Fernost-Technologietransfer der anderen Art

 

erstellt am
07. 06. 17
13:00 MEZ

Erster Brotbackofen mit Salzburger Know-how in Bhutan
Bhutan/Salzburg (lk) - Wie Bhutaner auf den Geschmack alpiner Brotbacktradition kommen, warum Salzburger Bergbauern sich im Himalaya über Mähtechniken austauschen und warum manche Tomaten im Lungau noch schöner rot leuchten, verrät dieser fernöstliche Grenzfall.

Bhutan ist anders. Langsamer, für unsere Begriffe beschwerlicher. Für 250 Kilometer von der Hauptstadt Thimphu ins Bergdorf Ura ist man mindestens elf Stunden unterwegs, Autobahnen oder längere gerade Straßenstücke sucht man vergeblich. Das Fernsehen ist keine zwanzig Jahre alt. In Bhutan befindet sich mit dem 7.570 Meter hohen Gangkar Puensum der höchste unbestiegene Berg der Erde. Eine Gipfelvermarktung ist ausgeschlossen. Das Glück ist Verfassungsziel im Königreich.

Mit wenig glücklich sein
Man könnte meinen, der buddhistisch geprägte Binnenstaat im Himalaya – mehr als 80 Prozent des Landes liegen auf mehr als 2.000 Metern Höhe – sei gerade dem Mittelalter entwachsen. Oder aber glücklich, Abstand zu den Segnungen der technisierten und hektischen Industrienationen zu haben. In diesem Punkt trifft nämlich der in den Salzburger Gebirgsregionen heimische Nachhaltigkeitsgedanke mit der fernöstlichen Philosophie, mit wenig auch zufrieden zu sein, zusammen.

Gasteiner Brotbackofen im Himalaya
Was lockt, ist der Austausch, das Kennenlernen des Lebens und der Sichtweise des anderen. Hafnermeister Christof Bader aus Bad Gastein war schon zwei Mal in Bhutan. Zuletzt baute er in knapp einer Woche gemeinsam mit Bhutanern einen Brotbackofen in Ura auf 3.170 Metern. Die Kenntnisse seines Großvaters, der in Gasteiner Höhenlagen bei den Bauern Öfen setzte und dabei den niedrigeren Luftdruck berücksichtigen musste, kamen ihm dabei zugute. Gibt es denn keine Backöfen in dem Gebirgsland? Lehmöfen für Teigfladen ja, aber Brot ist in Bhutan unbekannt. Auf den Brotgeschmack gekommen sind die Bergbäuerinnen Tashi Wangmo und Tshering Wangmo aus Bhutan bei einem Austauschprogramm in Salzburg. Sie schnupperten beim Biolandbau und trafen auf die Rauriser Holzofenbrotfanatikerin Roswitha Huber.

Biolandbau als wirtschaftliches Standbein

Hinter diesen Aktivitäten steht der Salzburger Verein Bhutan Network. "Es geht uns nicht darum, einem Entwicklungsland den Fortschritt zu bringen, sondern darum aufzuzeigen, wie man behutsam und nachhaltig wirtschaften kann. Die Broterzeugung ist ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein für die Bergbauern in Bhutan, die auf Biolandbau umstellen. Mit den Broten aus dem Backofen etwa werden umliegende Hotels und Lodges beliefert – Bhutan gilt unter westlichen Besuchern als Trekkingparadies. Wir überlassen grundsätzlich den Einheimischen, was sie mit dem Know-how aus Salzburg machen", erläutert Geschäftsführerin Kristel Josel. "Wir vernetzen Menschen direkt an der Basis, dies zeichnet unser Programm aus." Genau aus diesem Grund stößt die Salzburger Initiative bei den betroffenen Menschen auf allerhöchstes Interesse, da das Land auf ökologische Landwirtschaft umgestellt werden soll.

Wissen überwindet Kontinente
Das bedeutet ein Umdenken auch bei den Salzburger Wissensträgern, denn vieles ist einfach nicht bekannt oder vorhanden wie etwa Maschinen. "Das Gras wird noch traditionell mühsam mit kleinen Sicheln geschnitten, da bedeutet der Einsatz einer Sense schon einen großen Sprung", berichtet Franz Wasner, beim Land Salzburg zuständig für Entwicklungszusammenarbeit über den Transfer alter Bergbauernkenntnisse aus Salzburg nach Fernost. Doch der Know-how-Transfer ist keine Einbahnstraße: Lungauer Bauern lernten von ihren Berufskollegen im Bhutan, wie man Tomatenstauden abschneiden muss, um farbenintensivere und aromatischere Früchte zu ernten.

Kurioses über Grenzen hinweg
Die Salzburger Grenzfälle versammeln Kuriositäten rund um die Grenzen Salzburgs und bilden eine aufschlussreiche Lektüre zu Geschichte, Landeskunde und Politik des Bundeslandes. Der Autor Stefan Mayer beschäftigt sich seit 2002 mit grenzfälligen Besonderheiten in und um Salzburg. Er gestaltet die monatliche Serie "Grenzfälle", von der bereits vier Bücher erschienen sind. Band 4 kann im Webshop des Landes um 6,90 Euro bestellt werden, digitale Versionen aller vier Bände stehen dort zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung. Einzelne Grenzfall-Artikel können jederzeit abgerufen werden.

 

 

 

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