Opposition nützt Debatte zum Stabilitätsprogramm im Nationalrat für Kritik an
Bilanz der Koalition
Wien (pk) - Laut Finanzminister Hans Jörg Schelling peilt Österreich bereits für 2017 die
Rückkehr zu einem strukturellen Nulldefizit sowie eine Senkung der Staatsschuldenquote von derzeit 80,8% auf
60% des BIP bis 2028 an. Das sind die Eckpunkte des Stabilitätsprogramm s, das Österreich als Teil der
Eurozone jährlich an Brüssel zu übermitteln hat. Die Fortschreibung des Stabilitätsprogramms
für die Jahre 2016 bis 2021 wurde im April 2017 vom Ministerrat beschlossen. Der Bericht des Finanzministers
über die prognostizierte Entwicklung der Budgetzahlen und ihre Übereinstimmung mit den Stabilitätskriterien
der EU wurde am 16.05. vom Nationalrat einer kritischen Bewertung unterzogen und mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
Stand dabei im Budgetausschuss noch die Frage der Leistbarkeit des im Jänner beschlossenen Regierungsprogramms
im Mittelpunkt der Diskussion, so konzentrierte sich die Plenardebatte auf die bisherige Bilanz der Arbeit der
Koalition und den Zustand der Staatsfinanzen.
FPÖ kritisiert nach wie vor hohes Budgetdefizit
Das Stabilitätsprogramm sei ein Spiegelbild der Koalition, befand Roman Haider (F). Das Budgetdefizit falle
2017 doppelt so hoch aus, als es nach der von SPÖ und ÖVP gemeinsam beschlossenen Schuldenbremse sein
dürfte. Kostentreiber seien zum einen die Kosten für innere Sicherheit und Zuwanderung, zum anderen das
Ausbleiben der überfälligen Strukturreformen. Die Koalition habe viel versprochen und wenig gehalten,
vor allem im Bereich der Schulden, meinte auch Carmen Schimanek (F). Sie verwies auf die Probleme des Transitverkehrs
in Kufstein hin und wünschte die Einführung einer Kurzzeitvignette. Die von ihr ausgedrückte Hoffnung,
das angekündigte freie Spiel der Kräfte im Nationalrat werde ihrem Antrag die Zustimmung sichern, erfüllte
sich aber nicht.
Der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler kritisierte, die vom Finanzminister vorgelegten Defizitzahlen stimmten
nicht, da man die Flüchtlingskosten aus dem Budget herausgerechnet habe.
ÖVP: Maßnahmen der Regierung haben Wirtschaft angekurbelt
Weitgehend positiv schätzte Gabriele Tamandl (V) die budgetäre Entwicklung ein. Aufgrund der von der
Koalition umgesetzten Reformen und Maßnahmen sei die Wirtschaft erfolgreich angekurbelt worden. Auch die
ExpertInnen im öffentlichen Hearing zum Stabilitätsprogramm hätten bestätigt, dass Österreich
beim konsequenten Abbau der Staatsschuld gut unterwegs sei, sagte sie. Weitere Reformen seien aber zweifellos notwendig.
Finanzminister Schelling sei ein Garant für geordnete Staatsfinanzen, befand Franz Leonhard Eßl (V).
Das Stabilitätsprogramm enthalte dazu eine Reihe ambitionierter Maßnahmen. Wichtig sei es nun, den Arbeitsmarkt
zu entlasten und wirtschaftlichen Risikofaktoren, wie den Auswirkungen des Brexit und der Migrationskrise, etwas
entgegenzusetzen. Erfreut über das Voranschreiten des Schuldenabbaus zeigte sich auch Kathrin Nachbaur (V),
die allerdings auch Kostentreiber im Budget sah, etwa das Pensionssystem. Sie hoffe zudem, dass in allen Bundesländern
bald wieder wirtschaftliche Vernunft einkehre, sagte sie mit Verweis auf Wien. Ein Wirtschaftswachstum im Rahmen
einer ökosozialen Marktwirtschaft sei die Voraussetzung für eine geordnete Budgetentwicklung, sagte Andreas
Hanger (V). Wichtig sei dabei aber Budgetdisziplin. Er hoffe, dass diese auch beim freien Spiel der Kräfte
aufrecht bleibe.
Die schrittweise Reduktion des Maastrichts-Defizits hob Andreas Zakostelsky (V) hervor. Innerhalb eines Jahrzehnts
könne es gelingen, die Staatsschuld auf 60% des BIP zu reduzieren und Österreich damit wieder an die
Spitze der europäischen Staaten zu bringen. Im Bereich der Pensionsreformen sei bereits einiges passiert,
doch müsse das Pensionsantrittsalter an die Steigerung der durchschnittlichen Lebenserwartung angepasst und
das Pensionsantrittsalter von Frauen angehoben werden. Diese Maßnahmen würden zusammen mit einem Ausbau
von kapitalgedeckten Zusatzpensionen das öffentliche Pensionssystem finanzierbar erhalten.
