als wesentlichen Bestandteil
einer künftigen Klimapolitik, doch CO2 zu lagern ist nur möglich, wenn es – wie bei der neuen Verbrennungstechnik
CLC – in möglichst reiner Form abgeschieden wird.
Durch diese Trennung der beiden Abgasströme erspart man sich den sehr energieintensiven Schritt, das CO2 aus
dem Abgas herauszuwaschen. Trotzdem wird auf übliche Weise Strom erzeugt, die Menge der freigesetzten Energie
ist genau dieselbe wie bei der herkömmlichen Verbrennung von Erdgas.
Erfolgreich auf großen Maßstab skaliert
Dass die CLC-Verbrennungsmethode funktioniert, konnte an der TU Wien bereits vor einigen Jahren anhand einer Versuchsanlage
demonstriert werden. Die große Herausforderung war es nun, den Prozess so umzugestalten, dass er auf wirtschaftlich
interessante Großanlagen übertragen werden kann. Dafür war es notwendig, das gesamte Anlagen design
zu überarbeiten, außerdem mussten neue Herstellungsverfahren für die Metalloxid-Partikel entwickelt
werden. „Für eine große Anlage braucht man viele Tonnen dieser Partikel, daher hängt die Wirtschaftlichkeit
des Konzepts nicht zuletzt davon ab, dass man sie einfach und in ausreichender Qualität herstellen kann“,
sagt Stefan Penthor.
Dreieinhalb Jahre lang wurde nun im Forschungsprojekt SUCCESS an solchen Fragen geforscht. Neben der TU Wien, von
der das Projekt koordiniert wurde, waren 16 Partnereinrichtungen aus ganz Europa beteiligt. Tatsächlich konnten
alle wichtigen technischen Fragestellungen geklärt werden. „Das Ziel ist erreicht: Wir haben die Technologie
nun so weit entwickelt, dass man jederzeit beginnen kann, eine Demonstrationsanlage im Bereich von 10 Megawatt
zu errichten“, sagt Stefan Penthor. Das ist nun aber nicht mehr die Aufgabe der Forschungseinrichtungen, für
diesen nächsten Schritt werden nun private Geldgeber gebraucht. Auch vom Willen der Politik und künftigen
Rahmenbedingungen in der Energiewirtschaft wird der Erfolg dieser Technologie abhängen. Der nächste Schritt
ist auch deswegen wichtig, weil nur so die nötige Erfahrung zum Langzeitbetrieb im industriellen Maßstab
gesammelt werden kann.
Inzwischen hat das Forschungsteam an der TU Wien auch bereits das nächste wissenschaftliche Ziel ins Visier
genommen: „Wir möchten das Verfahren so weiterentwickeln, dass man nicht nur Erdgas, sondern auch Biomasse
verbrennen kann“, sagt Penthor. „Wenn man Biomasse verbrennt und CO2 abscheidet, würde man nicht nur CO2-neutral
arbeiten, man würde sogar den CO2-Gehalt der Luft reduzieren. Man könnte also gleichzeitig Energie gewinnen
und etwas Gutes für das Weltklima tun.“
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