Nationalrat beschließt einheitliches Studienrecht für PädagogInnenbildung NEU
und Maßnahmen zum Nachholen von Schulabschlüssen
Wien (pk) - Mit Mehrheit stimmte der Nationalrat am 28.06. für einen Initiativantrag der Regierungsparteien,
mit dem ein gemeinsames Studienrecht für all jene Institutionen, die an der PädagogInnenbildung NEU beteiligt
sind, geschaffen wird. Überraschend mit Mehrheit angenommen wurde in diesem Zusammenhang auch ein Abänderungsantrag,
der von den Grünen eingebracht wurde. Er basiert auf Vorschlägen der SPÖ zur Universitätsfinanzierung
für die kommende Leistungsvereinbarungsperiode 2019-2021. Damit sollen die Universitäten Planungssicherheit
erhalten. Während SPÖ und FPÖ ihre Zustimmung zu diesem Vorgehen bekundeten, wandte sich die ÖVP
vehement gegen einen solchen Beschluss. Sie befürchtet, dass damit die prinzipiell schon vereinbarte Studienplatzfinanzierung
wieder in Frage gestellt wird, und sieht die Zustimmung der SPÖ zum Antrag als Koalitionsbruch.
Einstimmig angenommen wurde ein gemeinsamer Antrag von SPÖ, ÖVP und Grünen, der die Forderung der
Grünen nach Qualitätssicherung der Ausbildung in österreichischer Gebärdensprache (ÖGS)
aufnimmt. Einstimmigkeit gab es auch für einen gemeinsamen Antrag aller Parteien, der einen Vorstoß
des Team Stronach zur Förderung des Männeranteils in Pädagogischen Berufen aufgreift. Mehrheitliche
Zustimmung gab es im Plenum zum Abschluss einer 15a-Vereinbarung des Bundes mit den Ländern, mit der für
die Jahre 2018 bis 2021 Gelder für Bildungsmaßnahmen im Bereich der Basisbildung und des Nachholens
von Pflichtschulabschlüssen bereitgestellt werden.
Gemeinsames Studienrecht für PädagogInnen
Ein neues, gemeinsames Studienrecht löst die bisherige Kooperationsklausel für Pädagogische Hochschulen
und Universitäten ab. Ziel der Novellierung des Hochschulgesetzes und anderer Gesetze ist eine Angleichung
der bisher unterschiedlichen studienrechtlichen Regelungen für gemeinsam eingerichtete Studien. Damit soll
Klarheit in den Entscheidungen der zuständigen studienrechtlichen Organe geschaffen werden. Die bisherigen
Lehrgänge an den Pädagogischen Hochschulen werden zukünftig als Hochschullehrgänge geführt.
Des Weiteren erfolgen auch die aufgrund der Angleichung des Studienrechts notwendigen Anpassungen der organisationsrechtlichen
Strukturen der Pädagogischen Hochschulen an die Universitäten. Außerdem soll die gleichberechtigte
Teilnahme von Fachhochschulen und Privatuniversitäten an gemeinsam eingerichteten Studien ermöglicht
werden.
Das neue Studienrecht sei die konsequente Fortsetzung der PädagogInnenausbildung NEU, erklärte Elisabeth
Grossmann (S). Damit werden unter anderem Fragen wie die Zulassung zum Studium in der Nachfrist geklärt. Prüfungen
können bis zu drei Mal wiederholt werden und die Studienabschlüsse werden vereinheitlicht. Einen Mehrwert
der Novelle sieht Grossmann vor allem für QuereinsteigerInnen, von denen sie sich für die Schulen verstärkte
Inputs aus der Berufswelt erwartet.
Ein wegweisendes Gesetz, dass längerfristig zur Verbesserung des Bildungssystems beitragen werde, sah Karlheinz
Töchterle (V). Die Vereinheitlichung des Studienrechts sei notwendig, weil sich die beteiligten Institutionen
aus historischen Gründen sehr unterschiedlich entwickelt haben. Kritisch sieht er aber die Fülle der
Regelungen, mit denen das nun umgesetzt wird. Man sollte überlegen, ob die extreme Regelungsdichte in Gesetzen
tatsächlich notwendig ist, meinte Töchterle. Eignungs- und Motivationsfeststellungen und kapazitätsorientierte
Zugangsregelungen seien an den Pädagogischen Hochschulen bereits eine Selbstverständlichkeit. Im Sinne
optimaler Bedingungen für alle Studierenden wünsche er sich dasselbe auch für die Universitäten,
erklärte der ÖVP-Wissenschaftssprecher.
