Salzburg: Michael Bünker erhielt als erster evangelischer Bischof in Österreich das
Ehrendoktorat einer katholischen Fakultät - Festakt mit Bundespräsident Van der Bellen
Salzburg/Wien (epdÖ) - Mit Michael Bünker hat erstmals in Österreich ein evangelischer Bischof
die Ehrendoktorwürde einer katholischen Fakultät erhalten. Im Rahmen eines Festakts an der Universität
Salzburg, an dem am 31.05. auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen teilnahm, ehrte die Katholisch-Theologische
Fakultät den lutherischen Bischof mit dem Ehrendoktorat der Katholischen Theologie.
Die Fakultät wolle damit einen „außerordentlichen Theologen“ auszeichnen, der als „selbstbewusster evangelischer
Christ“ seiner Kirche eine Stimme leiht, die in Österreich gehört werde, wenn es um den gesellschaftlichen
Ort des Christentums in der Gesellschaft geht“, sagte der Fundamentaltheologe und Ökumeniker Gregor Maria
Hoff, der gemeinsam mit Dekan Dietmar Winkler den Antrag zur Ehrenpromotion verfasst hat. Bünker übersetze
das Evangelium „öffentlich in Ansprüche für die Menschen, die allzu leicht um ihre Menschlichkeit
gebracht werden“, erklärte Hoff weiter und würdigte Bünker als „theologischen Experten für
Grenzüberschreitungen im Dienst der Humanität“.
Zugleich solle die Verleihung im Jahr des Reformationsgedenkens 2017 vor allem auch die ökumenische Bedeutung
der Reformation gerade aus katholischer Perspektive öffentlich zur Geltung bringen. Gregor Maria Hoff sagte
bei dem Festakt, man könne Geschichte nicht zurücknehmen und „Verantwortung nicht in Ehrenbezeugungen
aufwiegen“, die Katholisch-Theologische Fakultät setze mit dieser Verleihung des Ehrendoktorats an den evangelischen
Bischof aber ein Zeichen dafür, „dass und wie sich Religionskonflikte in ein Verhältnis aufrichtiger
kirchlicher Verbundenheit und produktiver Gesprächskultur überführen lassen“.
In seinen Dankesworten unterstrich Michael Bünker die Notwendigkeit einer gründlichen wissenschaftlichen
Theologie, denn der christliche Glaube sei seinem Wesen nach kritischer Glaube: „Er toleriert nicht nur widerwillig,
dass ihm die Vernunft hineinredet, er verlangt von sich aus danach!“ Im Gespräch mit den Wissenschaften frage
er danach, was sie zur „Menschwerdung des Menschen“ beitragen und „ob sie noch frei sind in den Zwängen der
Ökonomisierung und Zweckrationalitäten“. Auch wenn das Gespräch zwischen Glauben und säkularer
Vernunft schwierig sei, bleibe es eine zentrale Herausforderung um Sinn stiftende Potentiale zu erschließen.
Bei der Auszeichnung handle sich um ein "symbolträchtiges Signal der Religionsverständigung und
belastbarer konfessioneller Religionskontakte“, heißt es weiter im Antrag zur Ehrenpromotion. Das sei insbesondere
für Salzburg bedeutsam, habe es hier doch 1731/32 die heftigsten Protestantenverfolgungen in Österreich
gegeben. Insofern sei die Verleihung der Ehrendoktorwürde auch ein "bedeutendes Zeichen für eine
lange Zeit unvorstellbare gegenseitige Anerkennung" von katholischer und evangelischer Kirche.
Unter Fürsterzbischof Leopold Anton von Firmian mussten 1731/32 rund 22.000 Salzburger Lutheraner das Landes
verlassen. Die Vertriebenen stammten vorwiegend aus dem Pongau und dem Pinzgau. Zwei Drittel aller Bauernhöfe
in den beiden Gebirgsgauen blieben verwaist zurück, was den größten Bevölkerungsverlust bedeutete,
den Salzburg je erfahren hatte. Erst 1966 bat der damalige Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher die evangelischen
Christen offiziell um Vergebung für die Vertreibungen.
Theologisch werde mit dem Ehrendoktorat ein wichtiges Anliegen des Theologen und Bischofs Michael Bünker gesetzt,
betonen Hoff und Winkler: Die Entwicklung der Ökumene sowie die konkrete Zusammenarbeit der Kirchen in der
Gesellschaft.
Als Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa vertrete Bünker auch die Agenden
der evangelischen Kirchen in Europa mit einem entschieden ökumenischen Anliegen. Gerade in religionspolitisch
aufgeregten Zeiten bringe Bünker die „gesellschaftliche Prägekraft christlicher Existenz“ einspruchsstark
zur Geltung und stehe damit eindrucksvoll für die „Einmischungsfähigkeit der christlichen Kirchen aus
dem Geist des Evangeliums und der Reformation“, so Hoff und Winkler.
Für Bünker selbst ist Auszeichnung „eine Ehre, die ich keineswegs nur eigenen Verdiensten zuschreiben
möchte, sondern vielmehr als ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung evangelischer Theologie und
evangelischer Kirchlichkeit in unserem Land auffasse, für das wir im 500. Jahr der Reformation nur gemeinsam
Danke sagen können.“
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