Textilindustrie steuert auf moderaten
 Aufschwung im Jahr 2017

 

erstellt am
07. 06. 17
13:00 MEZ

Der Umsatz der Textilindustrie ist 2016 um 1 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro nominell leicht gefallen – Branchenkonjunktur erholt sich 2017, ein Produktionsplus im niedrigen einstelligen Bereich ist möglich
Wien (unicredit) - Österreichs Textilindustrie verzeichnete 2016 nach zwei sehr positiven Wirtschaftsjahren ein Produktions- und Umsatzminus von jeweils 1 Prozent. Die Erlöse sind auf 1,4 Milliarden Euro gesunken. Wie der aktuelle Branchenbericht der UniCredit Bank Austria Ökonomen zeigt, fehlten der Branche vor allem die Inlandsaufträge, die im Vorjahr mit einem Plus der Auslandsumsätze von 3,5 Prozent nur zum Teil ausgeglichen werden konnten. Trotz der leichten Rückwärtsentwicklung im Jahr 2016 bestätigen die Ergebnisse der letzten drei Jahre in Summe, dass sich die Branchenentwicklung stabilisierte.

„Die Restrukturierung der heimischen Textilindustrie, die in den letzten zwei Jahrzehnten eine Reduktion der Arbeitsplätze um rund die Hälfte zur Folge hatte, dürfte ihren Höhepunkt hinter sich haben. Zwar kann ein weiterer moderater Kapazitätsabbau nicht ausgeschlossen werden, allerdings beweist die heimische Textilindustrie ihre Konkurrenzfähigkeit, indem es ihr schon seit Jahren gelingt, den Rückgang der Inlandsnachfrage vor allem aufgrund der Erosion der Bekleidungsindustrie mit höheren Auslandsumsätzen auszugleichen“, analysiert UniCredit Bank Austria Ökonom Günter Wolf.

Konjunkturerholung 2017
Die Branchenkonjunktur hat sich nach einem negativen Jahresbeginn 2017 im ersten Quartal stabilisiert und sollte im weiteren Jahresverlauf noch an Schwung gewinnen. Die steigenden Produktions- und Umsatzergebnisse im März spiegeln sich in den sehr guten Geschäftsvertrauenswerten der letzten Monate wider und werden von relativ optimistischen Produktionserwartungen der Unternehmen für das zweite Quartal 2017 ergänzt.

Hintergrund des erwarteten Aufschwungs sind die höheren Wirtschaftswachstumsraten in wichtigen west- und osteuropäischen Märkten, vor allem in Frankreich, Polen, Ungarn und Tschechien, die das Ziel von knapp 20 Prozent der heimischen Textilausfuhren sind. Damit kann die fehlende Nachfragedynamik in Deutschland, dem wichtigsten Einzelmarkt für österreichische Textilien mit einem Exportanteil von 28 Prozent, kompensiert werden (der deutsche Verband der Textil- und Bekleidungshersteller rechnete zuletzt mit einem Umsatzplus unter 2 Prozent). Der Auslandsumsatz der Branche ist im ersten Quartal um rund 5 Prozent gestiegen. Hingegen kann die Textilindustrie in Österreich selbst keine Wachstumsimpulse erwarten, wie der Rückgang des Inlandsumsatzes von 6 Prozent bis März bereits ankündigte. Ein Produktionsplus in der Textilindustrie im niedrigen einstelligen Bereich ist 2017 aber trotzdem möglich.

Laut Günter Wolf von der UniCredit Bank Austria stützt sich das Wachstum der Textilindustrie 2017 einmal mehr auf die Nachfrage nach Textilien für technische Anwendungen. Mit den Produkten wurde schon 2016 entgegen dem Branchentrend ein Umsatzplus von 1 Prozent erzielt, das sich in den ersten zwei Monaten 2017 laut vorläufigen Daten auf beachtliche 13 Prozent beschleunigte. Hingegen setzt sich 2017 der zum Teil hohe Umsatzrückgang der Webereien, der Textilveredler und der Hersteller von Strickstoffen fort. Das Minus bei den Spinnereien von 5 Prozent im Jahr 2016 hat sich zumindest verringert.

Exporterfolge beweisen die Konkurrenzstärke der Textilindustrie
Die Auslandsumsätze tragen in der Textilindustrie 71 Prozent zum Gesamtumsatz bei und damit weit mehr als im Industrieschnitt mit 59 Prozent. UniCredit Bank Austria Ökonom Wolf: „Österreichs Textilindustrie konnte im Export nicht nur im Jahr 2016 ein höheres Minus verhindern, sondern sicherte sich mit den Exporterfolgen langfristig das wirtschaftliche Überleben. Die Grundlage dafür war die umfassende Restrukturierung und die damit einhergehende Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der Branche.“

Bis 2002 ist der Exportüberschuss mit Textilien aus Österreich auf den Rekordwert von 250 Millionen Euro gestiegen. Danach hat sich die heimische Außenhandelsbilanz mit Textilien wieder verschlechtert. 2016 wurde ein Defizit von 98 Millionen Euro verbucht. Die Textilindustrie konnte zwar ihre Position gegenüber der westeuropäischen Konkurrenz verteidigen, war aber aufgrund der Öffnung des europäischen Textilmarktes nach 2002 mit einem wachsenden Importstrom vor allem aus China konfrontiert. Dennoch profitierte die heimische Textilindustrie von der Marktöffnung vor allem nach der Krise 2009. Der Auslandsumsatz der Branche ist im Zeitraum 2009 bis 2016 um insgesamt 24 Prozent auf rund 1 Milliarde Euro gestiegen, womit die Absatzeinbußen im Inland von 8 Prozent vollständig ausgeglichen wurden.

Wachstumsvorsprung im Vergleich zur europäischen Konkurrenz
Österreichs Textilindustrie bewies im europäischen Branchenvergleich ihre Wettbewerbsstärke und konnte vor allem nach 2009 einen Wachstumsvorsprung aufbauen. Die Produktionsleistung ist von 2009 bis 2016 um 16 Prozent, in der EU28 nur um 5 Prozent gestiegen (wobei die Textilindustrie in allen großen Herstellerländern, Deutschland, Italien, Großbritannien, Frankreich und Spanien, langsamer gewachsen ist).

Der Erfolg der heimischen Textilhersteller beruht grundsätzlich auf der Produktivitätsverbesserung und Konzentration auf qualitativ hochwertige Produkte. Mit einer Wertschöpfung von 60.000 Euro pro Beschäftigten, im Vergleich zu 39.000 Euro im EU-Schnitt, ist die Branche im europäischen Spitzenfeld angekommen. „Wirtschaftlich überleben können die Textilhersteller in Österreich nur in innovativen Nischenbereichen. Gemessen an der ausgeprägten Forschungs- und Innovationsfreude der Branche, sollte ihnen das auch in Zukunft gelingen“, betont Günter Wolf.

Insgesamt investieren die Textil- und Bekleidungshersteller knapp 1 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung mehr als die Branchen in den großen Herstellerländern Europas. Zudem sind 74 Prozent der Unternehmen im Textil- und Bekleidungsbereich in Österreich entsprechend der europäischen Innovationserhebung „innovationsaktiv“. Dieser Anteil liegt über dem Industriedurchschnitt von 64 Prozent und wächst seit Jahren.

 

 

 

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