Kroatiens Staatsspitze bei großer Pilgermesse der Burgenlandkroaten anwesend – Bischof
Zsifkovics predigt am Grab des Märtyrerkardinals Stepinac Überwindung historischer Hypotheken durch christlichen
Geist
Zagreb/Eisenstadt (martinus) - Finale und Höhepunkt der 1. gemeinsamen internationalen Wallfahrt der
Burgenlandkroaten war die Festmesse im Zagreber Dom am 21.05., die sich zu einem hinreißenden Glaubensfest
von mehr als 500 Burgenlandkroaten und einer einzigartigen Darstellung burgenlandkroatischer Wesensart, Sprache
und Kultur entwickelte. Kroatiens Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic, Premierminister Andrej Plenkovic
sowie Vize-Premier und Außenminister Davor Stier wohnten gemeinsam mit dem Bürgermeister von Zagreb,
Milan Bandic, in Anwesenheit zahlreicher weiterer Spitzen aus Politik, Kirche und Gesellschaft dem Gottesdienst
bei, der in voller Länge – trotz Überziehung der vereinbarten Zeit – live vom kroatischen Fernsehen HRT
übertragen wurde.
Zeichen der Sympathie und Liebe
Nach einer herzlichen Begrüßung aller Anwesenden und insbesondere der burgenlandkroatischen Wallfahrer
durch den Hausherrn und Erzbischof von Zagreb, Kardinal Josip Bozanic, der die Vorbereitungen für die Wallfahrt
mit äußerster Großzügigkeit und persönlichem Engagement unterstützt hatte, kam
es zu einer unmittelbaren Erwiderung durch den Eisenstädter Bischof, die sich auf einen Satz des seligen Kardinal
Stepinac stützte: Dieser hatte 1936 zu burgenlandkroatischen Pilgern gesagt, man habe sie "mit Liebe
und Sympathie erwartet". Dieselbe Liebe und Sympathie seien es, so Zsifkovics, die den Burgenlandkroaten jetzt
in dieser Stunde von der Kirche in Kroatien und deren Kardinal entgegengebracht würden. Als Zeichen der Erwiderung
dieser Zuneigung und der Verbundenheit der Burgenlandkroaten mit der alten Heimat Kroatien überreichte Bischof
Zsifkovics Kardinal Bozanic einen Kelch und eine Patene, versehen mit den vier Wappen der an der Wallfahrt teilnehmenden
Diözesen und geschaffen vom burgenländischen Künstler Professor Heinz Ebner.
Denkwürdige Geste an einem denkwürdigen Tag
Für großes Aufsehen sorgte die daran anschließende Geste des Erzbischofs von Zagreb, der Bischof
Zsifkovics mit einer Bewegung des Armes persönlich dazu anhielt, auf der Erzbischöflichen Kathedra des
Zagreber Doms Platz zu nehmen – jenem Platz, der ausschließlich dem jeweils amtierenden Erzbischof von Zagreb
vorbehalten ist. Kommentaren hoher Kleriker der Erzdiözese Zagreb zufolge war dergleichen noch nie vorgekommen
und müsse die Geste als Zeichen besonderer Wertschätzung Zsifkovics’ in Kroatiens Kirche gedeutet werden.
Entsprechend gerührt nahm der Eisenstädter Bischof diese Geste der Freundschaft an und begann von jenem
Platz aus die Eröffnungsworte des Gottesdienstes zu sprechen.
"Wer wir sind?"
Die Antwort auf diese Frage, die Eisenstadts Bischof in seiner Predigt in burgenlandkroatischer Sprache an
den Anfang stellte, gab zunächst der Chor "Pax et bonum", der an entsprechender Stelle die Hymne
der Burgenlandkroaten mit einem darin enthaltenen musikalischen Herkunftsausweis sang. Eine ungewohnte, die Menschen
im Zagreber Dom aber ansprechende Form der Interaktion von Wort und Musik, die für spontanen Applaus während
der Predigt sorgte. Zsifkovics legte daraufhin die Gründe der Wallfahrt dar. Die Burgenlandkroaten hätten
in einer Zeit, in der sich Grenzen wieder schließen, einen Schritt über die Grenzen gemacht. Als Volk
aufgeteilt auf drei Länder und 4 Diözesen unter dem gemeinsamen Dach der EU seien sie immer noch mit
der alten Heimat Kroatien verbunden. Durch 500 Jahre hindurch habe sich demnach durch Glauben, kirchliche Gemeinschaft,
Sprache und Kultur eine Identität bewahrt, die beispielgebend sein könne für ganz Europa und ein
Rezept für jede Gesellschaft. Kirche garantiere Gemeinschaft, so Zsifkovics, und überlebe jede Ideologie.
