Eisenstädter Bischof spricht in Kroatiens größter Religionssendung mit Star-Moderator
Neno Kužina live über die bleibende Rolle von Glauben und Kirche in einem Europa kommender und gehender Ideologien
Zagreb/Eisenstadt (martinus) – Mehr als 120.000 Zuseher konnten Freitag (19.05.) vormittags erleben, wie
Eisenstadts Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics live im bekannten Religionsmagazin "Rijec i život"
(auf deutsch: "Wort und Leben") des kroatischen Nationalfernsehens HRT Rede und Antwort zu Fragen burgenlandkroatischer
Identität in bewegten europäischen Zeiten stand. Die Einladung, in dem TV-Format zu Wort zu kommen, darf
als besondere Auszeichnung für den Bischof gewertet werden, handelt es sich dabei um eine der wenigen Sendungen,
in denen ausgewählte Persönlichkeiten aus Politik, Kirche und Gesellschaft in Langfassung von ca. 45
Minuten um Erörterung sozialethischer Fragen gebeten werden.
Reiche Themenpalette als Strahlenkranz starker Identität
Es sind zunächst die burgenlandkroatischen Wurzeln von Bischof Zsifkovics und der von ihm in diesen Tagen
angeführten Pilgerschar aus Österreich, Ungarn und der Slowakei, die in Kroatiens Medienlandschaft aufhorchen
ließen. Wer sind diese sogenannten "gradišcanski Hrvati" mit der altertümlichen Sprache, die
Ähnlichkeit mit bestimmten kroatischen Dialekten besitzt und von Linguisten als begehrtes Studienobjekt für
die Erforschung der Evolution des Kroatischen genutzt wird? Wer ist dieser österreichische Bischof, der einerseits
immer wieder von der "alten Heimat" Kroatien spricht, andererseits bei jeder Gelegenheit die Autonomie
und Unantastbarkeit einer menschlichen Identität betont, die nicht in den engen Grenzen von Nation und Rasse
zu suchen ist? Wurzeln sind nicht gleich Äste sind nicht gleich Früchte – und doch bedingen sie alle
einander: Das ist die Ungleichung, die der Eisenstädter Bischof anhand des Beispiels der Burgenlandkroaten
der kroatischen Öffentlichkeit erklärte und dabei das uralte katholische Grundmodell einer Einheit von
Tradition und Moderne in Erinnerung rief.
Film über Eisenstadt im kroatischen Fernsehen
Mit einem kurzen Intro-Film über die Diözese Eisenstadt und ihre burgenlandkroatischen Anteile eröffnete
Neno Kužina die Live-Diskussion mit Bischof Zsifkovics, die sehr rasch die Bahnen eines herkömmlichen Frage-Antwort-Schemas
verließ und sich zu einem spontanen, humorvollen Gespräch entwickelte. Ausgehend vom biblischen Gedanken
der Versammlung und der Interaktion von Glaube, Sprache und Identität schlug Zsifkovics den Bogen zu aktuellen
europäischen Themen wie Migration und Grenzzäune. Gefragt, wie die Haltung der kroatischen Regierung
zu den Anliegen der Burgenlandkroaten in den verschiedenen Ländern Europas sei, zollte Zsifkovics Lob und
Anerkennung für das große Interesse und die mannigfache Unterstützung burgenlandkroatischer Anliegen
durch Kroatiens politisch Verantwortliche. Eine vom Moderator angesprochene "Rückwanderung" der
vor 500 Jahren aus Kroatien vertriebenen Burgenlandkroaten sei laut Zsifkovics kein Thema, da die Frage burgenlandkroatischer
Identität heute keine Frage nationalstaatlicher Grenzen mehr sei, sondern alleine auf der Garantie basiere,
in Gemeinschaft, verbunden durch Sprache und Glauben, eine starke Identität aufzubauen und zu bewahren. Und
dies sei gerade unter den stabilen österreichischen Rahmenbedingungen sowie unter dem gemeinsamen Dach der
Europäischen Union heute mehr denn je möglich. Insofern lautete auch die vom Moderator erfragte Botschaft
Zsifkovics’ an die Kirche in Kroatien, "Mut zu haben" trotz aller gesellschaftlicher Herausforderungen.
Die Gemeinschaft im Glauben, zu der die Kirche die Menschen immer wieder rufe, habe die Kraft, alle Stürme
der Zeit zu überwinden. Die Burgenlandkroaten und er, Zsifkovics, seien das lebende Beispiel dafür.
Inflation der Worte mit Taten begegnen
Dabei seien es heute vor allem Taten, die zählen, vor allem an den Armen und Kleinen in der Gesellschaft.
