Bonus-Malus-Modell kommt voraussichtlich nicht – Wirtschaft bei Erreichung der Beschäftigungsziele
bei Älteren auf gutem Weg
Wien (pwk) - Die Zahl der Beschäftigten über 50 erreicht Ende Juni 2017 mit 982.000 oder + 5,3%
erneut ein Höchstwert. „Noch nie haben so viele ältere arbeitslose Personen seit Jahresbeginn eine Beschäftigung
gefunden wie im heurigen Jahr“, sagt Martin Gleitsmann, Leiter der sozialpolitischen Abteilung in der WKÖ.
Dies hat für Betriebe besondere Relevanz: Per Ende Juni 2017 war der Stichtag für die Frage, ob das vereinbarte
Bonus-Malus–Modell umgesetzt wird oder nicht. Werden bestimmte Beschäftigungsquoten für über 55-jährige
Männer und Frauen per Ende Juni 2017 nicht erreicht, so soll ab 1.1.2018 das Bonus-Malus-Modell einsetzen.
Der Malus würde für Betriebe, die weniger Personen 55 plus beschäftigen als der Branchenschnitt,
die doppelte Auflösungsabgabe bei Beendigung von Dienstverhältnissen betragen. Der Bonus ist für
jene Betriebe geplant, die mehr Ältere beschäftigen als der Durchschnitt ihrer Branche, dies hätte
eine 0,1%-ige Entlastung des Dienstgeberbeitrages zum FLAF bewirkt.
Per Ende Mai 2017 haben Österreichs Betriebe die festgelegten Zielwerte für die Beschäftigung von
über 55-jährigen Männern und Frauen erreicht. Und sie sind auf gutem Weg, diese Werte auch Ende
Juni 2017 zu erreichen. „Dafür gebührt Österreichs Unternehmen Respekt und Dank“, unterstreicht
Gleitsmann.
Es wäre konsequent, auch Betriebe in die mit 1.7.2017 startenden Pilotprojekte der Förderaktion 20.000
der Bundesregierung einzubeziehen. Denn auf dem ersten Arbeitsmarkt geschaffene Jobs sind nachhaltiger als solche
auf dem zweiten Arbeitsmarkt. Jobs auf dem zweiten Arbeitsmarkt kosten deutlich mehr Fördergeld und enden
meistens mit Ablauf der Förderung wieder. „Betriebe müssen daher künftig unbedingt auch in die Aktion
20.000 einbezogen werden, wenn Fördergelder effektiv eingesetzt werden sollen“, fordert der WKÖ-Experte.
Konjunkturbedingter Rückgang der Arbeitslosigkeit – Allgemeine Lohnnebenkostensenkung für nachhaltigen
Aufschwung notwendig
Die Entwicklung am Arbeitsmarkt ist mit einem Rückgang der Arbeitslosigkeit inklusive der Schulungsteilnehmer
um -3,1 % erneut positiv. „Jetzt müssen die richtigen Weichen gestellt werden, um diese Entwicklung nachhaltig
zu erhalten. Der mit 1.7. startende Beschäftigungsbonus ist ein guter Anfang. Unsere Betriebe brauchen aber
weitere wirksame Unterstützung, wenn sie langfristig Beschäftigung schaffen sollen.
Der EU-Vergleich zeigt: Zur Euphorie besteht kein Grund. „Österreich liegt im EU-Vergleich nach Rumänien
an 9. Stelle. Österreich gelingt es im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedstaaten schlechter, die gute Konjunktur
für einen stärkeren Rückgang der Arbeitslosigkeit zu nutzen. Mit 375.000 Arbeitslosen haben wir
für den traditionell guten Monat Juni sehr hohe Zahlen an arbeitslosen Menschen. Der mit 20% hohe Anteil an
Langzeitarbeitslosen ist ein Hinweis auf eine strukturelle Verfestigung von Arbeitslosigkeit in Österreich.
Es braucht weitere Anstrengungen in der Beschäftigungspolitik wie eine Senkung der allgemeinen Lohnnebenkosten,
wenn Österreich im EU-weiten Ranking nicht noch weiter zurückfallen soll", analysiert Gleitsmann.
Fachkräftemangel spitzt sich immer mehr zu
Sehr positiv ist, dass die Zahl der offenen Stellen mit + 38 % nach wie vor stark steigt. Der Wermutstropfen
dabei: Vor allem Betriebe im Westen klagen, dass sie ihre offenen Stellen immer schwerer besetzen können.
Auch dem AMS gelingt es immer schwerer, Jobs zu besetzen. Während die arbeitslosen Personen im Osten sind,
brauchen die Betriebe im Westen händeringend Arbeitskräfte. Der im AMS-Verwaltungsrat erst kürzlich
beschlossene Ausbau des Kombilohns und der Entfernungsbeihilfe für Personen, die einen weiter entfernten Arbeitsplatz
antreten ist daher ein sehr guter neuer Weg, dem zunehmenden regionalen Missmatch am Arbeitsmarkt entgegenzutreten.
„Es darf nicht sein, dass Betriebe in manchen Regionen Aufträge ablehnen müssen, weil sie nicht ausreichend
Personal finden, und es auf der anderen Seite nach wie vor Rekordarbeitslosigkeit herrscht. „Eine konsequente überregionale
Vermittlung ist ein Muss, um diesen Missmatch auf dem Arbeitsmarkt zu verringern“, so Gleitsmann.
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