44. Volkswirtschaftliche Tagung der OeNB in Zusammenarbeit mit SUERF – The European Money and
Finance Forum, 29. und 30. Mai 2017
Wien (oenb) - Nichts Geringeres als die Zukunft des Finanzsystems ist Gegenstand der Gespräche bei
der diesjährigen Volkswirtschaftlichen Tagung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Hochrangige Repräsentanten
aus Wissenschaft, Finanz und Politik werden über die Konsequenzen beraten, die dem Finanzsektor aus der Vielzahl
aktueller Herausforderungen erwachsen.
Knapp ein Jahrzehnt nach der großen Finanzkrise ist die Bankenwelt noch mit der Verarbeitung dieses Schocks
beschäftigt und bereitet sich auf eine womöglich weniger ertragreiche Zukunft vor. Auch die Arbeit an
einem reformierten Regelwerk für den Bankensektor ist weit gediehen, aber noch nicht abgeschlossen. Gleichzeitig
stellt die fortschreitende Digitalisierung die Finanzbranche und ihre Regulierung vor neue Herausforderungen: Die
Kundschaft von morgen wird aller Erwartung nach einen zunehmenden Teil ihrer Bankgeschäfte nicht mehr in einer
Filiale, sondern mobil oder mithilfe sonstiger digitaler Hilfsmittel abwickeln. Neben der Form des Angebots werden
sich möglicherweise auch die Angebote selbst ändern – ebenso wie die Anbieter.
Notenbanken dürfen sich dabei laut Gouverneur Ewald Nowotny aber nicht allein von vielleicht kurzlebigen technischen
Trends leiten lassen. „Eine Schlüsselaufgabe von Zentralbanken ist Stabilitätssicherung. Das erfordert
eine langfristige Perspektive. In einer solchen Perspektive sind Faktoren wie Wirtschaftswachstum, Bevölkerungsentwicklung
und Produktivität maßgeblich, um die Anforderungen an das Finanzsystem der Zukunft zu erklären“,
so Nowotny in seiner Eröffnungsrede.
Pessimistischen Prognosen einer langen Phase der Stagnation könne er nichts abgewinnen, so Nowotny. Aber es
sei klar, „dass wir keine Rückkehr zu den hohen Wachstumsraten der Nachkriegszeit mehr erwarten könnten“.
Im heutigen Umfeld sei es zentral, Teil der internationalen Wertschöpfungsketten zu bleiben und dadurch den
Wohlstand zu sichern. Zudem müsse Wirtschaftspolitik auf angemessene Verteilung der Erträge des Wachstums
achten, um die politische Akzeptanz für die Wirtschaftsordnung zu sichern. Andernfalls sei zu befürchten,
dass sich die Haltung ausbreite, Globalisierung sei ein Nullsummenspiel, in dem manche auf Kosten anderer gewinnen.
„Das ist ein gefährliches Missverständnis“, so Nowotny. Die EU und insbesondere Österreich zählen
nach wie vor zu den Regionen mit dem weltweit höchsten Pro-Kopf-Einkommen.
In Bezug auf den Bankensektor rechnet Nowotny mit einem Rückgang der Beschäftigtenzahlen in nächster
Zeit. Dies sei Ausdruck eines branchenweiten Restrukturierungstrends. Auch werde die Bedeutung von Banken in der
Finanzierung der Wirtschaft gegenüber marktbasierten Finanzierungsformen europaweit zurückgehen.
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