Oppositionsanträge u.a. zu Abschiebestopp nach Afghanistan und Wartecamps in Nordafrika
vertagt
Wien (pk) - Seine Pläne, nach der Schließung der Balkanroute im vergangenen März nun die
Flüchtlingsroute über das Mittelmeer zu schließen, bekräftigte Außenminister Sebastian
Kurz am 13.06. auch gegenüber dem Außenpolitischen Ausschuss im Parlament. Vorstellbar sind für
ihn zwei Szenarien: Menschen, die sich auf den Weg nach Europa gemacht haben und im Meer aufgelesen werden, könnten
zurückgestellt bzw. im Vorhinein daran gehindert werden, die afrikanische Küste zu verlassen. Oder aber,
und das funktioniere auch ohne afrikanische Partner, die Asylsuchenden werden auf den Inseln wie Lampedusa versorgt
und dann zur Rückreise bewegt. EU-Mittelmeer-Einsätze wie die Mission Sophia wertet er jedenfalls als
nicht sinnvoll. "Wer es mit den Menschen gut meint, kann dieses System nicht für richtig halten",
so Kurz.
Kritik an den Plänen zur Schließung der Mittelmeeroute äußerten die Grünen. Die einzige
Möglichkeit, Schleppern die Geschäftsgrundlage zu nehmen, sei Frieden und die finanzielle Unterstützung
in den Herkunftsländern, meinte Tanja Windbüchler-Souschill. Nach Meinung von Christoph Vavrik (V) ist
dieser Zugang naiv. Das Problem der Flüchtlingsbewegung könne nicht alleine unter dem Gesichtspunkt der
Menschenrechte betrachtet werden. Für ihn spielen Aufnahmekapazitäten eine entscheidende Rolle. Geht
es wiederum nach den Freiheitlichen, sind Mittelmeer-Einsätze wie die Mission Sophia "grotesk".
Rund 400.000 Menschen seien auf Kosten der Europäischen Union nach Europa geschleppt worden, so die Meinung
von Abgeordnetem Johannes Hübner.
Kein Abschiebestopp nach Afghanistan
Die Bemühungen der Grünen für einen sofortigen Abschiebestopp nach Afghanistan sind im Ausschuss
auf keinen großen Widerhall gestoßen. Abgeordnete Alev Korun kann es angesichts des jüngsten Terroranschlags
in dem Land Anfang Juni, bei dem rund 150 Menschen gestorben sind, nicht nachvollziehen, warum die Regierung behauptet,
dass Kabul sicher sei. Gerade am Tag des Bombenattentats sei aus der Europäischen Union ein Flieger mit abgelehnten
AsylwerberInn nach Kabul geschickt worden, kritisierte Korun. Sie fordert von Kurz, sich in der gesamten EU für
einen Abschiebestopp nach Afghanistan stark zu machen. Gelingen soll das durch das Aussetzen des Rückübernahmeabkommens
"Joint Way Forward on Migration issues" zwischen der EU und Afghanistan ( 2184/A(E)), was insbesondere
seitens der ÖVP für nicht gut befunden wurde. Zumal sich das Abkommen nicht allein auf Rückführungen
beschränke, sondern auch legale Migration oder Beschäftigungs- und Ausbildungsprogramme beinhalte, wie
Vavrik den Vertagungsantrag seiner Fraktion argumentierte.
Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar meinte, würde man der Logik des Grünen-Antrags folgen, müssten
auch viele andere Länder wie Frankreich oder Großbritannien als nicht sicher eingestuft werden, immerhin
gebe es auch dort Terroranschläge.
In die Warteschleife kommt auch eine weitere Asylforderung der Grünen. In einer Entschließung setzen
sie sich für die Aufnahme von rund 300 vom IS befreiten Yezidinnen in Österreich ein. Sie fordern vom
Außenminister, eine entsprechende bundesländerübergreifende Initiative der IntegrationslandesrätInnen,
die traumatisierten, alleinstehenden Mädchen und Frauen aufzunehmen, nicht zu blockieren und auf Bundesebene
umzusetzen ( 2187/A(E)). Seitens der SPÖ wurde die Vertagung damit begründet, dass bei Aufnahmen Einzelfallprüfungen
durchgeführt werden. Man müsse sich ansehen, inwieweit Gruppenaufnahmen möglich seien, meinte Harald
Troch (S).
Erneut vertagt: Team Stronach-Vorschläge zu Wartecamps in Nordafrika
Einmal mehr vertagt wurden schließlich Forderungen des Team Stronach, bilaterale Abkommen mit afrikanischen
Staaten ( 1851/A(E)) zur Errichtung von Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbescheid abzuschließen
bzw. auf EU-Ebene darauf hinzuwirken ( 1707/A(E)).
Österreich habe keine Handhabe, Menschen mit negativem Asylbescheid wieder "loszuwerden", die Migrationswelle
sei noch lange nicht ausgestanden, meinte Christoph Hagen (T). Mit Geld könne man aber "vieles richten".
Dezidiert abgelehnt wurden seine Ansichten von der Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Die Anträge
seien "Jenseits von Gut und Böse", sagte sie.
Gegenüber den Vorwürfen von Georg Willi (G) und Karin Doppelbauer (N), wonach Kurz in der Entwicklungszusammenarbeit
"aktives Desinteresse" zeige, entgegnete der Minister, dass Österreichs EZA-Gelder während
seiner Amtszeit verdoppelt worden seien. Wie Deutschland arbeite auch Österreich mit Wirtschaftspartnerschaften,
um Fluchtgründe zu bekämpfen. Bei den EZA-Leistungen liegt Österreich dem Minister zufolge im europäischen
Mittelfeld, mit 55 Mio. € an humanitärer Hilfe (samt Flüchtlingskosten) im vorigen Jahr wurde laut Minister
ein Höchststand erreicht.
Kurz: Alles für Deeskalation in Katar-Krise tun
Angesichts der Katar-Krise geht das Außenministerium aktuell von keiner schellen Lösung aus. Er werde
aber sein Möglichstes tun, um auf die Beteiligten einzuwirken, damit es zu keiner weiteren Eskalation kommt,
sagte Kurz.
Was den aktuellen österreichischen OSZE-Vorsitz betrifft, liegen die Akzente des Ministers in der Deeskalation
bestehender Konflikte und dem Kampf gegen den Terror. Zudem trete er gegen die Zunahme des alten Blockdenkens im
OSZE-Raum ein, wie Kurz sagte. Gegenüber den Abgeordneten bestätigte er außerdem, dass die Beobachter-Mission
nach dem Tod eines OSZE-Beobachters in der Ukraine fortgesetzt wird. Eine bessere ressourcentechnische und personelle
Ausstattung sei für die Mission bereits beschlossen.
|