Berlin/Wien (oecd) - Österreichs Wirtschaft befindet sich Dank der jüngsten Steuerreformen und steigender
Exportzahlen im Aufwärtstrend. Das Vertrauen von Unternehmen und Haushalten in die eigene Wirtschaft wächst.
Bestärkt durch gute kurzfristige Wachstumsprognosen sollten österreichische Entscheidungsträger
nun Strukturreformen vorantreiben, die einerseits die fiskalische Stabilität und andererseits den sozialen
Zusammenhalt stärken. Dies geht aus dem OECD-Wirtschaftsbericht Österreich hervor, der heute vorgestellt
wurde.
Die neueste Ausgabe des Wirtschaftsberichts für Österreich diskutiert, wie das Land den derzeitigen konjunkturbedingten
Aufschwung nutzen kann, um das künftige Wachstumspotenzial zu stärken und wie es den digitalen Wandel
beschleunigen und zugleich einen noch inklusiveren Arbeitsmarkt garantieren kann.
Der Bericht, der in Wien von der Stv. Generalsekretärin der OECD Mari Kiviniemi, dem Bundesminister für
Verkehr, Innovation und Technologie Jörg Leichtfried und der Staatssekretärin für Diversität,
Öffentlichen Dienst und Digitalisierung Muna Duzdar vorgestellt wurde, zeigt, dass das Wirtschaftswachstum
in Österreich seit 2016 an Fahrt gewinnt. Die Prioritäten liegen nunmehr dabei, die ökonomischen
Grundlagen zu stärken, die unternehmerische Dynamik zu fördern und einen umfassenden Ansatz für
Chancengerechtigkeit in Zeiten technologischer Veränderungen zu entwickeln.
„Österreich befindet sich inmitten eines bemerkenswerten, wirtschaftlichen Aufschwungs, der unterstützt
von einer zeitlich gut angesetzten Steuerreform für ein hohes Maß an Wohlbefinden und einen starken
sozialen und regionalen Zusammenhalt gesorgt hat“, sagte Kiviniemi. „Diese aussichtsreiche Position eröffnet
Österreich die Chance die verbleibenden Herausforderungen anzugehen. So sind weitere Anstrengungen nötig,
um die Wirtschaft robust und inklusiv zu halten sowie die Schaffung neuer Arbeitsplätze anzuregen, den hohen
Lebensstandard zu wahren und sicherzustellen, dass alle Österreicher die Möglichkeiten der digitalen
Revolutionen nutzen können.“
Durch den demografischen Wandel wird sich der Druck auf die öffentlichen Haushalte weiter erhöhen. Daher
sollte Österreich schon jetzt Maßnahmen zur Förderung der langfristigen finanziellen Nachhaltigkeit
und des Wirtschaftswachstums ergreifen und sicherstellen, dass der Verschuldungsgrad der Staatsfinanzen weiter
abnimmt. Die Studie empfiehlt, die Wirksamkeit staatlicher Ausgaben für Bildung, Gesundheit und öffentliche
Verwaltung zu verbessern und gleichzeitig die Steuer- und Ausgabenverteilung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen
anzupassen.
Um die Wirtschaft weiter anzukurbeln, sollte die Politik in Österreich sich auf die Förderung der Produktivität
konzentrieren und dabei insbesondere Frauen beim Übergang von der Teil- in die Vollzeitbeschäftigung
unterstützen. Darüber hinaus sollte das effektive Pensionsantrittsalter für Männer und Frauen
in Österreich zügig erhöht und Steuermodelle abgeschafft werden, die Anreize gegen Vollzeitbeschäftigung
setzen bzw. die Nachfrage nach niedrigqualifizierter Beschäftigung dämpfen.
Zur Förderung der Produktivität empfiehlt der Bericht weiter, die Finanzierung von Start-Ups und kleinen
Unternehmen vor allem mithilfe von Risikokapital breiter zu fördern und steuerliche und andere Investitionshürden
abzubauen. Das Insolvenzrecht sollte überprüft und an international geltende Best-Practice-Standards
angepasst werden. Österreich sollte weiterhin die Lizenzierungsverfahren im Einzelhandel vereinheitlichen
sowie die Barrieren zum Markteintritt bei Fachdienstleistungen reduzieren.
Die Anpassung an die globale digitale Revolution verlief in Österreich langsamer als in den am meisten fortgeschrittenen
OECD-Ländern. Damit der digitale Wandel gelingt, empfiehlt der Bericht folgende Maßnahmen:
- Einrichtung eines transparenten Monitoringsystems zur Umsetzung der Digital Roadmap
Austria, mit Zeitplänen und quantitativen Zielvorgaben.
- Einbindung eines Plans zur Förderung digitaler Kompetenzen in die Roadmap.
Dieser sollte sich vor allem an die Inhaber und Manager kleiner Unternehmen richten und Vorgaben für verschiedene
informations- und kommunikationstechnische Kompetenzen etablieren.
- Förderung des Wettbewerbs sowie des Markteintritts neuer Anbieter für
Breitbanddienstleistungen im Kontext der Breitbandstrategie 2020.
- Sicherstellung einer Wettbewerbspolitik, die auf die sich wandelnden Bedrohungen
eines fairen Wettbewerbs an den digitalen Märkten reagiert. Dies sollte auch durch internationale Kooperation
erfolgen.
- Förderung eines effektiveren Datenschutzes sowie Stärkung der Cybersicherheit
und des Verbraucherschutzes. Gleichzeitig sollte dabei ein öffentliches Bewusstsein dafür geschaffen
werden, dass die Verantwortung für das Risikomanagement im digitalen Raum weiterhin teilweise auch bei den
Unternehmen und Verbrauchern liegt.
- Aufbauend auf dem bestehenden Austausch der Sozialpartner sollten Arbeitsrecht
und institutionen angepasst werden, damit die Vertretung und der Schutz von PlattformarbeiterInnen gestärkt
werden.
Dem Bericht zufolge wird der digitale Wandel den bereits bestehenden Druck an den Arbeitsmärkten und bei
der sozialen Inklusion weiter erhöhen. Bildungsstrategien, wie das lebenslange Lernen, sind für Chancengleichheit
von zentraler Bedeutung. Sie sollten daher besser an die Anforderungen immer unsteterer Arbeitsmärkte angepasst
werden und allen sozialen Gruppen, einschließlich älteren, gering-qualifizierten und zugewanderten Arbeitnehmern
zugänglich sein.
Die Vorteile der Digitalisierung sollten gerecht innerhalb und zwischen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen
und der Gesellschaft als Ganzes geteilt werden. Die Gestaltung von Tarifabkommen, Steuer- und Sozialversicherungssystem,
Wettbewerbspolitik und Zugang zu geistigem Eigentum sollten auf dieses Ziel ausgerichtet werden. Österreichs
starke Sozialpartner sollten weiter in Kooperation mit der Regierung an diesen Herausforderungen arbeiten, so der
Bericht.
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