Auf die Frage, wie sehr man in Europa auf die Stimme des Eisenstädter Bischofs und Europabeauftragten der
Österreichischen Bischofskonferenz höre, konstatierte Zsifkovics eine heute eingetretene "Inflation
der Worte", wo jeder Politiker griffige Statements parat habe, aber nur wenige konkret zum Wohl der Gesellschaft
handeln würden. Daher habe er sich entschlossen, den Weg der Taten zu gehen, um gehört zu werden – sei
es in der Flüchtlingsfrage sowie in der von ihm als Bischof verweigerten Errichtung eines Anti-Migrations-Zaunes
auf kirchlichem Grund an der österreichisch-ungarischen Grenze. Entsprechend reagierte Zsifkovics auf die
Frage des Moderators, worin denn im Unterschied zu den wenigen, die Welt und Gesellschaft gestalten, die Rolle
und Bedeutung der Christen zu sehen sei, mit der Aussage, dass "viel mehr Christen als man annehmen würde"
diese Welt im Stillen und Verborgenen durch konkrete Taten der Nächstenliebe mitgestalten. Allerdings seien
diese "meist nicht im TV zu sehen", so Zsifkovics.
Medialer Hype um Burgenlandkroaten und ihren Bischof
Zsifkovics’ Interview in "Rijec i život" war nur der Auftakt einer langen Reihe medialer Auftritte
des Bischofs in TV und Radio. So folgten etwa nach der am Sonntag (21.05.) in voller Länge live im kroatischen
Fernsehen übertragenen festlichen Pilgermesse ein weiterer Live-Auftritt des Bischofs in der beliebten Sendung
"Dobro jutro, Hrvatska", dem Frühstücksfernsehen Kroatiens. Bereits das Treffen am Freitag
mit dem Leiter der Abteilung Religion im HRT, Mario Raguž, der persönlich die Pilgermesse im TV live kommentierte,
zeigte die große Wertschätzung, die dem Besuch der Burgenlandkroaten in Zagreb entgegengebracht wurde.
Im Gespräch mit dem Leiter des Medienbüros und Pressesprecher der Diözese Eisenstadt, Dominik Orieschnig,
unterstrich Raguž den hohen Werbewert, den das selbstbewusste, erfrischende öffentliche Auftreten der burgenlandkroatischen
Pilger unter Bischof Zsifkovics auch für Kroatien bedeutet. Weitere Kooperationen und Gottesdienstübertragungen
sind daher bereits angedacht.
Diese Atmosphäre des Willkommenseins war in allen Begegnungen mit Medienvertretern spürbar, so zum
Beispiel mit Antonia Horvatin, die den Pilgergottesdienst live für die Radiozuhörer kommentierte – wobei
wohl keine so herzlich war wie die mit Marieta Jelencic, leitende Redakteurin bei HRT, die es sich nicht nehmen
ließ, mit dem Bischof nach dem Interview für "Rijec i život" innig zu posieren.
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Reise nach Kroatien zurück in die Zukunft
Bereits der zweite Tag der Zagreb-Reise von Bischof Zsifkovics machte die historische Dimension der von ihm
geleiteten Wallfahrt der Burgenlandkroaten deutlich. Als lebender Knotenpunkt in einem weitverzweigten Netz kultureller,
sprachlicher und weltanschaulicher Bezüge vereint der burgenlandkroatische Bischof aus Österreich die
fünfhundert Jahre alte Genetik eines vertriebenen Volkes in der Diaspora mit dem in kirchlichen Eliteschmieden
kultivierten Verständnis des Christentums als Kraft, die die Grenzen von Nation, Rasse, Ideologie und Sprache
überschreitet.
Modell des freien, in Sprache, Glauben und Identität verankerten Menschen
Damit repräsentiert Zsifkovics in seiner eigenen Person und Generationengeschichte das Modell einer europäischen
Zukunft abseits gesellschaftlicher Uniformierung, in der Kirche und Glaube Garant für die Freiheit des Menschen
bleiben. "Die Vision von den ‚Vereinigten Staaten von Europa’, mit denen man sich etwa jetzt wieder im österreichischen
Wahlkampf zu positionieren versucht, ist eine Totgeburt, wenn diese Vision nicht auf einem humanistischem Menschenbild
und intakten Werten von Familie, Gemeinschaft, Identität beruht. Dass ein ‚Mega-Supermarkt EU’ nicht ausreicht,
um den drängenden Problemen unserer Zeit Herr zu werden, dürften mittlerweile wohl alle kapiert haben!",
so Zsifkovics, der Europabischof der Österreichischen Bischofskonferenz, im Gespräch mit dem Medienbüro
der Diözese Eisenstadt. Umso mehr sei "die grenzüberschreitende Wallfahrt der vor 500 Jahren selbst
vertriebenen Burgenlandkroaten ans Grab eines von einer menschenverachtenden Ideologie unterdrückten und langsam
zu Tode gebrachten Zeugen des Evangeliums ein bewusstes Zeichen unserer christlichen Gemeinschaft", so Zsifkovics
weiter. "Wir zeigen damit, dass die Botschaft des Evangeliums lebt, wenn alle Ideologien längst tot und
am Friedhof der Geschichte gelandet sind!" – eine Haltung, die sich in den kommenden Tagen wie ein roter Faden
durch alle Predigten und Ansprachen des Bischofs zog.
