NR-Präsidentin Bures beim beim Treffen der deutschsprachigen Parlamentspräsidentinnen
und Parlamentspräsidenten
Winterthur/Wien (pk) - "Wie wollen wir in Zukunft leben und arbeiten und wie schaffen wir es, eine
Balance zwischen wirtschaftlichen Anforderungen, sozialer Gerechtigkeit und existentiellen Bedürfnissen der
Menschen zu gewährleisten? Das sind die zentralen Fragen, denen wir uns angesichts des digitalen Wandels zu
stellen haben", umriss Nationalratspräsidentin Doris Bures anlässlich des Treffens der ParlamentspräsidentInnen
der deutschsprachigen Länder die Komplexität der Herausforderungen des Strukturwandels für Politik
und Gesellschaft. Das Treffen fand am 14. und 15.07. in Winterthur in der Schweiz statt.
Das Thema Digitalisierung und Industrie 4.0 dürfe daher nicht nur aus dem Blickwinkel der Wirtschaft gesehen,
sondern müsse in einem breiteren gesellschaftlichen Kontext eingebettet werden, so Bures. "Die Industrie
4.0 ist Realität und bringt Chancen und Risiken. Österreich kann sich davon nicht abkoppeln", sagte
die Nationalratspräsidentin. Die Entwicklung beeinflusse vor allem auch die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsumfeld
sowie das Privatleben.
Technikfolgenabschätzung im österreichischen Parlament zur aktiven Politikgestaltung
"Wir müssen die Zukunft aktiv gestalten und dürfen nicht abwarten und erdulden, was da kommt",
so Bures, die sich mit Nachdruck dafür aussprach, die Menschen in diesen Prozess eng einzubinden und mitzunehmen.
Das österreichische Parlament habe daher auch das Projekt "Foresight und Technikfolgenabschätzung"
ins Leben gerufen, betonte die Nationalratspräsidentin. Demnach werden das Institut für Technikfolgenabschätzung
(ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und das Austrian Institute of Technology (AIT) die
ParlamentarierInnen wissenschaftlich beraten und ihnen einen fundierten Überblick über aktuelle Entwicklungen
und Trends verschaffen. Das eröffnet die Möglichkeit, die Auswirkungen neuester Entwicklungen auf sämtliche
gesellschaftliche Bereiche besser einschätzen zu können.
Die Unterstützung erfolgt in Form eines regelmäßigen Monitorings und gesonderter Technikfolgenabschätzungsstudien.
Die Abgeordneten seien damit noch stärker am Puls der Zeit, die Gesetzgebung könne schneller und besser
reagieren, unterstrich die Nationalratspräsidentin.
Bures: Im Spannungsfeld des Strukturwandels sozial verträglichen Ausgleich schaffen
Die Digitalisierung verändere die Berufsbilder, stelle neue Herausforderungen an Qualifikation und Bildung
und ermögliche permanente Erreichbarkeit, Transparenz und Überwachung, aber auch mehr Flexibilität
und Wahlmöglichkeiten. In diesem breiten Spannungsfeld gelte es, einen sozial verträglichen Ausgleich
zu schaffen, sagte Bures, vor allem auch hinsichtlich des Arbeitnehmerbegriffs und der Arbeitszeiten. Auch müsse
man verhindern, dass es eine Spaltung auf dem Arbeitsmarkt und einen Ausschluss einzelner Gruppen gibt. Der Datenschutz
und die Datensicherung bleiben ebenfalls ganz oben auf der Agenda, stellte Bures fest.
Zudem sei es für die überwiegend klein- und mittelstrukturierte Wirtschaft in Österreich notwendig,
die KMUs bei der unternehmensinternen Entwicklung und Umsetzung der digitalen Strategie zu unterstützen. Digitale
Souveränität stelle einen zentralen Faktor für die Standortsicherheit und damit für den Erhalt
der Arbeitsplätze dar, betonte Bures und wies auf das Programm der Bundesregierung "KMU.digital"
hin.
Vernetzung der ParlamentspräsidentInnen der deutschsprachigen Länder, um zukunftsrelevante Themen
zu diskutieren
Das Treffen der Parlamentspräsidentinnen und Parlamentspräsidenten ist ein Netzwerktreffen, um wichtige
Zukunftsthemen zu diskutieren. Es fand heuer zum zweiten Mal statt und befasste sich mit "Chancen und Herausforderungen
des Strukturwandels und die damit verbundenen parlamentarischen Fragestellungen". Initiiert wurde es im Vorjahr
vom Präsidenten des Deutschen Bundestags Norbert Lammert. Diesmal nehmen neben Doris Bures und Norbert Lammert
der Präsident des Schweizer Nationalrats, Jürg Stahl, der Präsident des Parlaments der deutschsprachigen
Gemeinschaft Belgiens, Alexander Miesen, der Präsident des Landtags des Fürstentums Liechtenstein, Albert
Frick, und der Präsident der Abgeordnetenkammer des Großherzogtums Luxemburg, Mars Di Bartolomeo, teil.
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