Wien (bmlvs) - Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, Generalstabschef Othmar Commenda und Dr. Wolfgang
Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, haben am 29.05. ein umfassendes Paket zur nachhaltigen Verhinderung
von unzulässigen Beeinflussungen bei Beschaffungen vorgestellt. Kernpunkte des Anti-Korruptionspakets, das
sich auf die dem Bundesminister vorgelegten Empfehlungen der Finanzprokuratur stützt, sind die Abstandnahme
von Gegengeschäften bei militärischen Beschaffungsvorgängen, nachhaltige Maßnahmen zur Verhinderung
von unzulässigen Einflussnahmen von Lobbyisten, eine grundlegende Änderung der internen Ablauforganisation
bei Beschaffungsvorgängen für das Bundesheer sowie neue, zwingende Vertragsbestimmungen. Dadurch soll
eine mögliche Beeinflussung militärischer Beschaffungsvorgänge durch Lobbyisten beziehungsweise
Berater- und Interessensnetzwerke ein für alle Mal unmöglich gemacht werden.
Verteidigungsminister Doskozil: "Ich habe keinen Zweifel daran, dass der größte Teil der in Österreich
vereinbarten und umgesetzten Gegengeschäfte korrekt abgewickelt werden. Aber der Bericht Task Force Eurofighter
hat deutliche Hinweise dafür hervorgebracht, dass bei der Eurofighter-Beschaffung die Gegengeschäfte
ein ideales Einfallstor für Korruption und Bestechung waren. Wir setzen daher umfassende Maßnahmen,
um den widerrechtlichen Einfluss von Lobbyisten beziehungsweise Berater- und Interessensnetzwerken bei zukünftigen
militärischen Beschaffungsvorgängen unmöglich zu machen. Österreichs Steuerzahler haben ein
Anrecht darauf, dass ihr Steuergeld korrekt und sauber eingesetzt wird."
"Militärische Beschaffungen berühren die ureigenen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen Österreichs
und verlangen damit unbestritten eine besondere Vertraulichkeit. Gleichzeitig müssen sich die österreichischen
Steuerzahler aber sicher sein, dass wir unbeeinflusst von den Interessen diverser Anbieter das bestmögliche
Gerät zum bestmöglichen Preis erwerben. Mit diesem Paket an Maßnahmen soll das sichergestellt werden",
so Doskozil weiter.
Grundlage für diese Entscheidungen bilden "Empfehlungen zur nachhaltigen Verhinderung von unzulässigen
Beeinflussungen bei Beschaffungen", die die österreichische Finanzprokuratur im Auftrag des Bundesministers
erstellt hat und über den unten angeführten Link veröffentlicht wird.
Ein Bündel von Maßnahmen gegen Korruption und für mehr Transparenz
Um in Zukunft die unzulässige Beeinflussung von Beschaffungen nachhaltig zu verhindern, schlägt die
Finanzprokuratur eine Reihe von Maßnahmen vor.
Dr. Wolfgang Peschorn: "Das BMLVS hat bereits in der Vergangenheit große Anstrengungen unternommen,
einen hohen Standard bei seinen Beschaffungen zu etablieren. Wir haben nach Analyse des derzeitigen Vorgangs bei
militärischen Beschaffungen unter Einbeziehung unseres Know Hows als 'Anwalt der Republik' maßgerechte
Empfehlungen entwickelt. Dafür waren gerade auch unsere Erfahrungen aus der Causa 'Hypo' wertvoll. Die Empfehlungen
können noch im Jahr 2017 umgesetzt werden."
Nicht verhandelbar und zwingend: Neue Vertragsbestimmungen für alle Beschaffungen - keine Rechtsgeschäfte
des BMLVS über Lobbyisten
In Zusammenarbeit mit der Finanzprokuratur und weiteren nationalen sowie internationalen Experten werden neue,
nicht verhandelbare und zwingende, Vertragsbestimmungen erarbeitet. Durch diese so genannten "terms of good
conduct" soll zu Gunsten der Republik Österreich zukünftig gewährleistet sein, dass ihr Vertragspartner
beziehungsweise Anbieter
- keine unlauteren Verhaltensweisen gesetzt hat und setzen wird;
- keinen unlauteren Einfluss auf die Vergabeentscheidung der Republik Österreich
genommen hat;
- sich das Verhalten aller eigenen und beauftragten Personen (Vertreter, Lobbyisten,
Wirtschaftstreuhänder, Rechtsanwälte, etc.) zurechnen lassen muss;
- im Falle eines Verstoßes gegen diese Bestimmungen effektiv von der Republik
Österreich durch Vertragsstrafen, einer zu hinterlegenden Kaution, etc. verantwortlich gemacht werden kann;
- ausschließlich durch angestellte oder beauftragte Personen, soweit diese
zur berufsmäßigen Parteienvertretung berufen sind, mit der Republik Österreich in rechtsgeschäftlichen
Kontakt treten können.