Einen drohenden LehrerInnenmangel sprach Claudia Angela Gamon (N) an. Aus ihre Sicht ist es daher besonders wichtig,
QuereinsteigerInnen in den LehrerInnenberuf zu fördern. Hier geht ihr die Novelle nicht weit genug. Der Beruf
müsse weit stärker geöffnet werden, nicht nur aufgrund des drohenden Mangels an Lehrpersonal, sondern
auch, um neue Erfahrungen in die Schulen zu bringen, forderte Gamon. Gleichzeitig brauche man auch ein zeitgemäßes
Konzept dafür, wie LehrerInnen ihren Beruf wieder wechseln können. Wendelin Mölzer (F) schloss sich
Gamon an und sagte, auch die FPÖ vermisse Maßnahmen, um einen Quereinstieg in den LehrerInnenberuf zu
fördern.
Universitätsfinanzierung entzweit Koalition
Die Novelle habe Verbesserungen der Studienbedingungen zum Ziel, sagte die Wissenschaftssprecherin der Grünen
Sigrid Maurer. Ein wesentlicher Faktor für die Qualität der Studienbedingungen sei dabei stets die Finanzierung.
Für die nächste Leistungsvereinbarungsperiode gebe es noch keine verbindliche Zusage der Regierungsparteien.
Aus diesem Grund brachte sie einen Abänderungsantrag ein, in dem die Grundzüge der Finanzierung der Universitäten
für Leistungsvereinbarungsperiode 2019 bis 2021 in die Novelle eingefügt werden. Der Gesamtbetrag für
die Universitäten wird mit 11,07 Mrd. € festlegt. Im Antrag gehe es um die Grundsätze der Finanzierung
sowie den Auftrag an die künftige Regierung, eine kapazitätsorientierte, studierendenbezogene Universitätsfinanzierung
zu schaffen, erläuterte Maurer. Die Frist für den Abschluss der Leistungsvereinbarungen sollte aufgrund
der Wahlen im Herbst auf 31. März 2018 verschoben werden. Maurer appellierte im Sinne der Verantwortung für
die Universitäten an die Abgeordneten, dem Antrag zuzustimmen.
Andrea Kuntzl (S) erklärte, ihre Fraktion habe mit der ÖVP bereits seit längerem Gespräche
über ein neues Modell der Universitätsfinanzierung geführt. Aufgrund der Neuwahlen sei es nun nicht
möglich, diese im geplanten Zeitrahmen abzuschließen, obwohl man den Universitäten zusätzliche
Mittel zugesagt habe. Die SPÖ habe der ÖVP einen Initiativantrag unterbreitet, um die Finanzierung der
Universitäten abzusichern. Die detaillierte Ausarbeitung der Umsetzung sollte dabei auf März kommenden
Jahres verschoben werden, um der nächsten Bundesregierung einen angemessen Zeitrahmen zu geben. Dieser Antrag
habe keine Zustimmung der ÖVP gefunden und sei nun von der Opposition eingebracht worden. Sie bedauere zutiefst,
dass es nicht gelungen sei, mit der ÖVP Übereinstimmung in dieser Frage zu erzielen. Die SPÖ werde
ihrem eigenen Antrag aber jedenfalls zuzustimmen, da es darum gehe, den Universitäten die bereits zugesicherten
Mittel zur Verfügung zu stehen. Die Studienplatzfinanzierung sei damit keinesfalls gescheitert, vielmehr enthalte
der Antrag ausdrückliche Vorgaben dafür, wie diese umzusetzen sei.
Karlheinz Töchterle (V) zeigte sich überrascht und geradezu erschüttert über den Abbruch der
Verhandlungen zur Universitätsfinanzierung, umso mehr, als bereits ein fertig ausgearbeitetes Gesetz zur Universitätsfinanzierung
vorliege. Auch die Universitäten würden die Vorschläge der ÖVP unterstützen, sagte er.