Bewegende Momente an Orten geistlicher Prägung
Es war bewegend für die burgenlandkroatischen Pilger zu erleben, wie Bischof Zsifkovics in der randvollen
Kapelle des Zagreber Priesterseminars, in der er selbst in den Jahren 1983 und 1984 als junger Geistlicher ausgebildet
worden war, mit ihnen Eucharistie feierte und sein Predigtwort eigens an sie richtete. Die Kapelle des Priesterseminars
ist übrigens jener Ort, in dem der junge Ägidius Zsifkovics sich selbst und Gott die endgültige
innere Zusage gegeben hatte, Priester zu werden. Der große Kreis, der sich damit in den Stunden und Tagen
der Wallfahrt für Bischof Zsifkovics in Gegenwart seiner Landsleute schloss, muss starke innere Bewegungen
beim Bischof hervorgerufen haben – Bewegungen, die nach außen nicht hörbar, aber für manch aufmerksamen
Beobachter doch spürbar waren. Sie fanden Ausdruck in der Übergabe eines Kelches und liturgischer Bücher
in burgenlandkroatischer Sprache an den Regens des Seminars. Geschenke des Bischofs, die sagen: "Ihr seid
ein bleibender Teil von mir – ich bin ein bleibender Teil von euch!" Mit dem feierlich gesungenen "Zdrava
Diva", einem der bekanntesten burgenlandkroatischen Kirchenlieder, ging der Gottesdienst zu Ende.
Großer Tag des Visionärs Stefan László
Doch noch jemand anderer hatte Teil an dem großen Zirkelschluss dieses Tages und Bischof Zsifkovics gedachte
seiner beim Gottesdienst im Priesterseminar auf würdige Art und Weise: Es war der erste Bischof der Diözese
Eisenstadt, Stefan László, der Zsifkovics 1983 zum Studium nach Zagreb geschickt hatte. Lapidar meinte
er damals, es wäre "von Bedeutung". Ausdrücklich hatte László beim damaligen
Zagreber Erzbischof keine Sonderbehandlung des jungen Klerikers aus der Diözese Eisenstadt gewünscht,
er sollte vielmehr in allem den Zagreber Priesterstudenten gleichgestellt sein. Und so geschah es, dass Ägidius
Zsifkovics neben seinen theologischen Studien auch lernte, in einem zum Seminar gehörenden kleinen landwirtschaftlichen
Betrieb Schweine zu schlachten und am nahen Zagreber Markt Kartoffeln zu verkaufen. Allesamt Aufgaben, die Zsifkovics,
der auch Traktoren lenken kann und das Imkerhandwerk erlernt hat, gut zu meistern wusste. Mit dieser frühen
Entsendung eines jungen burgenlandkroatischen Seminaristen in die alte Heimat hat Bischof Stefan László
jene langen, aber lose hängenden Fäden der Geschichte fest verknüpft, die heute zur stabilen Brücke
verwachsen sind, auf der der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics alte Grenzen überschreiten
und neue Horizonte ins Auge nehmen kann. Zu verdanken ist dies auch der weisen Voraussicht Stefan Lászlós,
dessen langer Arm und freudiger Gruß aus der Ewigkeit in diesen Tagen wahrnehmbar waren.
Im Kino mit dem Seligen Alojzije Stepinac
Bereits am Vorabend (19.05.) hatte Bischof Zsifkovics die in Zagreb eintreffende Pilgerschar von mehreren hundert
Personen unter dem Trausdorfer Dechant und Pfarrer Željko Odobašic persönlich empfangen und mit seinen Landsleuten
im Priesterseminar ein gemeinsames Gebet gesprochen. Im Festsaal des Seminars, der auch von der Öffentlichkeit
als Kinosaal für Filmvorführungen mit sozialethischen und religiösen Themen genutzt werden darf,
wurden die Pilger von der Leitung des Priesterseminars willkommen geheißen und vom Chor des Seminars musikalisch
auf die vor ihnen liegenden Tage eingestimmt. Anschließend hatten die Pilger Gelegenheit, eine Präsentation
des Lebens und Sterbens des seligen Kardinals Alojzije Stepinac quasi "aus erster Hand" mitzuerleben:
Der sogenannte Postulator, gewissermaßen der amtliche Fürsprecher des derzeit laufenden kirchlichen
Heiligsprechungsverfahrens für Stepinac, Dr. Juraj Batelja, gab den Burgenlandkroaten interessante Einblicke
in die Person des Seligen. Besonders betroffen machte die Schilderung des Postulators, dass das kommunistische
Regime sogar nach dem Tode des Kardinals nicht aufgehört hatte, dessen Person und Andenken im wahrsten Sinne
des Wortes zu schädigen und zu zerstören: Ein auf dem Sarg mit dem Leichnam abgelegter Kranz sollte –
mit einer aggressiven chemischen Substanz versehen – dafür sorgen, dass die sterblichen Überreste gänzlich
devastiert werden, was zum Teil auch gelang.
Bischof Zsifkovics dankte Batelja für seine Bemühungen um eine baldige Heiligsprechung des Märtyrerkardinals
und sicherte ihm die Unterstützung und das Gebet der Burgenlandkroaten zu.
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