Bundesratspräsidentin Ledl-Rossmann präsentierte Sammelband im Parlament
Wien (pk) - "Radikale Phrase, Wahlbündnisse und Kontinuitäten - Landtagswahlkämpfe in
Österreichs Bundesländern 1919 bis 1932" ist das Thema des Sammelbandes über die bisher weniger
bekannten "Innenpolitiken" des Bundesländer, der am 20.06. auf Einladung von Bundesratspräsidentin
Sonja Ledl-Rossmann im Parlament präsentiert wurde. Analysiert werden in der Publikation anhand von neun vergleichend
angelegten Einzelstudien und einer resümierenden Gesamtschau die sachlichen und ideologischen Kontroversen
und die unterschiedlichen politischen Konfliktstile in Österreichs Bundesländern von 1919 bis 1932. Zudem
geht es in dem Sammelband um unterschiedliche Konfliktfelder sowie verschiedene Politikstile, die gerade in Wahlen
und in den davor liegenden Phasen des kritischen Wettbewerbs sichtbar werden.
Über die Konflikte und Spannungen in der Zwischenkriegszeit sei auf Bundesebene einiges erforscht, deutlich
weniger wisse man über die Situation in den Bundesländern, unterstrich Bundesratspräsidentin Ledl-Rossmann
in ihrer Begrüßung. Die Bundesländer seien damals wie heute Fixsysteme in Österreich. Mit
dieser Publikation sei nun zu sehen, wie unterschiedlich, aber zum Teil auch übereinstimmend in den erforschten
Jahren mit den Themen der Bundespolitik umgegangen wurde. Das Buch schließe eine wichtige Lücke in der
Geschichte der Ersten Republik, so die Präsidentin der Länderkammer, die den Herausgebern explizit für
die wichtige Initiative ihren Dank aussprach.
Grußworte übermittelte auch die Landtagspräsidentin von Salzburg, Brigitta Pallauf. Zum einen werde
mit dem Sammelband vor Augen geführt, wie unterschiedlich die Bundesländer immer waren und sind, zum
anderen, wie wichtig und notwendig gelebter und selbstbestimmter Föderalismus sei. Mit der Erforschung der
Vergangenheit sei zudem immer auch die Frage des Lernens aus der Geschichte verknüpft. Damals wie heute werde
versucht, mit Angst Politik zu machen, spannte die Salzburger Landtagspräsidentin den Bogen zur Gegenwart
und zu Themen wie Propaganda und Fake News. Es liege an allen, nach der Lektüre mit Blick auf die Zukunft
die richtigen und tiefen Fragen zu stellen.
Franz Schausberger, Salzburger Landeshauptmann a.D. und - zusammen mit Herbert Dachs und Michael Dippelreiter –
Mitherausgeber des Sammelbandes, übernahm die Vorstellung des umfangreichen Werks, an dem insgesamt zwölf
Autoren gearbeitet hatten. Er dankte seiner Vorrednerin für den Bogen zur aktuellen Situation. Bedenklich
sei für ihn vor allem, wenn zentralistische Kräfte gegen die Bundesländer kampagnisieren würden.
Der Föderalismus gehöre zu Österreich, habe eine wesentliche Tradition und trage maßgeblich
zu Frieden und Wohlstand bei, unterstrich Schausberger, der auch auf die hohe Akzeptanz der politischen VertreterInnen
seitens der WählerInnen auf Landesebene hinwies. Das Buch zeuge von der Lebendigkeit, Vielfalt und Unterschiedlichkeit
dieser wichtigen demokratischen Mitgestaltungsebene der Länder. Auch in der Forschung zeige sich eine große
Vielfalt. So könnten zwar die untersuchten Landtagswahlen bzw. Wahlkämpfe nicht losgelöst von der
Bundesebene betrachtet werden, einheitlich verliefen diese in den Ländern aber trotzdem nicht. Festzustellen
war etwa eine relativ hohe Wahlbeteiligung, was ebenso als hohe Akzeptanz interpretiert werden könne, so der
Salzburger Landeshauptmann a.D.. Neben der Rolle von Medien, Plakaten, Flugblättern, Inseraten und später
der Lichtbilder und des Kinos thematisierte Schausberger auch kurz die wesentliche Bedeutung von - oft auch in
Zeitungen dokumentierten - Versammlungen, die eine zentrale Bedeutung hatten. Der Sammelband möge dazu beitragen,
dass jene Stimmen weniger werden, die Österreich in Richtung zentralistischer Einheitsstaat bringen wollen,
zeigte sich Schausberger aus seiner Forschung überzeugt von der hohen demokratiepolitischen Bedeutung der
Bundesländer damals und heute.
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