Schwerpunkte des Vorarlberger Vorsitzes sind Digitalisierung und Demokratie sowie die Zukunft
Europas
Wien (pk) - Der Bundesrat als eine selbstbewusste, aktive, innovative Kammer mit kreativen Ideen, die nahe
an den BürgerInnen ist, aber auch als eine in der EU hochgeachtete Europakammer – so will der neue Bundesratspräsident
für das zweite Halbjahr 2017, Edgar Mayer, die Länderkammer noch stärker im demokratischen Gefüge
positionieren. Als weiteren Schwerpunkt hat Mayer die Digitalisierung im Zusammenhang mit der Demokratie gewählt.
Das Motto des Vorarlberger Vorsitzes lautet daher auch "Gemeinsam Perspektiven schaffen".
Mayer kündigte für den 7. November eine Enquete an, in der man über die Szenarien des Zukunftsplans
von Jean Claude Juncker diskutieren wird. Als eine Auszeichnung für die Arbeit des EU-Ausschusses sieht Mayer
die geplante Subsidiaritätskonferenz, die der Ausschuss der Regionen, das Regionalparlament in der EU, am
4. Dezember in Wien abhalten wird. Dazu werden in der Hofburg, unter anderen Kommissionsvizepräsident Frans
Timmermans und Cecilia Wikström vom europäischen Parlament mit anderen VertreterInnen der europäischen
Parlamente und Mitgliedern des Bundesrats Möglichkeiten und Lösungen im Rahmen der Subsidiarität
diskutieren und aufzeigen.
Zum Thema der Digitalisierung, womit sich der Bundesrat als erste europäische Kammer befasst, wird es am 4.
Oktober ein Hearing geben. Welche Chancen, welche neuen Partizipationsmöglichkeiten, aber auch welche Gefahren
der technologische Wandel für die Demokratie mit sich bringt, soll in einem Grünbuch "Digitalisierung
und Demokratie" thematisiert werden.
Klare Absage an zentralistische Tendenzen
Eine klare Absage an zentralistische Tendenzen erteilte der im Rahmen seiner Antrittsrede in der Länderkammer
am 05.07. Der Föderalismus stärke die Identität der Bundesländer, sagte er, er sei nach wie
vor zeitgemäß. "Je föderaler ein Staat ist, desto stärker ist auch die Region",
so Mayer, der in diesem Zusammenhang auf die wirtschaftliche Stärke etwa von Bayern, Baden Württemberg
aber auch von Schweizer Kantonen hinwies. Mit einer föderalen und subsidiären Herangehensweise sei man
näher beim Menschen, näher bei den Problemen und somit näher bei einer Lösung, stellte er fest.
Bei zentralistischen und einheitlichen Regelungen beraube man sich einer Stärke, nämlich der Vielfalt,
unterschiedliche Lösungsansätze zu finden, ist Mayer überzeugt. Ein moderner und dynamischer Föderalismus
sei für die Menschen viel einladender, weil sie sich direkt einbringen können.
Von modernen Demokratiespielen, die an der Ländergesetzgebung herumbasteln und diese wie auch den Bundesrat
abschaffen wollen, hält Mayer nichts. Wenig Sympathie zeigte er in diesem Sinne auch für einen immer
wieder ins Spiel gebrachten Generallandtag. Dieser könnte sogar zu mehr Bürokratie führen, warnte
er eindringlich. "Landesgesetze werden derzeit auf die unterschiedlichen Verhältnisse in den Ländern
angepasst und das soll auch so bleiben", bekräftigte er. "Arbeiten wir daran, dass die föderalistische
Grundstruktur nicht noch weiter ausgehöhlt wird. Dazu soll der Bundesrat, als selbstbewusstes Parlament mit
selbstbewussten Abgeordneten, entsprechende Signale aussenden", appellierte der neue Bundesratspräsident
an seine KollegInnen in der Länderkammer.
"Wir sind keine "Abnickerkammer" für den Nationalrat, sondern eine selbstbewusste parlamentarische
Einrichtung, die kreative Ideen hat, die etwas in Gang bringt und umsetzt und die damit nahe an den Problemen und
Wünschen der Menschen in den Bundesländern ist!" Der Bundesrat brauche sich nicht vor Zurufern fürchten.
Vielmehr müsse man am Image einer mahnenden Stimme der österreichischen Bundesländer, eines geachteten
und geschätzten Partners der europäischen Regionen arbeiten.
Europa muss jetzt an seiner gemeinsamen Zukunft arbeiten
Auch die Entwicklung in der EU habe gezeigt, dass Zentralismus die EU schwächt und den Nationalismus in ungeahnter
Weise fördert, schlug Mayer eine Brücke zur Europapolitik, auf die er einen weiteren Fokus legen wird,
zumal er auch Vorsitzender des EU-Ausschusses ist. Besonders stolz ist er darauf, dass der Ausschuss der Regionen
den EU-Ausschuss als "best practice-Beispiel" für die Subsidiaritätsprüfung anführt
und in der EU deshalb auch als "Europakammer" hoch angesehen sei.
Europa müsse aber jetzt an seiner gemeinsamen Zukunft arbeiten, und zwar arbeiten und nicht nur darüber
nachdenken, hielt Mayer unmissverständlich fest. Man brauche einen tauglichen Fahrplan für die Zukunft,
damit die Glaubwürdigkeit der EU und das Vertrauen in ihre Institutionen schnell wieder hergestellt werden.
Mayer begrüßte daher die von der Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Parlament und interessierten
Mitgliedstaaten in europäischen Städten und Regionen organisierten "Future of Europe Debates".
Die Grundlage dafür bietet der Juncker Plan, der fünf Szenarien auflistet, wie sich die Union der 27
nach dem Brexit bis 2025 entwickeln kann. Dazu werde es weitere Diskussionspapiere geben, betonte der Bundesratspräsident,
welche sich mit den Themenbereichen Entwicklung einer sozialen Dimension der EU, Vertiefung der Wirtschafts- und
Währungsunion, Profitieren von Globalisierung, Zukunft der europäischen Verteidigung und Zukunft der
EU-Finanzen befassen.
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