Stepinac als bewusst gewähltes Reiseziel
Man sei aber auch gekommen, um zur baldigen Heiligsprechung des seligen Märtyrerkardinals Stepinac beizutragen.
Es sei ein treibendes Motiv gewesen, am Grab des Seligen Stärkung für den gemeinsamen Weg Europas in
die Zukunft zu suchen. Für Christen – "die einen wie die anderen!", wie Zsifkovics in Hinblick auf
zerstrittene politische Parteien innerhalb wie außerhalb Kroatiens sagte – sei es an der Zeit zu zeigen,
"dass wir alle zu Christus gehören". Das bedeute ein Mehr an Zusammenarbeit in Gesellschaft und
Staat sowie ein Weniger an Konfrontation und Unterstellungen. Den kürzlich erfolgten öffentlichen Aufruf
von Kroatiens Staatspräsidentin Grabar-Kitarovic aufgreifend, in der Politik keine unerträgliche und
schädliche Atmosphäre für die Gesellschaft zu schaffen, forderte Zsifkovics "ein echtes christliches
Zeugnis" aller politischen Kräfte in Kroatien, so Zsifkovics – denn als "Kinder des Geistes, nicht
des Bösen" müssten Christen stets "bereit zum Glaubenszeugnis und zum Engagement in der Gesellschaft"
sein, bereit "in der Wahrheit unseren Weg zu gehen wie der selige Alojzije Stepinac, der sein Leben für
die Wahrheit hingegeben hat". Es sei dementsprechend auch die Zeit der historischen Aufarbeitung gekommen,
auch der Beweisführung gegen die falschen Anschuldigungen, die gegen Stepinac erhoben wurden. Die Bitten der
Burgenlandkroaten an dessen Grab gelten der Bewahrung der menschlichen Einheit und richten sich gegen Tendenzen
kultureller Assimilation und aggressiver Säkularisierung.
Nicht in der Vergangenheit leben, sondern für die Zukunft
Wenn Burgenlandkroaten die alte Heimat ehren würden, so bedeute das nicht sentimentale oder museale Rückwärtsgewandtheit.
Es bedeute vielmehr die Fähigkeit, durch den Blick auf die eigenen Wurzeln die Zukunft verantwortungsvoll
zu gestalten. Das beinhalte die Fähigkeit, historische Altlasten zu übersteigen und bereit zu sein, immer
wieder zu verzeihen und von neuem zu beginnen. Zsifkovics: "Ein Volk, das so lebt, hat eine Zukunft. Lebt
also nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart und für die Zukunft!" Damit verbiete sich auch
eine Haltung der Respektlosigkeit gegenüber allem, was einem Menschen Heimat bedeutet. Zsifkovics wörtlich:
"Gesellt euch nicht zu jenen, die ihre Heimat ausnützen und nicht wie eine Mutter behandeln, sondern
wie eine Versorgungsstation!"
Kein Besserwisser von außen, sondern Polizeibekannter
Zsifkovics stellte die Worte seiner Predigt in einen besonderen biografischen Kontext. Er sei "nicht hierhergekommen,
um als Besserwisser von außen" zu belehren. Er habe die Schattenseite der Geschichte und die Repressalien
des kommunistischen Regimes, die in ihrer allerschrecklichsten Form Kardinal Stepinac zum Märtyrer machten,
am eigenen Leib kennen gelernt. Als junger Kleriker musste Zsifkovics während seines Studienaufenthaltes in
Zagreb einmal monatlich bei der Polizei vorstellig werden, wo man sogenannte "informative Gespräche"
mit ihm führte. Diese dienten dazu, den Studenten aus Österreich über die Ereignisse und Hintergründe
seines Aufenthaltes im Zagreber Priesterseminar zu verhören. Zsifkovics wörtlich und zur Erheiterung
der Anwesenden im Dom: "Man hätte meinen können, meine Wohnadresse in Zagreb wäre die Straße
mit der Polizeistation, nicht das Priesterseminar – so oft wurde ich dort ausgefragt!"