Mehr Transparenz: Einführung einer zentralen Dokumentationsstelle und eigene Recherchen zu den Anbietern
Um unzulässige Beeinflussung zu erschweren, wird eine interne zentrale Dokumentationsstelle eingerichtet,
in die innerhalb von 24 Stunden jeder einzelne Kontakt mit einem Anbieter oder den von diesem beauftragten Personen
von einem Ressortangehörigen eingemeldet werden muss. Das beginnt bei ersten Marktkonsultationen und geht
bis zur endgültigen Vergabe.
In Ergänzung dazu wird zukünftig das BMLVS bereits bei der Einleitung eines Beschaffungsprozesses eigene
Recherchen über die potentiellen Anbieter und deren Einflussnahmemöglichkeiten auf die Vergabeentscheidung
vornehmen. Dadurch sollen frühzeitig potentielle Risiken erkennbar werden, die sich aus persönlichen,
wirtschaftlichen oder tatsächlichen Verbindungen eines Anbieters zu einem Berater- und Interessensnetzwerk
ergeben können, das auf die Entscheidungsträger der Republik Österreich Einfluss nehmen kann.
Bessere Beschaffungsentscheidung durch stärkere Einbindung der Nutzer
Auch der interne Prozessablauf bei den Beschaffungsvorgängen wird bis Ende des Jahres neu strukturiert.
Während bislang im BMLVS ein stark untergliederter linearer Beschaffungsprozess etabliert ist, bei dem bis
zur Ausschreibung die einzelnen Organisationseinheiten nacheinander in die (interne) Beschaffungsentscheidung einbezogen
werden, soll es nun zu einer "Rekonstruktion der Verantwortung" kommen. Der Nutzer hat sich dazu mit
Unterstützung eines Prozessbegleiters im Wechselspiel mit den betroffenen weiteren Organisationseinheiten
um die Vorbereitung der Beschaffungsentscheidung zu bemühen.
Der Nutzer wird daher auch bei der Durchführung des Vergabeverfahrens, das auch in Zukunft von der Kaufmännischen
Abteilung des BMLVS durchzuführen ist, stärker eingebunden.
"Industrielle Kooperation" mit österreichischen Unternehmen im Verteidigungs- und Sicherheitsinteresse
Das Verbot von Gegengeschäften steht industriellen Kooperationen zwischen Anbietern und österreichischen
Firmen in sachlich begründeten Einzelfällen nicht im Wege. Dass Ausrüstungsgegenstände oder
Rüstungsgut in Österreich montiert oder Elemente davon in Österreich zugekauft werden müssen,
kann in einer Ausschreibung für die Bewertung der Angebote vorgesehen werden, soweit dadurch wesentliche Sicherheits-
und Verteidigungsinteressen der Republik Österreich gefördert werden und die beabsichtigte Beschaffung
nicht dem Unionsrecht unterliegt. Auch in diesen Fällen wird die Vergabe in einem transparenten Verfahren
durchgeführt, so die Finanzprokuratur. Daneben sollten die Anbieter verpflichtet werden, sich vor Angebotslegung
über die möglichen industriellen Kooperationsmöglichkeiten mit österreichischen Unternehmen
zu informieren und dies mit dem Angebot auch nachzuweisen.
Doskozil abschließend: "Wir sind den Steuerzahlern dankbar, dass wir bis 2020 noch etwa 1,7 Milliarden
Euro in das Österreichische Bundesheer investieren können. Im Gegenzug müssen sich diese aber sicher
sein, dass wir mit ihrem Geld sorgsam umgehen. Mit dem neuen Antikorruptions- und Transparenz-Paket machen wir
das und senden ein klares Signal an alle Waffenlobbyisten: Das Bundesheer will nur transparente, marktkonforme
und höchst professionelle Beschaffungsvorgänge nach international gültigen Standards."
Zum "Bericht der Finanzprokuratur an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport"
Auf Grundlage des Berichts der Task Force Eurofighter vom 12.2.2017 wurde vom Bundesministerium für Landesverteidigung
und Sport (BMLVS) Strafanzeige gegen die Airbus Defence and Space GmbH und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH eingebracht.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat in der Folge zu 617 St 1/17z unter anderem gegen diese beiden Unternehmen ein Ermittlungsverfahren
eröffnet. Als eine weitere Konsequenz aus dem Bericht der Task Force Eurofighter hat der Bundesminister für
Landesverteidigung und Sport die Finanzprokuratur am 16.2.2017 ersucht, bis spätestens Ende Mai 2017 Empfehlungen
für eine nachhaltige Verbesserung der Beschaffung im Wirkungsbereich des BMLVS zu erarbeiten.
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