Nationalrats-Debatte über Tourismusbericht 2016, zahlreiche Oppositionsanträge abgelehnt
Wien (pk) - Neuerliche Rekordwerte bei Gästen und Nächtigungen, gestiegene Umsätze und Beschäftigungszahlen
und eine höhere Investitionsbereitschaft der Tourismusbetriebe - der Tourismusbericht 2016, der 07.06. im
Nationalrat zur Debatte stand, spricht von einem Ausnahmejahr und blickt auf eine überaus erfolgreiche Saison
für die Branche zurück. Wirtschaftsminister Harald Mahrer unterstrich im Plenum das positive Bild. Allerdings
stehe die Branche auch vor Herausforderungen, wie etwa durch die Digitalisierung und aufgrund des Klimawandels,
hier sei der Blick auf das "Gesamtkunstwerk" Tourismus bedeutsam. Erfreut über die positive Bilanz
zeigten sich grundsätzlich auch die Abgeordneten. Darüber hinaus übte die Opposition aber auch deutliche
Kritik an den Rahmenbedingungen und legte Verbesserungsvorschläge in Form von Entschließungsanträgen
vor, die allerdings durchwegs abgelehnt wurden. Der Tourismusbericht wurde vom Plenum mehrheitlich zur Kenntnis
genommen.
Anträge der Opposition: Keine Mehrheiten im Plenum
Insgesamt zehn Entschließungsanträge brachten die Freiheitlichen, Grünen und das Team Stronach
zum Tourismusbericht in der heutigen Nationalratssitzung ein, eine Mehrheit kam für keinen davon zustande.
Gerald Hauser (F) ging es ebenso wie Georg Willi (G) in getrennten Anträgen um die Rücknahme der Steuererhöhung
auf Nächtigungen. Die Branche müsse dringend entlastet werden, so Hauser, der auf massive Belastungen
etwa durch lange Abschreibungsdauer, steigende Bürokratisierung, die Allergenverordnung und Raucherverordnung
hinwies. In der Regierung herrsche Stillstand und gegenseitige Blockade, kritisierte der FPÖ-Abgeordnete,
umso größer sei das Kompliment an die Tourismusbranche, wieder ein neues Rekordhoch erzielt zu haben.
Der Tourismus sei außerdem das Rückgrat für den ländlichen Raum, jeder fünfte Arbeitsplatz
hänge direkt oder indirekt davon ab.
Österreich ist ein Urlaubsland, daher sei der Tourismus ein wichtiger Bereich, betonte auch Georg Willi (G),
dem es um die Rahmenbedingungen für UnternehmerInnen und ArbeitnehmerInnen geht. Belastungen wurden im Rahmen
der Steuerreform maximal ausgeweitet, lautete sein Vorwurf an die Regierung. Die von ihm neuerlich geforderte Rückkehr
von 13% auf 10% Umsatzsteuer wäre schlechtestenfalls ein Nullsummenspiel, so Willi, denn UnternehmerInnen
würden verbleibende Einnahmen wieder investieren. Der jetzige umsatzsteuerliche Nachteil drohe außerdem
voll durchzuschlagen, sobald sich in wichtigen Konkurrenzländern die Sicherheit wieder stabilisiert habe.
Mit zwei weiteren Anträgen unterstrich Willi die Forderungen, das Budget für die Österreich Werbung
um zumindest 30% zu valorisieren und für den Erhalt der alpinen Hütten und Wege eine Bundesförderung
mit mindestens 4 Mio. € jährlich sicherzustellen.
Hermann Brückl (F) forderte mit seinem Antrag, im Sinne von zusätzlichen Investitionsanreizen für
Tourismusbetriebe die Abschreibungsdauer für Gebäudeteile an die tatsächlich kürzere Nutzungsdauer
heranzuführen. Rot-schwarz habe den Tourismusbetrieben zahlreiche Belastungen beschert, außerdem seien
die Nächtigungszahlen bei Gästen aus Russland massiv eingebrochen. An die Kritik von Willi, dass das
Budget der Österreich Werbung seit 15 Jahren nicht valorisiert wurde, schloss er sich ebenso an.
Gegen eine etwaige Einführung einer kilometerabhängigen PKW-Maut in Österreich stellte sich Christian
Hafenecker (F) mit einem Entschließungsantrag. Diese von der EU in Aussicht genommene Vorgangsweise lehne
er massiv ab, so der FPÖ-Abgeordnete. Österreich habe sich auf Kurzurlaube spezialisiert, dies hänge
auch mit der guten Infrastruktur und Erreichbarkeit zusammen. Eine solche Maut wäre ein Anschlag auf den Mittelstand
und die Tourismusindustrie, benachteiligt wären vor allem der ländliche Raum, Familien und PendlerInnen.
