Programm zur Verbesserung der gesundheitlichen Chancengleichheit von Frauen
Wien (pk) – Frauen und Männer haben verschiedene Gesundheitsrisiken, unterschiedliche Lebensstile,
zeigen bei manchen Krankheiten andere Symptome und reagieren auf die gleichen medizinischen Behandlungen nicht
immer gleich. Mit dem Aktionsplan Frauengesundheit soll deshalb ein Beitrag geleistet werden, den genderspezifischen
Aspekt in der Prävention und der Gesundheitsversorgung zu fördern, heißt es im Vorwort von Bundesministerin
Pamela Rendi-Wagner ( III-406 d.B. ). Der 78-seitige Bericht enthält 17 Wirkungsziele und 40 konkrete Maßnahmen,
die sich einerseits auf die verschiedenen Lebensphasen (Jugend, Erwerbsleben, höheres Alter) von Frauen beziehen
und andererseits altersübergreifend sind.
Einleitend wird noch darauf hingewiesen, dass auch andere soziale Kategorien wie Alter, Ethnizität, Nation,
sozioökonomischer Status, sexuelle Orientierung und Behinderung die Gesundheit beeinflussen. Durch eine Kombination
dieser Faktoren könne es aber zu einer Kumulation von Benachteiligungen kommen. Ebenso wichtig sei es, von
einem lebensweltbezogenen Verständnis von Gesundheit und Krankheit auszugehen und etwa auch die Arbeits- und
Lebensbedingungen sowie den spezifischen Versorgungsbedarf in den Fokus zu rücken. Da die Gesundheitsaspekte
und –auswirkungen in allen Politikbereichen mitberücksichtigt werden müssen, wurden bereits in die Erarbeitung
des Aktionsplans VertreterInnen relevanter Stakeholder und Interessengruppen von in- und außerhalb des Gesundheitssektors
eingeladen, heben die AutorInnen hervor.
Frauen treffen informierte und selbstbestimmte Entscheidungen
Da bei Frauen häufig medizinische Interventionen vorgenommen werden, welche die körperliche Integrität
in höchst sensiblen Bereichen betreffen (z.B. Entfernung der Brust oder der Gebärmutter, Kaiserschnitt
oder Pränataldiagnostik) sei auf die Gesundheitskompetenz besonders zu achten (Wirkungsziel Nr. 2). Als konkrete
Maßnahme dazu ist etwa der Ausbau von niederschwelligen Angeboten vorgesehen, um insbesondere sozial benachteiligten
Frauen (geringer Bildungsstand, Migrationshintergrund, höheres Lebensalter) einen besseren Zugang zum Gesundheitswesen
zu ermöglichen.
Bei Mädchen und jungen Frauen positives Selbstbild für ein gesundes Leben fördern
Fast jedes zweite Mädchen hält sich für zu dick, tatsächlich sind gut ein Fünftel der
der Mädchen im Alter zwischen 7 und 14 Jahren übergewichtig. Um diesen Trend Einhalt zu gebieten, soll
das von der Werbung und den Medien dargestellte Schlankheitsideal nur mehr in einem gewissen, nicht gesundheitsschädigenden
Rahmen erlaubt sein, heißt es im Kapitel "Mädchen und junge Frauen". Auch wenn erste Schritte
schon gesetzt wurden – Verbot von Schönheitsoperationen ohne medizinische Notwendigkeit bei unter 16-Jährigen"
– müssen noch weitere folgen. Ein weiteres Wirkungsziel in diesem Bereich zielt daher auf die Förderung
eines reflektierten Umgangs mit gesellschaftlichen Rollenbildern ab, was u.a. durch eine entsprechende Sensibilisierung
von Angehörigen pädagogischer Berufe sowie eine geschlechtssensible Bildungs- und Berufsorientierung
erreicht werden soll.
Besondere Problemfelder in der Lebensphase Erwerbsleben und im Alter
Ein Aktionsplan Frauengesundheit muss besonders auf Faktoren der sozialen Ungleichheit abzielen, wird im Bericht
betont. Angesichts des Auseinanderdriftens der Einkommensschere auch innerhalb der weiblichen Bevölkerung
seien Frauen an der Armutsgrenze – wie Alleinerziehende, Frauen mit geringem Bildungsniveau oder Frauen mit mangelnden
Sprachkenntnissen, Langzeitarbeitslose etc. – als besonders belastete Zielgruppe zu sehen. So seien bei diesen
Frauen beispielsweise das Diabetes-Risiko oder die Häufigkeit von Adipositas und psychischen Belastungen nachweislich
erhöht. Auch der Zugang zum Gesundheitssystem und die Einhaltung einer Therapie sind in Folge der geringeren
Gesundheitskompetenz (Health Literacy) oft erschwert; hier gelte es anzusetzen. Insgesamt werde mit zunehmendem
Alter ein Anstieg an psychischen und physischen chronischen Erkrankungen wie Depression, metabolisches Syndrome,
Krebs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen verzeichnet.
Da unverzichtbare Haushaltsarbeiten, Kinderbetreuung und die Pflege von alten und beeinträchtigten Familienangehörigen
hauptsächlich von Frauen geleistet werden, geht es im Wirkungsziel Nr. 10 um die gerechte Aufteilung der bezahlten
und unbezahlten Arbeit. Die Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen sowie angepasste Angebote im Bereich der
ambulanten, stationären und mobilen Pflege würde Frauen in die Lage versetzen, eine existenzsichernde
Vollzeit-Erwerbstätigkeit annehmen zu können. Darüber hinaus seien sozialarbeits- und familienpolitische
Unterstützungsmaßnahmen wichtig, um gesundheitlichen Gefährdungen und Belastungssituationen vorzubeugen.
Als eine Maßnahme wird etwa ein flächendeckendes Angebot von "aufsuchenden Entlastungsgesprächen"
vorgeschlagen.
Weiters wird auf die Aktivitäten des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) hingewiesen. Im Rahmen seiner
Initiative "Auf gesunde Nachbarschaft!" legt der FGÖ ab 2015 einen besonderen Schwerpunkt auf die
soziale Teilhabe von älteren Menschen. Für diese Zielgruppe sind die informellen sozialen Unterstützungsnetzwerke
in der Nachbarschaft und erweiterte Möglichkeiten der sozialen Teilhabe besonders wichtig. Die Projekte sprechen
insbesondere ältere Menschen an, die sozial benachteiligt sind bzw. besonderen Bedarf an Einbindung in ein
Nachbarschaftsprojekt aufweisen (z. B. alleinstehende ältere Menschen, Menschen mit eingeschränkter Mobilität,
ältere Menschen mit niedrigem Einkommen).
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