Die SPÖ habe diesen aber die Zustimmung bisher verweigert, da sie offenbar in der Frage des – in Wirklichkeit
nur scheinbar – freien Hochschulzugangs nicht über ihren ideologischen Schatten springen könne. Der Vorschlag
der SPÖ sei grundsätzlich überflüssig, da noch ausreichend Zeit für den Abschluss der
Leistungsvereinbarung mit den Universitäten zur Verfügung stehe. Die Zusage zusätzlicher Mittel
für die nächste Periode sei klar an die Studienplatzfinanzierung geknüpft. Die SPÖ wolle nun
aber gemeinsam mit der Opposition Geld in Form eines Blankoschecks ausgeben. Das halte er aus seiner Sicht für
höchst unverantwortlich. Auch Asdin El Habbassi (V) verwies darauf, dass der Finanzminister bereits 510 Mio.
€ zusätzlicher Mittel zugesagt habe. Diese seien aber an die Umsetzung eines Gesetzes über die Studienplatzfinanzierung
geknüpft. Da diese Bedingung mit dem vorliegenden Antrag aber nicht erfüllt werde, seien diese Zusatzmittel
nun ebenfalls nicht gewährleistet, warnte er. Die ÖVP habe zugesichert, bis zum Ende der Regierungsperiode
alle notwendigen Vorhaben gemeinsam abzuarbeiten. Eine Zustimmung zum Antrag komme hingegen einem Koalitionsbruch
gleich.
Katharina Kucharowits (S) hielt den Rednern der ÖVP entgegen, es sei wichtig, die Hochschulfinanzierung sicherzustellen.
Die Vorgaben, unter denen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden, seien sehr wohl Teil des
Antrags. Auch FPÖ-Wissenschaftssprecher Andreas Karlsböck unterstrich, dass es hoch an der Zeit sei,
den Universitäten Planungssicherheit zu geben. Seine Fraktion könne sich dem Antrag anschließen,
da damit der entsprechende gesetzliche Rahmen für die Finanzierung geschaffen werde. Die Details habe die
nächste Bundesregierung auszuarbeiten.
Albert Steinhauser (G) zeigte sich erfreut über die Ankündigung von SPÖ und FPÖ, dem Abänderungsantrag
zustimmen zu wollen. Damit durchbreche man endlich die politische Blockade wichtiger Entscheidungen durch die ÖVP,
und es eröffne sich ein Zeitfenster, auch noch andere wichtige Vorhaben, wie Mindestlohn und Abschaffung des
Amtsgeheimnisses, umzusetzen. Die Opposition werde damit verantwortlich umgehen. Es gehe nicht um Wahlzuckerl,
versicherte er. Die zusätzlichen Mittel, die man den Universitäten zusagen, seien keine populistische
Forderung, sondern genau der Betrag, der bereits vom vorigen Wissenschaftsminister, Reinhold Mitterlehner, mit
gutem Grund zugesagt wurde. Der ÖVP sei es zuletzt jedoch nur darum gegangen, Zugangsbeschränkungen durchzusetzen.
Wissenschaftsminister Harald Mahrer betonte, man habe seit Ende Jänner intensive Verhandlungen über eine
neue Universitätsfinanzierung und Zugangsbeschränkungen, zu denen sich auch der Bundeskanzler bekannt
habe, geführt. Sein Ressort habe daraufhin einen fertigen Gesetzesentwurf zur Universitätsfinanzierung
vorgelegt. Grundsätzlich gebe es noch genug Zeit, um die nächste Leistungsvereinbarungsperiode zu verhandeln.
Bereits Wissenschaftsminister Mitterlehner habe unter bestimmten Auflagen zusätzliche Mittel für die
nächste Periode zugesagt. Nun eine reine Finanzzusage zu treffen, ohne dabei aber Änderungen des Managements
der Mittel durchzuführen, werde zu keiner Verbesserung der Qualität der Hochschulen führen, warnte
Mahrer. Geld ohne Strategie auszugeben löse keine Probleme und sei nichts anderes als Populismus. Die SPÖ
wolle statt Sachpolitik offenbar gemeinsam mit den Oppositionsparteien "Theaterpolitik" betreiben, meinte
der Minister. Die SPÖ habe offenbar nicht die Absicht gehabt habe, mit der ÖVP ernsthaft über die
Umsetzung der Studienplatzfinanzierung und eine Systemumstellung zu sprechen, obwohl die Universitäten selbst
diese Umstellung in der Steuerung der finanziellen Mittel befürworten, sagte Mahrer.
