LH Kaiser: Engagement für die Demokratie ist der einzig wirkliche Dank an jene, die damals
bereit waren, ihr Leben gegen die Barbarei einzusetzen
Klagenfurt (lpd) - Das Bemühen, das lange Zeit „vergessene“ Außenlager von Mauthausen im kulturellen
Gedächtnis Österreichs und Kärntens zu verankern, steht im Mittelpunkt der Gedenkveranstaltungen
beim ehemaligen KZ Loibl. Vor siebzig Jahren wurden die Häftlinge aus dem Konzentrationslager Mauthausen und
seinen 49 Außenlager, darunter das KZ Loibl Nord, befreit. Am 10.06. fand wieder die Internationale Gedenkveranstaltung
in Erinnerung an die Opfer des KZ Loibl Nord auf der Kärntner Seite des Loibltunnels am ehemaligen Appellplatz
statt. Das Programm umfasste Gedenkreden, Stimmen von Zeitzeugen, Kranzniederlegungen und den Besuch der Gedenkstätte
KZ Loibl Süd.
„Das Motto der Veranstaltung ‚Internationalität verbindet‘ ist ein Bekenntnis und wird durch die Teilnahme
vieler internationaler Delegationen an der heutigen Gedenkveranstaltung verstärkt“, sagte der Landeshauptmann.
Bereits dadurch werde der internationale und grenzüberschreitende Zusammenhalt signalisiert und das kollektive
Gedächtnis gestärkt. „Nur in der Internationalität können wir all jenen Opfern des 2. Weltkrieges
– all jenen, die Widerstand geleistet haben, - gedenken, denn viele dieser sind fern ihrer Heimat zu Tode gekommen“,
betonte Kaiser.
Stätten wie diese sollten in den heutigen Tagen auch ermahnen, die friedensbewahrende Gemeinschaft der europäischen
Union wachsam zu beobachten und den Anfängen ihrer Zerstörung zu wehren. „Eine Aufgabe, die in einer
von Drohgebärden und Kriegsrhetorik geprägten Welt nicht immer leicht fällt, die aber wichtiger
denn je ist“, so der Landeshauptmann. Diese Warnsignale würden Mut zum aufrechten Gang und Mut, das in sich
kämpfende zuzulassen und sich zu entscheiden, fordern. „Engagement für die Demokratie ist der einzig
wirkliche Dank an jene, die damals bereit waren, ihr Leben gegen die Barbarei einzusetzen“, sagte Kaiser. Demokratie,
Miteinander und internationale Solidarität drohten manchmal zu Begriffen, die so nicht mehr vorhanden seien,
zu verkommen. „Wehren wir den Anfängen - Demokratie und Humanität müssen es uns wert sein“, betonte
der Landeshauptmann.
„Das Mauthausen Komitee Kärnten/Koroška fühlt sich als Veranstalter den KZ-Opfern vom Loiblpass verpflichtet,
ihre Geschichte des Leidens und Sterbens, aber auch ihre Geschichte des mutigen Widerstandes und Überlebens
in ehrender Erinnerung zu bewahren“, sagte Peter Gstettner für das Mauthausen Komitee Kärnten. Man habe
die Hoffnung, dass am Loibl etwas entstehe, das zu Recht den Namen Europäische Gedenkstätte tragen werde.
Botschafter Valentin Inzko betonte, dass durch die gewaltige Energie von Gstettner und seinen Mitarbeitern rund
um diese Gedenkstätte am Loibl eine Gedenkkultur entstanden sei. „Diese Veranstaltung ist nicht in die Vergangenheit
gerichtet, ihre Botschaften sind universell und sollen auch so verbreitet werden.“
Daniel Simon von der Amicale de Mauthausen Paris verwies auf das Motto der Veranstaltung „Internationalität
verbindet“: „Es handelt sich um die Beziehung erinnernder, ideologischer, kultureller, philosophischer Art mit
dem tragischen Kapitel Naziherrschaft in Europa, die wir zu bewahren anstreben, um unsere Gegenwart zu erhellen
und uns zu helfen, an die Zukunft zu denken.“
Als Zeitzeugin sprach Hermine Liska, Überlebende eines NS-„Umerziehungsheimes“ und als Jugendliche im Widerstand
der Zeugen Jehovas. „Als Achtjährige bekam ich damals das ganze Ausmaß an Ausgrenzung zu spüren,
heute erzähle ich meine Lebensgeschichte in Schulen und versuche so dazu beizutragen, dass Jugendliche ein
Selbstbewusstsein entwickeln und Nein sagen zum negativen Gruppenzwang.“
Als Stimme der Jugend verlas Katja Weiss, Kärntner Slowenin und Tochter einer von den Nazis in ein Arbeitslager
verschleppten Familie einen Text, verfasst von ihrer Schwester Lenka. Erzählt wurde die Familiengeschichte
an Hand eines kleinen Koffers, der ihre Großmutter bei der Deportation 1942 ins Arbeitslager Hesselberg begleitet
hatte.
In seiner Gedenkrede betonte der Schriftsteller Alois Hotschnig, dass es darum gehe, Position zu beziehen: „Der
Blick ist nicht in die Vergangenheit sondern mitten ins Leben gerichtet. Es geht um das Wissen wollen.“ Es gelte
dort, wo wieder Wachtürme errichtet werden, diese im Auge zu behalten. „Das Hinsehen und das Wegsehen – beides
sind wir, die Entscheidung darüber ist eine Entscheidung über uns selbst.“
Internationale und österreichische Delegationen, viele Vertreter von NS-Opferverbänden nahmen am Gedenken
teil, vom Innenministerium waren gekommen Jochen Wollner und Stefan Matyus, seitens des Landes, neben Landeshauptmann
Kaiser auch Umweltreferent Landesrat Rolf Holub. Weitere Gäste waren Bundesrätin Ana Blatnik, Militärkommandant
Walter Gitschtaler, Sicherheitsdirektor Helmut Mayer, der slowenische Generalkonsul Milan Predan, Helmut Edelmayr
vom Mauthausen Komitee Österreich, Klagenfurts Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler und Villachs Alt-Bürgermeister
Helmut Manzenreiter. Außerdem der polnische Botschafter Artur Lorkowski, Honorarkonsul Ferdinand Sammer,
Christophe De Winter, Attaché aus der Kulturabteilung der französischen Botschaft. Von der italienischen
Botschaft waren Gesandter-Botschaftsrat Marco Di Ruzza sowie Militärattaché Oberst Onofrio Picarelli
anwesend. Von der Botschaft der Tschechischen Republik Botschaftssekretärin Jana Pulpán Kheková.
Für die musikalische Umrahmung sorgte der Jugendchor Danica/Mladinski zbor Danica, St. Primus/Šentprimož unter
der Leitung von Barbara Mistelbauer-Stern. Am Saxophon war Edgar Unterkirchner.
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