Justizminister Brandstetter legt Studie über erste Erfahrungen mit dem Kindschafts- und
Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 vor
Wien (pk) - Die Familiengerichtshilfe hat sich weitgehend bewährt. Das Justizministerium kommt in einer
Evaluationsstudie (III-402 d.B.) zu dem Schluss, dass sich das im Rahmen des Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetzes
2013 neu eingeführte Instrument positiv auf die Verfahrensabwicklung ausgewirkt hat. So lassen erste Erfahrungen
eine Verbesserung der Qualität und Nachhaltigkeit der Streitschlichtung erkennen, auch ist es zu einer Entlastung
der Kinder- und Jugendhilfeträger gekommen. Eine Beschleunigung der Verfahren hingegen konnte bisher noch
nicht festgestellt werden.
Positives Echo aus der Richterschaft
Die Studie, die auf Analysen des Österreichischen Instituts für Familienforschung und des Rechnungshofs
basiert, stellt der Familiengerichtshilfe in Sachen Streitschlichtung ein gutes Zeugnis aus. Demnach haben fast
neun von zehn RichterInnen festgestellt, dass aufgrund der Mitwirkung dieses neuen Instruments richterliche Entscheidungen
insgesamt nachhaltiger geworden und erzielte Lösungen nunmehr für einige Jahre nicht mehr in Frage gestellt
werden. Der Rechnungshof wiederum weist vor allem auf den Umstand hin, dass durch die Familiengerichtshilfe bundesweit
ein Viertel der erledigten Aufträge mit einer einvernehmlichen Lösung abgeschlossen werden konnten. Darüber
hinaus lässt sich auch eine Tendenz zur Verringerung von Neuantragstellungen erkennen, was der Rechnungshof
grundsätzlich als Kriterium für die zunehmende Akzeptanz der richterlichen Entscheidungen wertet. Eine
abschließende Bewertung, ob dies auf die Tätigkeit der Familiengerichtshilfe zurückzuführen
ist, sei aber aufgrund des kurzen Beobachtungszeitraums noch nicht möglich, heißt es dazu.
Novelle bringt keine Verfahrensbeschleunigung
Im Gegensatz zu den Zielsetzungen des Gesetzgebers führten die Neuerungen allerdings nicht zu einer Beschleunigung
der Verfahren. Dieser auf der Auswertung der Verfahrensdauerstatistik bzw. Erledigungsstatistik beruhende Befund
steht jedoch in teilweisem Widerspruch zur Wahrnehmung der RichterInnen, die der Familiengerichtshilfe und auch
der Besuchsmittlung langfristig verfahrensbeschleunigende Wirkung zuschreiben. Der Rechnungshof stellte dazu in
seinem Bericht fest, dass es im Bereich der Obsorge bundesweit zu keiner Änderung der Verfahrensdauer kam,
während hingegen beim Besuchsrecht eine Erhöhung der durchschnittlichen Erledigungsdauer von 4,9 auf
5,4 Monate verzeichnet wurde. Wie die Auswertung von Stichproben des Rechnungshofs ergab, dauerten Obsorge- und
Besuchsrechtsverfahren mit Befassung der Familiengerichtshilfe im Durchschnitt ein Monat länger als mit Befassung
der Kinder- und Jugendhilfeträger. Wenn keine der beiden Einrichtungen involviert war, dauerten die Verfahren
nicht einmal halb so lange. Die Studie gibt allerdings zu bedenken, dass sich die Effekte der Tätigkeit der
Familiengerichtshilfe in Bezug auf die Verfahrensverkürzung möglicherweise noch nicht eingestellt haben
und erst in einer längerfristigen Perspektive spürbar werden.
Kinder- und Jugendhilfeträger wurden deutlich entlastet
Deutlich reduziert hat sich die Befassung der Kinder- und Jugendhilfeträger in Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren.
Dies ist auch eine Folge der durch die Novelle angestrebten häufigeren Entscheidung für eine gemeinsame
Obsorge bei unehelichen Kindern. Mit rund 14.200 Erklärungen beim Standesamt wurde im Jahr 2015 die gemeinsame
Obsorge mehr als doppelt so oft in Anspruch genommen als im Jahr 2012. Insgesamt halbierte sich im Zeitraum von
2011 auf 2014 nahezu die Anzahl der Befassungen der Kinder- und Jugendhilfeträger, was die Studie teilweise
auf die Übernahme von Aufgaben durch die neu eingerichtete Familiengerichtshilfe zurückführt. Eine
Aussage über die Auswirkungen der Novelle auf die Beauftragung von Sachverständigen – der Gesetzgeber
bezweckte eine Verringerung der Befassung – konnte der Rechnungshof aufgrund des nicht vollständigen Datenmaterials
nicht treffen.
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