Eine jener geistlichen Schwestern, die im Zagreber Dom den Sakristeidienst versehen, brachte in kroatischer
Sprache nach der Festmesse auf den Punkt, was die journalistische und insbesondere die deutsche Sprache nur unzureichend
vermag: "Das war heute aber eine Predigt ohne Speisereste an den Zähnen – Sie haben nichts zurückbehalten
und alles gerade herausgesagt, Exzellenz!"
Applaus der Staatspräsidentin für Chor der Burgenlandkroaten
Tosender Applaus am Ende der Messe für den Chor "Pax et bonum" und seinen Leiter war die verdiente
Anerkennung für eine besondere musikalische Leistung. "Ich war bewegt vom Schwung und neuen Stil dieses
Chores, der mich regelrecht mitgerissen hat durch die ganze Liturgie", gestand Kroatiens First Lady Bischof
Zsifkovics beim anschließenden Gespräch. Auch die burgenlandkroatische Sprache, die sich durch die gesamte
Liturgie gezogen hat, klang ihr sehr vertraut, besitze sie doch Ähnlichkeit mit dem Dialekt ihrer eigenen
Heimat. Es sei eine Sprache, die jeder in Kroatien problemlos verstehen könne.
Mit Kroatiens Staatsspitze und dem ORF Burgenland allein im "Aussprachezimmer"
In Begleitung von Bischof Zsifkovics und dem bischöflichen Sekretär und Pressesprecher Dominik Orieschnig
begab sich die Staatspräsidentin unter regem Medienandrang vom Dom ins benachbarte Priesterseminar, um dort
gemeinsam mit Premierminister Andrej Plenkovic, Vizepremier und Außenminister Davor Stier sowie dem Minister
für Kroatischsprachige im Ausland Zvonko Milas zu einem informellen Treffen zusammenzukommen. Unter strengstem
Ausschluss sämtlicher Medien von dieser nicht-öffentlichen Unterredung wurde durch Intervention von Bischof
Zsifkovics alleine dem ORF Burgenland mit der jungen burgenlandkroatischen Redakteurin Julia Strommer ein Einblick
in das prominent gefüllte "Aussprachezimmer" im Zagreber Priesterseminar gewährt, bevor dann
endgültig die Türen geschlossen wurden.
Torte gut, alles gut!
Anschließend begegnete Kroatiens Staatsspitze bei strahlendem Wetter im Hof des Priesterseminars Vertretern
der Burgenlandkroaten und des Chores. Und nachdem ORF-Redakteurin Julia Strommer ihr Interview mit Bischof Zsifkovics
und Pilgern im Kasten hatte, konnte der Eisenstädter Bischof eine von der Stadt Zagreb gestiftete Torte anschneiden
und diesen Tag mit einem geselligen Beisammensein der Burgenlandkroaten bei gutem Essen und guter Musik im Garten
des Priesterseminars ausklingen lassen.
Epilog
Bei einem privaten Treffen zwischen Bischof Zsifkovics mit Kardinal Bozanic am 22.05. zeigte sich dieser sehr
angetan vom hohen liturgischen und gestalterischen Niveau der Pilgermesse und der großen Zahl junger Menschen,
die sich unter den Pilgern befunden hatten. Bozanic bat Zsifkovics, der sich seinerseits für die den Burgenlandkroaten
erwiesene Gastfreundschaft und Großzügigkeit bedankte, weiterhin verbindende europäische Maßstäbe
zu setzen. "Bitte, macht weiter!", so die Bitte des Zagreber Kardinals. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
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