Wolfgang Klinger (F) pochte grundsätzlich darauf, dass Tourismus in Österreich leistbar bleiben müsse.
Die Lohnnebenkosten müssten gesenkt werden, damit mehr Netto vom Brutto bleibt und Betriebe trotzdem positiv
wirtschaften können, so Klinger. Unabdingbar seien dafür eine Verwaltungsreform und ein schlankerer Staat.
Außerdem sei im Zusammenhang mit der Allergenverordnung der Wirt nicht für den Gast verantwortlich zu
machen, und auch die unsäglichen Aushilferegelungen seien nicht praktikabel. Der Aushilfescheck könne
hier zu einer Vereinfachung führen.
Weitere Forderungen, um die Tourismusbranche abzusichern, legte Josef Schellhorn von den NEOS vor. Diese betrafen
einerseits steuerliche Erleichterungen wie die bereits erwähnte Abschreibungsdauer und die Rücknahme
der Steuererhöhung auf Nächtigungen von 13% auf 10%. Außerdem plädiert der NEOS-Abgeordnete
für eine Strukturreform. Damit soll etwa älteren Betrieben, die Preise nach unten drücken würden,
ein Zusperren erleichtert werden. Insgesamt brauche es neue Arbeitswelten, etwa auch Betreuungsplätze am Wochenende.
Landwirtschaft und Tourismus sind für Schellhorn als "eins" zu denken und gemeinsam zu vermarkten,
außerdem geht es ihm um Entbürokratisierung. "Wer nicht wirbt, der stirbt", will Schellhorn
ebenso eine Valorisierung des Budgets der Österreich Werbung. Außerdem tritt er für eine konzertierte
Werbung auf allen Ebenen ein. Zu unterstreichen sei jedenfalls die enorm hohe Wertschöpfung des Tourismus
in diesem Land, betonte er.
Lob an den Tourismus und Kritik an der Vertagungspolitik in Ausschüssen sprach Leopold Steinbichler (T) aus.
Mit vier Entschließungsanträgen forderte er einerseits die Einführung einer Palmöl- und Palmfettsteuer
mit Zweckbindung für die heimische Landwirtschaft und zum Schutz der Gäste. Außerdem geht es ihm
um eine klare Herkunftsbezeichnung auf Lebensmitteln. Dies habe eine große Bedeutung für die heimische
Kulinarik, so Steinbichler, der sich mit diesem Antrag auf eine Bürgerinitiative für "Faire Lebensmittel"
bezieht. Weiters soll ein einheitliches Qualitätsgütesiegel für alle in Österreich erzeugten
Lebensmittel eingeführt und zur Sicherstellung der gänzlich österreichischen Herkunft heimisches
Fleisch mittels AT-Stempel gekennzeichnet werden. Heimische Qualität, so wie sie beworben wird, solle auch
genauso auf den Tellern landen, so Steinbichler. Das sei auch eine Riesenchance für die Wirtschaft.
Aus Sicht von Gerhard Schmid (o.F.) ist eine Deregulierung für den Tourismus erforderlich. Er führt eine
Stagnation in der Gastronomie auf Steuerpolitik und Personalmangel zurück, zudem seien Nachbargebiete steuerlich
begünstigt. Österreichs Wirtschaft lebe vom Tourismus, dieser leiste Großartiges, unterstrich auch
Rupert Doppler (o.F.). Niemand verstehe, warum die Belastungen für diese Branche immer größer
werden. Etwa die vorgenommene Erhöhung der Nächtigungssteuer sei untragbar.
Koalition lobt erfolgreiche Tourismusbranche und sieht weiterhin Herausforderungen
Österreich habe viel zu bieten, der Tourismus sei der beste Botschafter dafür und einer der stärksten
Wirtschaftsfaktoren in Österreich, betonte Maximilian Unterrainer von der SPÖ. Für die Herausforderungen
der Zukunft brauche es ein umfassendes Tourismuspaket, etwa hinsichtlich des Wintertourismus im Klimawandel, zur
Förderung der Familienbetriebe oder zur Koordinierung der Österreich Werbung, um die österreichische
Marke noch stärker herauszustreichen. Er plädierte, für die Herausforderungen der Zukunft ein eigenes
Tourismusministerium einzurichten. Viele positive Signale sieht auch Rudolf Plessl (S), und verwies auf die steigenden
Zahlen etwa bei Umsätzen, Nächtigungen und Investmentbereitschaft der Betriebe. Es gebe aber auch Veränderungen
im Tourismus, wie etwa eine verkürzte Urlaubsdauer. Für die Herausforderungen gelte es, Rahmenbedingungen
zu schaffen und weiterhin die entsprechenden Maßnahmen zu treffen. Konrad Antoni (S) ist das Waldviertel
im Bericht zu wenig präsent. Jeder zusätzliche Arbeitsplatz gerade im Tourismus sei ein großer
Gewinn für die Region, so Antoni, der für den ländlichen Raum und vor allem im Privatzimmerbereich
weiterhin Chancen sieht. Tourismus sei Querschnittsmaterie, für entsprechende Rahmenbedingungen sei die Politik
auf mehreren Ebenen gefragt, Akzente zu setzen.
