LH Kaiser: Gedenktafel gibt Opfern Identität, Ehre und Standpunkt wieder
Töschling/Klagenfurt (lpd) - Sie waren Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes und das wurde
jetzt sichtbar gemacht. In Töschling in der Gemeinde Techelsberg wurde am 19.05. in Anwesenheit von Landeshauptmann
Peter Kaiser eine Gedenktafel für fünf Zeugen Jehovas enthüllt. Gregor Wohlfahrt sen. (1939), Gregor
Wohlfahrt jun. (1942), Anton Uran (1943), Johann Stossier (1944) und Willibald Wohlfahrt (1945) bezahlten es mit
dem Leben, dass sie den Kriegsdienst ablehnten, ihrem Glauben nicht abschwörten und den Hitlergruß verweigerten.
Bisher schienen die fünf fälschlicherweise auf dem Kriegerdenkmal der Gemeinde als „vermisst“ auf, obwohl
ihre Geschichte nicht im Dunkel liegt – sie waren keine Soldaten, sondern wurden von den Nazis wegen ihres Glaubens
ermordet. Vom Kriegerdenkmal wurden ihre Namen nunmehr entfernt. Die Tafel gilt aber auch dem Gedenken der weiteren
26 Zeugen Jehovas aus Techelsberg und Umgebung, die Opfer des Nationalsozialismus wurden.
Kaiser zeigte sich bei der Gedenktafelenthüllung sehr berührt. Er sagte, dass viele Gruppen und Einzelne
dem Naziregime zum Opfer gefallen seien, weil sie standhaft, wehrhaft und dagegenhaltend gewesen seien. Und das
alles sei nicht fernab oder irgendwo passiert. Die Gedenktafel sei eine Korrektur, gebe den Opfern Identität,
Ehre und Standpunkt wieder. „Ich bin stolz auf dieses Land Kärnten, in dem Zivilbürgerinnen und -bürger,
Nachgeborene Verantwortung übernehmen und nicht locker lassen, bis solch eine Korrektur erfolgt ist“, sagte
Kaiser. Dankend hob er den Widerstand der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus hervor.
„Der Mut zum aufrechten Gang muss Kennzeichen einer Gesellschaft sein“, betonte er: „Schöpfen wir aus der
Kraft der Opfer.“
Der Techelsberger Bürgermeister Johann Koban zeigte sich stolz auf die Umsetzung der Initiative um die Gedenktafel
und die damit erfolgte Richtigstellung. Er dankte für das gegenseitige Verständnis auch im Gemeinderat
und in der Bevölkerung.
Projektleiter Peter Stocker von den Zeugen Jehovas in Kärnten entstammt der Opferfamilie Wohlfahrt. Er wollte
„die Geschichte erzählen und weitertragen“. Die Initiative stand laut ihm unter dem Motto „Ich bleibe fest“,
einer Zeile aus einem Gedicht von Franz Wohlfahrt, der das KZ-Außenlager Rollwald überlebt hat.
Peter Gstettner vom Mauthausen Komitee Kärnten/Koroška hob die Wichtigkeit hervor, für die historische
Wahrheit einzutreten. Die Gedenktafel sei in diesem Sinne ein herausragendes Zeichen. Hier solle nunmehr ein Ort
des Nachdenkens, der Zuversicht und Stärke sein. Die Opfer bezeichnete Gstettner als „Märtyrer des Glaubens“.
Er machte klar, dass sie von den Nationalsozialisten ermordet und als „für immer ehrlos“ erklärt wurden.
Vinzenz Jobst vom Verein Memorial Kärnten-Koroška ist die Rehabilitierung von Opfern des Nationalsozialismus
wichtig. Es gehe darum, ihre Unbescholtenheit und Ehre wieder herzustellen. Jobst hat sich als Wissenschaftler
intensiv mit dem Schicksal und der Geschichte des einfachen Holzarbeiters Anton Uran, einem der fünf Techelsberger
Opfer, befasst. Das Schicksal Urans sei untergegangen, die Geschichte über ihn hinweggegangen: „er wurde ganz
einfach vergessen“.
Unter den Ehrengästen waren Walter Manoschek vom Institut für Staatswissenschaft, die Zeitzeuginnen Ida
Luckinger geb. Wohlfahrt und Hermine Liska sowie Otto Kuglitsch – der Vorstand der Zeugen Jehovas Österreich
ist Sohn des KZ-Überlebenden Vinzenz Kuglitsch aus Villach. Ebenfalls anwesend war die Familie des KZ-Überlebenden
Franz Wohlfahrt: Sohn Greg Wohlfahrt sowie die extra aus Kanada angereisten Töchter Heidi Lau, Wilma Eschner,
Joanna Cook und Schwiegersohn Steve Lau. Gesanglich umrahmt wurde die Feier vom gemischten Chor unter Leitung von
Roland Streiner.
Das Gedenkprojekt in Techelsberg wird vom Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus
gefördert. Initiiert wurde es von der Familie Wohlfahrt und dem Verein Lila Winkel, der sich für die
Rehabilitierung und Unterstützung von NS-Opfern einsetzt. Lila Winkel wurden Zeugen Jehovas in den Konzentrationslagern
an der Häftlingsmontur angebracht.
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