Neues multilaterale Instrument soll zu Schließung von Steuerstopflöchern führen
– Österreichs Handel sieht Vor- und Nachteile
Wien (pwk) - 68 Staaten haben am 7. Juni einen völkerrechtlichen Vertrag über ein neues multilaterales
Instrument – abgekürzt MLI - der OECD unterzeichnet, so auch Österreich. Damit werden einige Empfehlungen
der OECD zur Verhinderung von Steuermissbrauch umgesetzt. Sinn und Zweck des neuen Instruments ist, bestehende
Steuerschlupflöcher zu schließen, die derzeit etwa von großen internationalen Unternehmen genutzt
werden können.
Worum geht es konkret?
Im Abkommen wird unter anderem der Begriff der Betriebsstätte modifziert. Derzeit sind Auslieferungslager
von internationalen Versandhändlern à la Amazon und Co Hilfsstätten und fallen nicht unter dem
Begriff einer steuerpflichtigen Betriebsstätte. Das hat zur Konsequenz, dass große Warenlager, aus denen
Produkte an Konsumenten ausgeliefert werden, im Sitzland des Lagers nicht steuerpflichtig sind und lediglich die
Ertragssteuer am Sitz des Unternehmens zahlen müssen, die im Fall von Amazon durch legale Steuertricks bekanntlich
verschwindend niedrig ist. Der Wettbewerbsnachteil für heimische Internetunternehmen liegt auf der Hand, die
mit einer Ertragssteuer von bis zu 25 Prozent konfrontiert sind.
Diese unbefriedigende Situation wird sich mit dem neuen Abkommen ändern, das nach einem Ratifizierungsprozess
im Laufe des Jahres 2018 in Kraft tritt. In Zukunft werden Auslieferungslager dann nicht mehr als steuerfreie Hilfsstätten,
sondern als steuerpflichtige Betriebsstätten behandelt.
„Aus Sicht des österreichischen Handels ist das neue multilaterale Abkommen aber maximal ein Zwischenschritt
zur Verhinderung von unfairer Steuervermeidung“, betont Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Bundessparte
Handel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
Warum sieht die Bundessparte Handel das Abkommen kritisch?
Die neue Regelung klingt auf den ersten Blick sehr positiv, da nunmehr von internationalen Versandhandelsgiganten
die Ertragssteuer am Sitz der Lager zu entrichten ist. Auf den zweiten Blick differenziert sich aber das Bild,
weil ausländische Internethändler in Österreich gar keine Auslieferungslager halten. Der österreichische
Staat lukriert also keine Mehreinnahmen und österreichische Unternehmen, die in benachbarten Ausland Auslieferungslager
haben, unterliegen einem höheren Risiko, im Nachbarland steuerpflichtig zu werden.
Lösungsansatz
„Eine Lösung aus Sicht des Handels wäre zum Beispiel, einen Besteuerungsanknüpfungspunkt in Österreich
durch die Online-Präsenz zu schaffen. Konkret könnte nach Überschreitung einer bestimmten Umsatzschwelle
oder einer bestimmten Anzahl an online abgeschlossenen Verträgen ein Besteuerungsrecht in Österreich
begründet werden. Hier werden wir als Bundessparte Handel auf eine praxisnahe Lösung im Finanzministerium
drängen“, so Thalbauer abschließend.
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