Ein erfolgreiches Jahr sei 2016 für den Tourismus hinsichtlich Nächtigungen, Beschäftigungen, Umsatz
und Verkürzung der Entschuldungsdauer gewesen, unterstrich Gabriel Obernosterer (V). Über Verbesserungen
wie etwa steuerliche Vorschläge, Arbeitszeitflexibilisierung oder Abschreibung könne man immer diskutieren,
trotzdem könne sich der österreichische Tourismus international sehen lassen. Für flexiblere Arbeitszeiten
im Tourismus traten seitens der ÖVP auch Peter Haubner und Johannes Schmuckenschlager ein. Österreichs
Tourismusbetriebe seien weltklasse, so Haubner, was die positiven Zahlen im Bericht eindeutig belegen würden.
Weitere Entlastungsoffensiven sieht er etwa in der Gewerberechtsnovelle mit der Ausweitung der Nebenrechte oder
etwa beim Fachkräftenachwuchs. Das Thema Qualitätstourismus ist aus Sicht von Schmuckenschlager bedeutsam,
der dafür plädiert, die touristische Brille auch bei anderen Themen, wie etwa bei der Raumordnung, aufzusetzen.
Ein Vorankommen in der Digitalisierung werde wesentlich sein, weiters seien Einkommenskombinationen zu ermöglichen.
Ein sorgsamer Gesamtblick sei auch in steuerlicher Hinsicht erforderlich.
Auch wenn die Faktenlage beeindruckend sei, brauche es für die Branche eine differenzierte Sicht, sagte Andreas
Hanger (V). An den Rahmenbedingungen sei weiter zu arbeiten, etwa beim Thema Aushilfskräfte sieht er Probleme
in der Praxis und einen enorm hohen bürokratischen Aufwand. Hier wünscht er sich klare, einfache Regelungen.
Für den Bereich Urlaub am Bauernhof ergriff Nikolaus Prinz (V) das Wort. UrlauberInnen lernen dabei auch die
Arbeit am Bauernhof und deren Lebensmittelproduktion konkret kennen, die BäuerInnen erhalten zugleich die
Attraktivität der Kulturlandschaft. Insgesamt sei dies ein wichtiger ländlicher Wirtschaftsfaktor, so
Prinz. Der Bericht zeige eindrücklich die Bedeutung des Tourismus in Österreich, unterstrich Norbert
Sieber (V). Zusätzlich zu positiven Aspekten national und international zeigen die Zahlen aber auch, wie groß
der Konkurrenzkampf ist. Umso wichtiger sei es daher, die Abgabenquote zu senken.
Mahrer: Tourismus als Gesamtkunstwerk im Gesamtkontext sehen
Explizit Dank sprach Wirtschaftsminister Harald Mahrer den TouristikerInnen für die hervorragenden Leistungen
unter schwierigen Rahmenbedingungen aus. Die weiteren Herausforderungen für die Branche seien genauer zu analysieren,
so Mahrer. Die Gemengelage etwa aus Ressourcen, Klima, Nutzungsverhalten und Digitalisierung sei vielseitig. Dementsprechend
seien alle Fragen im Gesamtkontext zu sehen bzw. als "Gesamtkunstwerk" zu bearbeiten.
Den VerfasserInnen des Berichts sei es gut gelungen, die Chancen und Risiken herauszuarbeiten. So sei 2016 eine
erste Trendwende von Urlaub in dichter besiedelten, städtischen Bereichen hin zu den Regionen draußen
erkennbar, so der Wirtschaftsminister. Hier müsse man sich ansehen, wie die Weichen für kommende Jahre
zu stellen sind. In der Werbung stehe derzeit das Thema Digitalisierung an, etwa zur Frage der gesamten Datenwirtschaft.
Grundsatzüberlegungen gehen in Richtung Internationalisierung, damit diese auf einem sicheren Standbein stehe
und um geopolitisch auch Fernmärkte, etwa Asien und Russland, weiter zu bearbeiten. Mahrer plädierte
zudem für einen freien Tourismus, im Sinne der regionalen Selbstgestaltungsmöglichkeit. Das Ministerium
sehe er hier als starken Partner der Regionen, aber keinesfalls als staatliche Tourismusverwaltung. Die Gestaltung
sei im Tourismus vor allem Sache der selbstbestimmten Region vor Ort
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