Ausbildung in österreichischer Gebärdensprache soll verbessert werden
Die Behindertensprecherin der Grünen hat mit einem Entschließungsantrag die Qualitätssicherung
der ÖGS-Unterweisung eingefordert, der vom Nationalratsplenum in leicht abgeänderter Form einstimmig
angenommen wurde. Die Nachfrage nach ÖGS-Fortbildungskursen an den Pädagogischen Hochschulen bleibe sehr
hoch, erläuterte Helene Jarmer (G). LehrerInnen, die gehörlose Kinder unterrichten, müssen entsprechende
Qualifikationen vorweisen, oft sei es aber nicht möglich, entsprechend qualifiziertes Lehrpersonal zu finden.
Der Antrag ziele hier auf Verbesserungen ab. Ihr großes Ziel sei es, dass die Gebärdensprache auch als
Unterrichtssprache anerkannt wird, um den Bildungszugang von gehörlosen Menschen zu verbessern. Katharina
Kucharowits (S) sagte, sie hoffe, dass es gelingt, Anreize für LehrerInnen schaffen, die Gebärdensprache
zu erlernen.
Abgeordnete wollen mehr Männer in pädagogischen Berufen sehen
Die Forderung nach einem höheren Männeranteil in pädagogischen Berufen hat Abgeordnete Martina Schenk
(T) in einem Entschließungsantrag bereits vor längerer Zeit zum Ausdruck gebracht. Asdin El Habbassi
(V) verwies darauf, dass es gelungen ist, dieses Anliegen zu einem gemeinsamen Wunsch aller sechs Fraktionen zu
machen. In der leicht abänderten Formulierung des Antrags werden nun die Bildungsministerin und der Wissenschaftsminister
aufgefordert, gemeinsam ein Konzept zu entwickeln, um dieses Ziel zu erreichen.
Bund-Länder-Vereinbarung zu Basisbildung und Nachholen von Schulabschlüssen
Bis zu einer Million ÖsterreicherInnen haben Defizite in den Schlüsselkompetenzen Lesen, Schreiben und
Rechnen und müssen mit Einschränkungen in ihrem sozialen Leben und am Arbeitsmarkt leben, führte
Andrea Gessl-Ranftl (S) aus. Zur Förderung der Basisbildung und des Nachholens von Pflichtschulabschlüssen
gibt es bereits eine Vereinbarung von Bund und Ländern für den Zeitraum 2012 bis 2017, die Bildungsangebote
im Bereich der Basisbildung und Angebote für das Nachholen des Pflichtschulabschlusses regelt. Nun wird diese
Vereinbarung verlängert und ausgebaut.
Mit den bisherigen Förderungen konnten bereits 13.600 Personen kostenlos ihre Basisbildung verbessern und
rund 5.800 Personen den Pflichtschulabschluss nachholen. Zwischen 2018 und 2021 sollen so weitere 18.000 Personen
beim Erwerb von Basisbildung und 9.000 Personen beim Nachholen des Pflichtschulabschlusses unterstützt werden.
Das Fördervolumen sei deutlich angehoben werden, hob Gessl-Ranftl hervor. Auch ihre Fraktionskollegin Daniela
Holzinger-Vogtenhuber begrüßte die Ausweitung des Programms. Sie wies auch auf die ab Juli geltende
Ausbildungspflicht für Jugendliche und junge Erwachsene hin, mit der man das Problem an der Wurzel packen
wolle.
Leider gelinge nicht allen Menschen in der Jugend eine Pflichtschulabschluss, sagte Asdin El Habbassi (V). Diesen
müsse man eine neue Chance geben, indem wichtige Kompetenzen gefördert werden. Habbassi begrüßte
daher, wie auch Harald Walser (G), die Fortführung des Programms. Walser wies aber auch darauf hin, dass bis
zu einer Million Menschen in Österreich Bildungsdefizite haben. Die Maßnahmen seien also nur ein Tropfen
auf den heißen Stein. Jährlich würden mehr Personen mit Defiziten das Schulsystem verlassen, als
mit dem Programm gefördert werden können. Daher sei es wichtig, das Bildungssystem zu verbessern, sagte
Walser. Österreich müsse in der Bildung ehrgeizigere Ziele verfolgen.
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