Grüne fordern öffentliche Investitionen zur Konjunkturbelebung
Weniger positiv fiel die Bilanzierung der Regierungsarbeit durch Bruno Rossmann (G) aus. Positiv sei am Stabilitätsprogramm,
dass darin eine Wende zu öffentlichen Investitionen erkennbar sei. Die Lockerung der europäischen Fiskalregeln
müsste nach Ansicht von Rossmann jedoch noch weiter gehen. Der Bericht zum Stabilitätsprogramm biete
zu wenig Anhaltspunkte für die mittelfristige Budgetplanung, kritisierte Bruno Rossmann (G) mit Verweis auf
Aussagen des Budgetdienstes des Parlaments. Er sprach sich für die Rückkehr zur früheren Praxis
aus, den Finanzrahmen im Frühjahr zu debattieren. Eine der größten Belastungen der Staatsausgaben
sei aus der Bewältigung der Bankenkrise und durch diverse Rettungsprogramme entstanden, sagte Werner Kogler
(G). In diesem Zusammenhang habe man viele Budgettricks angewandt, um das ganze Ausmaß der Krise zu verschleiern
und der Verantwortung für das Desaster zu entgehen. Seine Fraktion werde ein genaues Augenmerk darauf haben,
dass dieser Ungeist nicht weitergehe.
SPÖ sieht positive Auswirkungen der Steuerreform
Die Steuerreform wirke und die Konjunktur habe angezogen, damit habe die Bundesregierung einen tatsächlichen
Erfolg erzielt, betonte Kai Jan Krainer (S). Sie habe also vielleicht nicht alles, aber doch vieles richtig gemacht,
nicht zuletzt bei der Sanierung der Staatsfinanzen. Das hätten auch die ExpertInnen im Budgetausschuss bestätigt.
Österreich habe in den letzten Jahren einen vergleichbaren Beschäftigungszuwachs wie Deutschland erzielt.
Als besonders positiv sah Krainer den Anstieg der öffentlichen Investitionen. Auch Markus Vogl (S) verwies
auf die verbesserte Konjunktur. Allerdings sei das Angebot an Arbeitskräften ebenfalls gewachsen. Der richtige
Weg sei es daher, in die Infrastruktur und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu investieren.
NEOS vermissen Transparenz und Strukturreformen
Mehr Transparenz forderte Josef Schellhorn (N) ein. Das Stabilitätsprogramm trägt seiner Ansicht nach
nicht dazu bei. Weiterhin fehle der Gesamtüberblick über das Fördersystem, in dem jährlich
bis zu vier Milliarden Euro versickern, da es nach wie vor keine funktionierende Transparenzdatenbank gebe. Er
forderte in einem Entschließungsantrag, in dem er die Möglichkeit von Sanktionen für Intransparenz
bei Ländern und Gemeinden einfordert. Der einzige stabile Trend des Programm sei der Anstieg der Staatsausgaben,
sagte Gerald Loacker (N). Er forderte in einem Entschließungsantrag eine dynamische Anhebung des Pensionsantrittsalter,
um dieses rasch den tatsächlichen demographischen Entwicklungen anzupassen. Hohe Kostenfaktoren sieht Loacker
auch im Gesundheitsbereich aufgrund der Mehrfachstrukturen von Ländern und Kammern. Die Koalition habe hier
die notwendigen Strukturreformen nicht umgesetzt, kritisierte er. Die Entschließungsanträge fanden keine
Mehrheit im Plenum.
Serbien erhält alte Nachtsichtgeräte des Österreichischen Bundesheeres
Mehrheitlich billigte der Nationalrat die Schenkung von 30 Nachtsichtferngläsern samt Zubehör an die
Republik Serbien. Hierzu wurde eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen beschlossen.
Das Finanzministerium beziffert den Wert der beabsichtigten Schenkung mit 54.600 €.
Gegen diese Schenkung sprach sich Alev Korun (G) aus. Diese Maßnahme sei in erster Linie gegen schutzsuchende
Menschen gerichtet, denen man alle legalen Fluchtmöglichkeiten verschließe. Das sei eine Politik, welche
die Grünen nicht mittragen könnten.
Bernd Schönegger (V) wies darauf hin, dass Österreich mit der Schenkung einen Beitrag zur Sicherung der
EU-Außengrenzen leiste. Hier gehe es auch um die Eindämmung von Drogenhandel und Menschenschmuggel.
Auch Franz Kirchgatterer (S) wies auf diesen Aspekt der Schenkung hin. Sie beruhe auf einer Zusage des Verteidigungsministers
an Serbien im Gefolge der jüngsten Migrationsbewegungen. Grundsätzlich gelte es, die internationale Zusammenarbeit
und Friedenssicherung zu fördern, betonte er.
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